Bioweinbauland Nummer eins

Von Ludger Fittkau |
Das Land an Rhein und Mosel ist inzwischen das größte deutsche Bioweinbauland - auch weil Quereinsteiger aus anderen Berufen sich für den Weinbau interessieren und brachliegende oder konventionell bewirtschaftete Flächen übernehmen.
"Ein schöner Moment war mein allererster Sekt. Meine erste Beerenauslese, das ist alles noch nicht so lange her. Und wenn dann Kunden anrufen und sagen: Mensch, das schmeckt aber besonders lecker, das ist auch ein toller Moment."

Martin Sturm ist ein frischgebackener Biowinzer. Der ehemalige Wirtschaftsjournalist hat noch mit Mitte 30 eine Ausbildung zum Weinbauern gemacht und sich nun einen Lebenstraum erfüllt. Seit drei Jahren ist er Bioweinbauer in den Steillagen am Rheinkilometer 614 – im Weinort Leutesdorf am Mittelrhein. Für Martin Sturm ist das immer noch ein großes Abenteuer. Vor allem vor dem Wettereinfluss hat er großen Respekt, sagt er:

"Man muss sehen, dass dies sehr mühsam ist. Wir haben hier in Deutschland nicht dasselbe Wetter wie in Südfrankreich oder in Italien, wo wir im Sommer kaum Regen haben und dann auch nicht die Probleme mit den Pilzkrankheiten."

Doch gerade der Bioweinbau hat in den letzten Jahren eine Antwort auf den feuchtigkeitsbedingten Pilzbefall des Weines gefunden – ohne Chemikalieneinsatz. Mit neuen, pilzresistenten Sorten nämlich, so Ulrike Höfken. Die grüne Politikerin ist Weinbauministerin in Rheinland-Pfalz, dem Bundesland mit den größten Rebflächen:

"Einige haben es jetzt doch schon ins Bewusstsein geschafft, zum Beispiel der Regent, zum Beispiel Cabernet Blanc. Wir entdecken immer neue Möglichkeiten in der Züchtung und da ist es ein wichtiges Anliegen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher sich auch für diese Weine interessieren, die auch schon eine tolle Qualität erreichen."

Martin Sturm erzählt, wie er vor drei Jahren nach Leutesdorf kam, um dort Weinberge für seinen neuen Bioweinbetrieb zu finden. Bis dahin wurden hier am Mittelrhein die steilen Weinlagen konventionell bewirtschaftet:

"Bis ich dann im Jahr 2010 hier aufgetaucht bin. Und habe vorher Gespräche geführt, wo kommen die Flächen her, wer hat was frei. Einer der hier vorher Weinbau betrieben hat, hat aufgehört. Aber ich habe auch aus anderen Betrieben genügend Flächen bekommen."

Vor allem die Steillagen an Rhein und Mosel sind schwer zu bearbeiten, viele Weinberge liegen deshalb seit Langem brach. Engagierte Quereinsteiger wie Martin Sturm sind deshalb eine große Chance für den Steillagen-Weinbau. Das grüne Weinbau-Ministerium in Mainz sowie die EU in Brüssel fördern deshalb die Umstellung auf Bioweinbau mit weniger Chemieeinsatz aus mehreren Töpfen. Ministerin Ulrike Höfken:

"Und auch die Beratung. Das ist sogar weltweit einzigartig. Zum ersten Mal stellt eine Lehr- und Versuchsanstalt, die in Bad Kreuznach, ihre Rebflächen vollständig auf ökologischen Weinbau um. Das heißt, es gibt hier ein großes Angebot an Unterstützung. Und von daher diese enorme Entwicklung von 2010 bis 2012. In nur zwei Jahren hat es eine Zunahme von 23 Prozent bei den Flächen gegeben und man sieht, dass das einen Anreiz hat."

"Winzer für ein Jahr"

Der junge Bioweinbauer Martin Sturm setzt aber auch selber Anreize – in Richtung seiner Kunden nämlich. Als Neu-Winzer muss er sich erst einmal einen Kundenstamm aufbauen. Ein Kurs hilft ihm dabei, den er gemeinsam mit der Volkshochschule der Nachbarstadt Neuwied in seinen Weinbergen durchführt. Der Kurs heißt "Winzer für ein Jahr":

"Die Idee war bei dem Kurs, einige wenige, aber dafür intensiv, mal ein Jahr an den Betrieb zu binden und denen auch diese Arbeiten zu zeigen. Alle Arbeiten haben diese Leute gemacht, das sind Privatpersonen, die das in ihrer Freizeit machen und die sich, wie ich damals auch, als ich vor del Plan stand, diese Lehre noch zu machen, sich intensiver beschäftigen wollen damit. Es hat funktioniert, dass die mir hier treu sind als Stammkunden, aber die mir auch helfen, beim Hoffest waren einige dabei. Das ist menschlich sehr angenehm."

Angenehm bleiben müssen auch die Preise für eine Flasche Wein, das weiß der Bioweinbauer Martin Sturm. Doch wegen der vielen Handarbeit haben die Steillagenweine – ob bio oder nicht – ihren Preis. So um die zehn Euro muss schon in der Kasse des Winzers klingeln – sonst lohnt sich die mühselige Arbeit nicht.