Ingenieurin Anne Lamp

„Ist kein Plastik, fühlt sich aber so an“

35:42 Minuten
Anne Lamp steht in einem Labor und hält ein Gefäß mit einer gelben, schlierigen Substanz in die Kamera.
Anne Lamp und ihr Bio-Kunststoff, aus dem sich eine Plastik-Alternative produzieren lässt. Diese soll auch biologisch rasch abbaubar sein, verspricht sie. © picture alliance / dpa / Philipp Schulze
Moderation: Britta Bürger |
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Anne Lamp will den Verpackungsmarkt revolutionieren. Die Ingenieurin hat einen Bio-Kunststoff entwickelt, der komplett aus Abfallstoffen der Lebensmittelindustrie hergestellt wird. Nun soll er in großem Maßstab produziert werden.
„Plastik an sich ist nichts Schlimmes“, sagt Anne Lamp. „Nur haben wir es die letzten Jahre etwas übertrieben.“ Heute würden Kunststoffe an vielen Stellen eingesetzt, an denen auch umweltverträglichere Stoffe verwendet werden könnten. Außerdem landeten „40 Prozent aller Kunststoffe“ mittlerweile in der Umwelt.
Mit ihrem Unternehmen „traceless“, das sie vor zwei Jahren zusammen mit Johanna Baare gegründet hat, will die 31-Jährige ihren Teil dazu beitragen, das zu ändern. „Wir müssen Produkte so entwickeln, dass sie hundert Prozent kreislauffähig sind.“

Biokunststoff aus Abfallprodukten

Die promovierte Ingenieurin hat ein Verfahren mitentwickelt, das biologische Abfallprodukte aus der Lebensmittelindustrie in ein Kunststoffgranulat umwandelt, das wiederum in vielfältiger Weise weiterverarbeitet werden kann - vom Blumentopf bis zur Versandtasche. Die Leitfrage dabei: „Wie kann man Reststoffe nutzen, um Wertstoffe zu generieren?“ Mittlerweile arbeitet das Unternehmen mit einer Vielzahl von Konzernen zusammen.

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Für eine Colaflasche, die lange halten soll und noch dazu Wasser und Säure enthält, sei das Produkt zwar nicht das Richtige. Aber es gebe „genug Anwendungsfälle“, in denen das neue Material zum Einsatz kommen könne. „Es ist kein Plastik, fühlt sich aber so an.“

Aufschwung für plastikfreie Produkte

Bedarf gibt es reichlich. Denn auch wenn schon lange ökologisch abbaubares Bio-Plastik erhältlich ist, bauen sich diese künstlichen Polymere nur sehr langsam ab. Bei ihrem Bio-Kunststoff dagegen, der etwa aus Abfallprodukten der Bierproduktion hergestellt werde, sei das anders: „Die Mikroorganismen kennen das und können es zersetzen.“
Nachdem es lange wenig Nachfrage nach plastikfreien Produkten gab, habe sich das auch durch die Klimabewegung verändert. „Das hohe Potential“ an ihrem Granulat sei aber auch, dass es wettbewerbsfähig sei, wenn es im großen Maßstab produziert werde.

Lösungen lieber gestern als morgen

Nach einer Pilotanlage ist nun eine Großanlage in Norddeutschland in Planung, die mehrere tausend Tonnen des Bio-Granulats produzieren soll. Da Förderprogramme zu lange dauerten, setzen die Gründerinnen dabei auf Investor*innen, „weil wir schnell sein müssen“. Die Lage sei so, dass man „lieber gestern als morgen“ handeln müsse.
Ihre Rolle im Startup musste Anne Lamp suchen, doch „jetzt habe ich sie gefunden“. Als Wissenschaftlerin sei sie zwar „total perfektionistisch“, aber „so wird man nie etwas umsetzen können“. Sie und Johanna Baare seien bei „traceless“ auch nicht nur die Gründerinnen, „wir sind auch die Rechtsabteilung, die IT-Abteilung, die Personalabteilung“.

„Wir müssen alle mitmachen“

Die Risikobereitschaft bringt die Hamburgerin mit. Ein Unternehmen zu gründen „muss man sich trauen“, „dazu muss man überzeugt davon sein“. Durch erste Erfahrungen in großen Konzernen während ihres Studiums sei ihr „bewusst geworden, dass ich einen Sinn brauche“. Ihr Startup sei deshalb auch ein „Impact-Unternehmen“: „Alles was wir tun, soll einen positiven Einfluss auf die Umwelt haben.“
Von der Idee, dass Produkte „kreislauffähig“ sein können und müssen, ist Anne Lamp überzeugt. Mit ihrem Unternehmen stellt sie das auch praktisch unter Beweis. „Wir brauchen Lösungen und wir müssen alle mitmachen.“
(era)
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