"Das ist sehr gezähmte Natur"
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Zuchtpflanzen und Exoten, alles in Reih und Glied: Muss eine solche Bundesgartenschau wirklich sein? Der Biologe Markus Strauß plädiert zur Eröffnung der Buga 2019 in Heilbronn für mehr Naturnähe und den Mut zur kontrollierten Verwilderung.
430.000 Frühlings- und Sommerblüher, 100.000 Stauden, 8000 Rosen, 964 Bäume – das erwartet die Besucher der diesjährigen Bundesgartenschau in Heilbronn.
Der Biologe Markus Strauß von der Hochschule Nürtingen-Geislingen hält vom Konzept der Bundesgartenschauen nicht allzu viel. Zwar freue er sich grundsätzlich über jeden Baum, der im städtischen Raum gepflanzt werde, sagt er. "Aber es ist natürlich schon so, wie das heute stattfindet, eine sehr anthropozentrische Art und Weise, wie wir da herangehen. Also, das ist sehr gezähmte Natur, oft sehr formal gestaltet, alles in Reihe, oft beschnitten, es sind oft Zuchtformen."
Der Natur eine gewisse Dynamik erlauben
Stattdessen plädiert Strauß für "kontrollierte Verwilderung". Müsste er eine Bundesgartenschau konzipieren, wäre diese wesentlich naturnäher: "Ich würde es so gestalten, dass ich Kräuter, Stauden, Sträucher und Bäume ansiedeln würde, aber dann eben der Natur übergeben würde und auch eine gewisse Dynamik erlauben würde."
Alles, was dort gepflanzt würde, wäre essbar und könnte von den Menschen auch genutzt werden. "Es lässt sich auch ein formal gestalteter Schlosspark oder ein formal gestalteter Park mit essbaren Wildpflanzen komplett umsetzen", betont der Experte für essbare Wildpflanzen. "Also, wenn ich jetzt zum Beispiel an eine Kornelkirsche oder eine Felsenbirne denke, die bieten einen sehr hohen Zierwert, also, auch für das ästhetische Auge ist da gesorgt."
Auf den ersten Blick hätte ein solches Projekt die Anmutung von einem "englischen Landschaftspark", sagt Strauß. "Man könnte sich darin wunderbar erholen und lustwandeln, und da wäre der Unterschied gar nicht so groß. Auf den zweiten Blick würde man natürlich schon merken, dass es ein bisschen wilder zugeht und dass alles nicht so streng ist, dass da auch mal was stehen darf."
Nicht gegen die Natur, sondern mit ihr arbeiten
Dass so etwas möglich ist, zeigt etwa der Essbare-Wildpflanzen-Park, den Strauß in Kemnath-Waldeck in der Oberpfalz gestaltet hat. "Der wurde in die dort bestehende Landschaft integriert, die durch unsere industrialisierte Landwirtschaft ausgeräumte Natur wurde wieder angereichert mit Gestaltungselementen." Zum Beispiel Alleen, Feldhecken oder Streuobstwiesen.
"Es ist einfach eine Bereicherung der Landschaft, und man muss da mit Feingefühl vorgehen, weil man nicht gegen die Natur arbeiten sollte", so Strauß. "Sondern wir sollten generell die vorhandenen Dynamiken in der Natur am jeweiligen Ort nutzen und mit der Natur gestalten und nicht immer, wie jetzt im künstlichen System der Landwirtschaft oder eben auch so einer künstlichen Buga, eher gegen die Kräfte der Natur."
(uko)