Biomineralwasser
Das Mineralwasser hat Konkurrenz bekommen. Denn neuerdings gibt es Bio-Mineralwasser. Was es mit dem wundersamen Getränk auf sich hat, berichtet unser Lebensmittelchemiker Udo Pollmer.
Die Bioverbände sprechen von einem wegweisenden Schritt: Ein neues Qualitätssiegel für Bio-Mineralwasser soll den Kunden höchste Wasserqualität und Sicherheit bieten. Ein wenig komisch klingt das schon, galt doch bisher Mineralwasser als das sauberste aller Getränke. Es muss, so will es der Gesetzgeber, aus einem unterirdischen Wasservorkommen gewonnen sein, das vor Verunreinigungen durch menschliches Tun geschützt ist. Ist Biosprudel etwa noch schadstofffreier als Sprudel? Oder ist er bio, weil er schonender aufbereitet wurde, oder weil ihm nur natürliche und keine chemische Kohlensäure zugesetzt wurde?
Werfen wir einfach einen Blick in die Richtlinien des Vereins für Bio-Mineralwasser: Da müssen beispielweise die Gehalte an Arsen und Mangan sowie der radioaktiven Elemente Radium und Uran so niedrig liegen, dass das Mineralwasser sogar von Kleinkindern konsumiert werden darf. Klingt gut, gell. Doch etwas später lese ich: "Die Entfernung von Mangan, Arsen, Radium, Uran und andere erfolgt mit für Mineralwasser zugelassenen Verfahren". Aha, also das Wasser ist nicht weniger "belastet" sondern nur stärker aufbereitet.
Wie steht's um die Hygiene? Da findet sich als wichtigster Unterschied, dass Staphylococcus aureus, ein Eitererreger, in einem viertel Liter Bio-Mineralwasser nicht nachweisbar sein darf. Ehrlich gesagt, dieser Keim sollte auch in einer 0,7-Liter-Flasche nicht vorkommen. Oder wollte man einfach nur sicherstellen, dass kein Ökofreak die Kanalisation des nächsten Krankenhauses anbohrt und daraus sein Ökowasser fördert? Dunkel ist des Treibens Sinn.
Nun zur Gretchenfrage: Wie hält es das Bio-Mineralwasser mit der Kohlensäure? Die Verbrauchererwartung ist glasklar: Für Biosprudel kommt nur natürliche Kohlensäure infrage und nix aus der Chemieanlage. So stehts zunächst auch in den Bio-Richtlinien. Doch wir haben uns zu früh gefreut: Denn diese Regel ist nur eine "Kann"-Bestimmung. Im Klartext: Bio-Sprudel darf auch mit Industriekohlensäure, die bei chemischen Pro¬zessen anfällt, vor sich hinperlen. Das stößt ziemlich sauer auf.
Wer zur Industriekohlensäure greift, der muss dieses Manko allerdings durch eine andere Maßnahme ausgleichen. Dabei kann sich der Hersteller zu einem Verbot elektrischer "Strahlungsquellen … in unmittelbarer Nähe des Mineralwasserweges" durchringen, ja, so steht das wörtlich da drin. Typische Strahlungsquellen sind laut Richtlinien Stromleitungen und Mobilfunk. Ich rätsele immer noch, ob deren Abfüllanlagen etwa mit Batterien betrieben werden? Auf der Fahrt zum Großhändler allerdings braucht der Mineralwasser-Truck keine Ausweichrouten wegen der Handymasten fahren.
Stolze 48 Regeln hat der Bio-Wasser-Verband zusammengefegt, die die besondere Qualität von Biosprudel begründen sollen. Besonders neckisch ist der Wunsch, dass das Wasser nicht von "muffigem oder abgestandenem Charakter sein" soll. Wir wollen es hoffen. Auch das soziale Engagement darf nicht fehlen. Die Zahl der Arbeitsplätze für Ausländer, Behinderte und ältere Arbeitnehmer muss zusammengerechnet mindestens fünf Prozent ergeben. Fünf Prozent? Da dürfte die Quote bei konventionellen Betrieben deutlich höher liegen. Die Beschäftigung von Auszubildenden ist übrigens in Biowasser-Betrieben nicht erforderlich.
Gibt’s denn da gar nichts Vernünftiges dazwischen? Doch. Zwei der 48 Regeln sind ganz okay. Die eine beschränkt den Gehalt an Nitrat auf 5 Milligramm pro Liter und die andere verspricht, dass die Betriebshygiene einmal im Jahr überprüft wird und das Ergebnis auch veröffentlicht wird. Eine erfrischende Idee.
Wiederholt orientieren sich die Bio-Mineralwasser-Weisen an den gesetzlichen Anforderungen ans Trinkwasser, die in der Tat teilweise strenger sind als die für Mineralwasser. Daraus ergibt sich zwanglos ein wasserklarer Verbrauchertipp: Wer sauberes Wasser will, dessen Produktion und Vertrieb noch dazu umweltfreundlich ist, der ist mit Leitungswasser meistenteils bestens bedient. Da es unterirdisch per Rohrleitung zum Kunden gelangt, enthält es keine potentiellen Rückstände aus irgendwelchen Flaschen, belastet nicht die Umwelt mit Autoabgasen - und da unten in der Erde, da gibt’s auch keine Handystrahlen. Mahlzeit!
Literatur:
Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser e.V: Kriterienkatalog Biomineralwasser
Informationsstelle Biomineralwasser, München: Bioverbände unterstützen Bio-Mineralwasser.
Verordnung über natürliches Mineralwasser, Quellwasser und Tafelwasser. BGBl I S.1036 i.d. Aktuellen Fassung.
Werfen wir einfach einen Blick in die Richtlinien des Vereins für Bio-Mineralwasser: Da müssen beispielweise die Gehalte an Arsen und Mangan sowie der radioaktiven Elemente Radium und Uran so niedrig liegen, dass das Mineralwasser sogar von Kleinkindern konsumiert werden darf. Klingt gut, gell. Doch etwas später lese ich: "Die Entfernung von Mangan, Arsen, Radium, Uran und andere erfolgt mit für Mineralwasser zugelassenen Verfahren". Aha, also das Wasser ist nicht weniger "belastet" sondern nur stärker aufbereitet.
Wie steht's um die Hygiene? Da findet sich als wichtigster Unterschied, dass Staphylococcus aureus, ein Eitererreger, in einem viertel Liter Bio-Mineralwasser nicht nachweisbar sein darf. Ehrlich gesagt, dieser Keim sollte auch in einer 0,7-Liter-Flasche nicht vorkommen. Oder wollte man einfach nur sicherstellen, dass kein Ökofreak die Kanalisation des nächsten Krankenhauses anbohrt und daraus sein Ökowasser fördert? Dunkel ist des Treibens Sinn.
Nun zur Gretchenfrage: Wie hält es das Bio-Mineralwasser mit der Kohlensäure? Die Verbrauchererwartung ist glasklar: Für Biosprudel kommt nur natürliche Kohlensäure infrage und nix aus der Chemieanlage. So stehts zunächst auch in den Bio-Richtlinien. Doch wir haben uns zu früh gefreut: Denn diese Regel ist nur eine "Kann"-Bestimmung. Im Klartext: Bio-Sprudel darf auch mit Industriekohlensäure, die bei chemischen Pro¬zessen anfällt, vor sich hinperlen. Das stößt ziemlich sauer auf.
Wer zur Industriekohlensäure greift, der muss dieses Manko allerdings durch eine andere Maßnahme ausgleichen. Dabei kann sich der Hersteller zu einem Verbot elektrischer "Strahlungsquellen … in unmittelbarer Nähe des Mineralwasserweges" durchringen, ja, so steht das wörtlich da drin. Typische Strahlungsquellen sind laut Richtlinien Stromleitungen und Mobilfunk. Ich rätsele immer noch, ob deren Abfüllanlagen etwa mit Batterien betrieben werden? Auf der Fahrt zum Großhändler allerdings braucht der Mineralwasser-Truck keine Ausweichrouten wegen der Handymasten fahren.
Stolze 48 Regeln hat der Bio-Wasser-Verband zusammengefegt, die die besondere Qualität von Biosprudel begründen sollen. Besonders neckisch ist der Wunsch, dass das Wasser nicht von "muffigem oder abgestandenem Charakter sein" soll. Wir wollen es hoffen. Auch das soziale Engagement darf nicht fehlen. Die Zahl der Arbeitsplätze für Ausländer, Behinderte und ältere Arbeitnehmer muss zusammengerechnet mindestens fünf Prozent ergeben. Fünf Prozent? Da dürfte die Quote bei konventionellen Betrieben deutlich höher liegen. Die Beschäftigung von Auszubildenden ist übrigens in Biowasser-Betrieben nicht erforderlich.
Gibt’s denn da gar nichts Vernünftiges dazwischen? Doch. Zwei der 48 Regeln sind ganz okay. Die eine beschränkt den Gehalt an Nitrat auf 5 Milligramm pro Liter und die andere verspricht, dass die Betriebshygiene einmal im Jahr überprüft wird und das Ergebnis auch veröffentlicht wird. Eine erfrischende Idee.
Wiederholt orientieren sich die Bio-Mineralwasser-Weisen an den gesetzlichen Anforderungen ans Trinkwasser, die in der Tat teilweise strenger sind als die für Mineralwasser. Daraus ergibt sich zwanglos ein wasserklarer Verbrauchertipp: Wer sauberes Wasser will, dessen Produktion und Vertrieb noch dazu umweltfreundlich ist, der ist mit Leitungswasser meistenteils bestens bedient. Da es unterirdisch per Rohrleitung zum Kunden gelangt, enthält es keine potentiellen Rückstände aus irgendwelchen Flaschen, belastet nicht die Umwelt mit Autoabgasen - und da unten in der Erde, da gibt’s auch keine Handystrahlen. Mahlzeit!
Literatur:
Qualitätsgemeinschaft Biomineralwasser e.V: Kriterienkatalog Biomineralwasser
Informationsstelle Biomineralwasser, München: Bioverbände unterstützen Bio-Mineralwasser.
Verordnung über natürliches Mineralwasser, Quellwasser und Tafelwasser. BGBl I S.1036 i.d. Aktuellen Fassung.