Birgit Marschall berichtete zehn Jahre lang für die "Financial Times Deutschland" aus Berlin. Zuvor arbeitete die Diplom-Volkswirtin für die "Berliner Zeitung", die "Wirtschaftswoche" und die "Berliner Morgenpost". Seit Anfang 2010 verstärkt sie das Berliner Büro der "Rheinischen Post". Sie ist dort vor allem für Wirtschafts- und Finanzpolitik zuständig.
"Ende Gelände" für den Sozialstaat
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Erleichterung bei vielen pflegenden Angehörigen: Wer nur über ein mittleres Einkommen verfügt, bleibt von den teils immensen Pflegekosten für Familienmitglieder verschont. Der Sozialstaat komme aber an seine Grenzen, sagt Journalistin Birgit Marschall.
Die Angehörigen von Pflegebedürftigen werden es mit Erleichterung aufgenommen haben: Sie sollen finanziell deutlich entlastet werden beziehungsweise sollen nicht mehr für ihre pflegebedürftigen Familienangehörigen aufkommen müssen, wenn sie selbst ein bestimmtes Jahreseinkommen – 100.000 Euro – nicht überschreiten. Der Blick der Kommunen auf das Thema dürfte jedoch weniger freundlich sein, weil auf sie nun Kosten zukommen.
"Der Sozialstaat lebt", sagt dazu unser Studiogast, die Wirtschaftsjournalistin Birgit Marschall, und wertet die Entlastung der Angehörigen als ein gutes Signal. Denn auf diese komme wegen des demografischen Wandels und einer alternden Gesellschaft in den nächsten Jahren "eine riesige Kostenwelle" zu. "Vielen macht das existenzielle Angst. Das, was im Moment an Unterhalt nötig ist und gezahlt werden muss, ist schon enorm. Der Selbstbehalt, den man dann noch hat, als Kind von pflegebedürftigen Eltern, ist nicht hoch", betont die Journalistin.
Verständnis für Kommunen
Allerdings habe sie auch Verständnis für die Kommunen, die nun finanziell einspringen und mit Kosten in Milliardenhöhe rechnen müssen. Da man die Kommunen aber nicht damit alleine lassen könne, werde der Staat helfen müssen – und damit hintenherum wieder die Steuerzahler. Und das bedeute für alle höhere Steuern.
Birgit Marschall sagte weiter, sie glaube jedoch nicht, dass durch die neue Regelung das Prinzip der Familiensolidarität ausgehöhlt werde – "dass Kinder jetzt nicht aufgrund der neuen Regelung ihre Eltern im Stich lassen und kollektiv alle sagen: Ihr seid uns jetzt egal."
Marschall hält es jedoch nicht für sicher, dass die Große Koalition tatsächlich bei ihrem Beschluss bleibe. Denn durch ihn stiegen die Sozialausgaben – bei gleichzeitiger Konjunkturflaute. "So richtig ist das Bewusstsein in der Koalition noch nicht durchgesickert, dass jetzt auch mal ‚Ende Gelände‘ ist und wir uns wahrscheinlich keine weiteren Steigerungen von Sozialausgaben leisten können."
(mkn)