Bischoftsrücktritt

Abgehoben und verlogen

Von Philipp Gessler |
Was für eine Erleichterung! Ein kleines Erdbeben war heute in der katholischen Welt Deutschlands zu hören, so viele große Steine sind von den Herzen gefallen. Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist zurückgetreten, genauer: Papst Franziskus hat seinen Rücktritt angenommen – und niemand ist zu hören, der nicht wie befreit wirkt. Befreit von einer elenden Affäre, die der katholischen Kirche nicht nur in Deutschland so viel Ansehen gekostet hat.
Tiefgründiger, erschütternder war und ist der Missbrauchsskandal, der noch lange aufgearbeitet werden muss, auch wenn ihn manche am liebsten schon wieder zu den Akten legen wollen. Aber die Affäre um Tebartz-Elst und sein schiefes Verhältnis zur Wahrheit und zum Glanz eines Bischofs traf ebenfalls tief: Es ging um die grundsätzliche Frage, was eine Kirche, die sich auf einen armen Wanderrabbi aus Galiläa beruft, an irdischem Prunk heutzutage noch zeigen darf und soll. Und dahinter schwang immer die Vermutung mit, die schon Heinrich Heine in seinem "Wintermärchen" vor 170 Jahren besang: "Ich weiß, sie tranken heimlich Wein - Und predigten öffentlich Wasser."
Das Vertrauen der einfachen Laien und der Priesterschaft zu Tebartz-van Elst war zerrüttet, seit Monaten schon. Und wenn es nun in dem heute nachmittag veröffentlichen Prüfbericht der deutschen Bischöfe zur Tebartz-Affäre auch noch heißt, Bischof und Domkapitel hätten geltendem Recht "in zahlreichen Fällen nicht Rechnung getragen", so kann das nur so übersetzt werden:
Tebartz war nicht nur dem hohlen Schein, ja einem Goldenen Kalb verfallen, er war nicht nur völlig abgehoben und hat öffentlich gelogen, was nicht nur Hamburger Richter in seiner Flug-Affäre, sondern nun auch die Bischöfe in ihrem Prüfbericht trocken festgestellt haben. Der Oberhirte hat auch noch wissentlich gegen Recht und Gesetz verstoßen – ein solcher Mann war und ist nicht mehr tragbar, schon lange nicht im Amt eines Bischofs, der höheren moralischen Maßstäben genügen muss.
Entlassen in den unverdienten Ruhestand
Papst Franziskus hat nun endlich die Reißleine gezogen und Tebartz in einen vorläufigen und unverdienten Ruhestand entlassen – man wird in der Weltkirche schon noch eine Verwendung für ihn finden, an einer Stelle, wo er weniger Schaden anrichten kann. Eine Zeit der Einkehr, Buße und Umkehr wäre für ihn sehr nötig. Ob er dazu bereit und fähig ist?
In den nächsten Monaten müssen nun die Scherben zusammen gekehrt werden, die die Tebartz-Affäre in der katholischen Welt verursacht hat. Das kann dauern, denn Vertrauen wird nur langsam aufgebaut, ist aber schnell verspielt. Dazu wäre nötig, dass auch andere innere Einkehr halten: Etwa die Claqueure nicht nur im Vatikan wie der Zwei-Päpste-Sekretär Georg Gänswein, die in den Attacken gegen Tebartz-van Elst fast bis zum Ende nur eine Medienkampagne gegen ein unschuldiges Lämmlein sehen wollten.
Das Ende der Affäre Tebartz-van Elst macht den Weg frei, wieder offen und ehrlich mit sich, mit den anderen in Kirche und Gesellschaft, vor allem aber mit den Finanzen der Kirche umzugehen. Das ist, wenn überhaupt, der einzig gute Effekt des unseligen Skandals von Limburg.