Biografisches Schreiben

Nie ohne mein Tagebuch!

Der Schriftsteller Martin Walser im Oktober 2013 auf der Frankfurter Buchmesse
Keine Reise ohne Tagebuch: der Schriftsteller Martin Walser © picture alliance / Markus C. Hurek
Moderation: Jörg Magenau |
Seit mehr als 60 Jahren ist der Schriftsteller Martin Walser ein passionierter Tagebuchschreiber. Das Tagebuch ist nicht nur der Ort, an dem er "mitschreibt", was ihm widerfährt oder an dem er von Reisen berichtet, es ist auch der Umschlagpunkt von Leben in Literatur und seine "Schreibwiese."
Er sei kein Tagebuchschreiber wie Thomas Mann, "der aufschreibt, was er für ein Magenmittel genommen hat, um heute Nacht kein Sodbrennen zu bekommen", sagt Walser.
"Ich reagiere schreibend nur, wenn mich etwas provoziert."
Dennoch sei für ihn eine Reise ohne Tagebuch "unvorstellbar", so der Schriftsteller.
"Da würde ich wieder aussteigen aus dem Zug und das Tagebuch holen."
Der heute erscheinende Band umspannt die Jahre 1979 bis 1981 und damit auch den Bruch mit dem Philosophen Jürgen Habermas. Mit diesem kam es zum Zerwürfnis aufgrund von Walsers Beitrag "Händedruck mit Gespenstern" für den von Habermas herausgegebenen Band "Zur geistigen Situation der Zeit": Darin habe er über Meinungen geschrieben und festgestellt, dass ob links oder rechts "jede Meinung immer das weglässt, was gegen sie sprechen sie könnte", sagte Walser. Deshalb sei "unser Kult mit Meinungsfreiheit" ein bisschen komisch, weil das alles "Dressierte, entweder links oder rechts oder katholisch" seien.
"Daraus habe ich entwickelt: die richtige Schreibart wäre, wenn du auch dazu schreibst, was gegen dich spricht. Dann erst wäre es für mich selber glaubhaft. Und weil ich das natürlich da auch gegen Linke geschrieben habe, hat Habermas gesagt: ein nationalistischer Aufsatz!"

Literaturhinweis:
Martin Walser: Schreiben und Leben - Tagebücher 1979-1981
Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2014
704 Seiten, 26,95 Euro

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