Wenn Comics Kunstgeschichte schreiben
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Während Erwachsene inzwischen schamfrei Comics lesen können – zumindest solange sie Graphic Novels heißen –, hat die Kunstgeschichte das Medium Comic stets ignoriert. Bis jetzt.
Kleine Bildchen, bunte Farben, Wörter in Sprechblasen – das ist doch Kinderkram und keine Kunst! So oder so ähnlich schaute die Wissenschaft der Kunstgeschichte bisher auf Comics und Graphic Novels. Doch während die Kollegen einen großen Bogen um die Bildergeschichten machen, hält der Professor Henry Keazor an der Universität Heidelberg nun ein ganzes Seminar über sie ab.
Über Kunstgeschichte reflektieren
"Die Kunstgeschichte ist eine langsame und konservative Disziplin, was ihre Methoden angeht", erklärt Keazor die bisherige Abneigung seiner Zunft gegenüber Comics. Dabei könne die Kunstwissenschaft einiges gewinnen, wenn sie sich mit Comics beschäftige. Insbesondere mit solchen, die Biographien großer Künstler zum Thema machten.
"Comics bieten die Möglichkeit, alternative Lebensberichte zu liefern und über Kunstgeschichte zu reflektieren", so der Professor. Das führe zu "interessanten Überlegungen im Hinblick darauf, wie wir eigentlich Kunstgeschichte schreiben und was Eingang findet."
Ein Genre im Aufwind
Von den 1960er-Jahren, in denen bereits ein Comic über das Leben des Architekten Le Corbusier erschien, bis heute habe sich vieles verändert, so Henry Keazor. Der Professor ist sich sicher: Das Genre der Künstlerbiographie als Comic befindet sich im Aufwind. "Man hat eine ganze Bandbreite an Stilen: Von unglaublich naturalistisch bis total abbrevierten, fast schon abstrakten Comics." Und Keazor versichert: "Da wird noch mehr kommen, auf das wir uns freuen können."
(rod)