"Bienen bauen Brücken"
Bienen sind faszinierende Insekten - und der emeritierte Forscher Jürgen Tautz ein faszinierender Gesprächspartner, der mit einer Vielzahl verblüffender Informationen aufwarten kann. Bei "Im Gespräch" erklärt er uns die Wunderwelt der Bienen.
Wussten Sie, dass Bienen bis vier zählen können? Dass ein Bienenstock ein – fast – reiner Frauenstaat ist und Bienensex meist tödlich endet, jedenfalls für die Drohnen? Mit diesen Informationen überrascht Jürgen Tautz seine Zuhörer gern. Der emeritierte Professor vom Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg ist einer der bekanntesten Bienenexperten Deutschlands. Besonders faszinieren ihn zum Beispiel die kommunikativen Fähigkeiten der Bienen.
"Es ist sogar noch viel vorbildhafter als in den Kommunikationswegen in menschlich geschaffenen Strukturen Organisationen, es werden nicht nur Informationen ausgetauscht sondern es werden gemeinsam Entscheidungen gefällt, es herrscht in einem Bienenvolk eine sehr flache Hierarchie."
Vielleicht ist das auch nicht verwunderlich, denn die vermeintlich höchste Autorität im Bienenstock, die Königin, ist in erster Linie damit beschäftigt, den Nachwuchs zu sicher zu stellen.
"Die hat den ganzen Tag eigentlich nur die Aufgabe, Tag und Nacht Nachkommen in die Welt zu setzen, die ist die Legemaschine im Bienenvolk. Im Sommer wenn das Bienenvolk richtig am Anwachsen ist bekommt die Königin täglich etwa 2000 Kinder."
Auch wenn Tautz den Begriff "Legemaschine" in den Mund nimmt, so beschreibt er die Interaktion zwischen der Königin und den männlichen Drohnen doch als "Sex".
"Ein Erfolgsmodell der Natur"
"Die Bienenvölker vermehren sich enorm, primitiv wie es die ersten Lebewesen es auch taten, durch Teilung, der Zweiteilung. Aber um diese Vielfalt, diese genetische Buntheit zu erreichen, ist es notwendig, dass Königinnen doch Sex haben, in dem sie von den Drohnen begattet werden. Es ist für die Drohen, die zum Zuge kommen, eine genetisch außerordentlich erfolgreiche Geschichte, sie geben ihre Gene weiter, aber sie explodieren dabei regelrecht. Sie katapultieren ihre Spermien, die in einem sehr raffinierten Mechanismus weitergegeben werden, hinein in die Königin und dabei sterben sie. Also man kann, wenn man nah genug dabei ist, das Ganze spielt sich im Fluge ab, kann man sogar ein leichtes Knacken zu hören bekommen, wenn diese Drohne dann seinen glücklichsten, aber auch letzten Moment erlebt."
Mit diesen Informationen überrascht Jürgen Tautz seine Zuhörer gern. Der emeritierte Professor vom Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg ist einer der bekanntesten Bienenexperten Deutschlands. Seit mehr als 20 Jahren erkundet er ihre Geheimnisse, stattet sie mit Mikrochips, Markierungen und Kameras aus. Er verkabelt Bienenstöcke und lässt sie rund um die Uhr filmen und messen – und stellt die Ergebnisse in dem interdisziplinären Projekt HOBOS (HOneyBee Online Studies) im Internet zur Verfügung.
"Wir haben in einem nah gelegenen Kloster ein Projekt laufen in dem wir geistig behinderte Mitmenschen zu Imkern ausbilden, Bienenhirten nennt sich diese Gruppe selbst, die dann so fit werden, dass sie selbst dann auch wieder an Kindergartenkinder Ihr Wissen weitergeben können. Bienen bringen eben auch sehr verschiedene Menschengruppen zusammen. Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht. Wir geben Bienenvölker und ein bisschen Informationen dazu in Alten-Wohnheime, in denen Schulklassenkinder mit den älteren Herrschaften an dem Bienenstock zusammenkommen, gemeinsam Beobachtungen machen, gemeinsame Fragen bearbeiten. Bienen bauen Brücken."
Für den begeisterten Zoologen sind Bienen "ein Erfolgsmodell der Natur", schließlich gibt es sie seit mehr als 30 Millionen Jahren. Ohne sie, so seine Überzeugung, wären wir Menschen nie sesshaft geworden.