Auf der Suche nach der biografischen Wahrheit
Jüdisch, kriegsbegeistert, im Exil - Siegfried Kracauer und Alfred Kerr haben einige Gemeinsamkeiten. Nun erschienen fast zeitgleich erste große Biografien über den Filmsoziologen und den Theaterkritiker. Doch wie wird man einem vergangenen Leben gerecht?
Beide wurden sie in jüdischen Familien geboren, beide ließen sich 1914 von der Kriegsbegeisterung anstecken, beide schrieben für die bis heute legendäre "Frankfurter Zeitung". Und beide verließen Anfang 1933 Nazideutschland. Das Leben von Siegfried Kracauer und das von Alfred Kerr wurden nun zum ersten Mal Thema großer Biografien: Deborah Vietor-Engländer schildert, wie Alfred Kerr zum bedeutendsten Theaterkritiker Deutschlands wurde. Jörg Später spürt dem facettenreichen Leben Siegfried Kracauers nach, der auch Architekt, Filmschriftsteller und ein Pionier der Soziologie war.
Wie immer geht es in unserer Reihe auch um die literarischen Strategien des Sachbuchschreibens: Wie spiegeln Lebensläufe die Zeitgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts? Wie wird man einem vergangenen Leben gerecht? Und wie findet man eigentlich die biografische Wahrheit?