Bioökonomische Landwirtschaft
Pommes können auch in Hefeöl frittiert werden. © picture alliance / CHROMORANGE
Knusprige Pommes dank altem Brot
09:13 Minuten
Palmöl ist verpöhnt, Rapsöl ist rar. Abhilfe könnte Hefeöl schaffen, das aus altem Brot gewonnen wird. Wie das geht, erklärt die Agrarwissenschaftlerin Regina Birner. Außerdem zeigt sie, welche Probleme nachhaltige Bioökonomie lösen könnte.
Kurze Transportwege, ressourcenschonende Nutzung und ökologische Anbaubedingungen: Das sind nur einige der Themen von Agrarwissenschaftler:innen, die sich mit nachhaltiger Bioökonomie beschäftigen. Regina Birner ist eine von ihnen. Die Professorin für "sozialen und institutionellen Wandel in der landwirtschaftlichen Entwicklung" an der Universität Hohenheim berät unter anderem die Bundesregierung.
Birner ist davon überzeugt, dass man künftig ganz auf fossile Energiequellen in der Landwirtschaft verzichten kann: "Wenn es um Biokraftstoffe geht, muss man darauf achten, den Konflikt zwischen der Landnutzung für die Energiegewinnung und der Landnutzung für die Nahrungsgewinnung so gering wie möglich zu halten", betont sie. Elektromobilität sei dabei nicht die einzige Lösung, auch Wasserstoffantriebe hätten Potenzial.
Hefeöl statt Palmöl
Der Ersatz von fossilen durch nachhaltige Brennstoffe ist längst nicht der einzige Schwerpunkt ihres Fachgebiets. "Bei der Bioökonomie geht es auch um die Nutzung von biologischen Innovationen in unserem Wirtschaftssystem", sagt Birner.
So kann man beispielsweise inzwischen altes Brot mithilfe von speziellen Bakterien und Enzymen in eine Art Öl umwandeln. Das gewonnene Hefeöl kann wie gewöhnliche tierische oder pflanzliche Fette in Bäckereien oder der Gastronomie beim Backen und Frittieren zum Einsatz kommen: "Der Vorteil ist, dass keine landwirtschaftliche Nutzfläche gebraucht und auch kein Regenwald, wie etwa beim Palmöl, gerodet wird."
Ein Rohstoff, viele Anwendungsmöglichkeiten
Darüber hinaus forscht die Agrarwissenschaftlerin zu Methoden, wie landwirtschaftlich erzeugte Produkte möglichst allumfassend genutzt werden können. Als Beispiel nennt sie den Weinanbau, bei dem nicht nur die Trauben zu Saft oder Wein gepresst werden können. Aus den Kernen kann Öl gewonnen, aus dem Trester Aromen oder Farbstoffe hergestellt werden. Die Reste landen anschließend in einer Biogasanlage. Hier komme es zu Einspareffekten, weil die aus den Reststoffen hergestellten Produkte nicht aus anderen Verfahren gewonnen werden müssten, sagt Birner.
Die Expertin plädiert grundsätzlich für mehr regionalen Anbau, sieht Potenzial aber auch an anderer Stelle. "Das Problem ist, das in den Ländern Afrikas die Produktivität sehr niedrig ist", betont sie. So ernteten die dortigen Bäuer:innen nur etwa eine Tonne Getreide pro Hektar, obwohl bei besserer landwirtschaftlicher Praxis die drei- bis vierfache Menge möglich wäre. "Damit wäre viel erreicht für Ernährungssicherung und Armutsbekämpfung."
Von der Erkenntnis zur Praxis
Inwieweit ihre aus der Forschung stammenden Erkenntnisse auch in der Praxis umgesetzt werden, ist immer abhängig von der Politik. "Es dauert manchmal zehn bis fünfzehn Jahre, bis eine Empfehlung auch umgesetzt wird", sagt Birner mit Blick auf die seit langem geforderte Reduzierung des Fleischkonsums in Deutschland. Dafür müssten Steuersätze erhöht werden.
Doch sie weiß: "Jede Politik, die das versucht, ist mit erheblichen Widerständen konfrontiert." Dabei wäre es nicht nur für das Klima von Vorteil, weniger Fleisch zu konsumieren: Es würde auch die Nahrungskonkurrenz verringern.
(lsc)