Bissige Version von "Die Schöne und das Biest"
Das Thema der Schönheit und der Hässlichkeit hat die belgische Diplomatentochter Amélie Nothomb, geboren 1967, schon in ihren Romanen "Quecksilber" und "Kosmetik des Bösen" beschäftigt. Im Mittelpunkt ihres neuen Romans "Attentat" steht ein monströses Wesen namens Epiphane, der sich unglücklicherweise in die schöne Schauspielerin Ethel verliebt.
Amélie Nothombs Helden können die wunderbarsten oder widerwärtigsten Charaktereigenschaften haben – eines sind sie in der Regel nicht: dumm. Auch die Dialoggefechte und Dispute in ihrem eben auf Deutsch erschienenen Roman "Attentat" (der in Frankreich freilich schon 1997 herauskam) blitzen vor Witz und Esprit, vor Schlagfertigkeit und verblüffender Überzeugungskraft.
"Attentat" ist eine unverwechselbar bissige Nothombsche Version von "Die Schöne und das Biest", was wiederum seinen Ursprung im griechischen Mythos hat: Immerhin war der hässlichste der Götter, der Schmiede- und Feuergott Hephaistos, mit der schönsten Göttin, der Liebesgöttin Aphrodite, verheiratet. Das Thema der Schönheit und der Hässlichkeit hat die belgische Diplomatentochter Amélie Nothomb, geboren 1967 im japanischen Kobe, schon in ihren Romanen "Quecksilber" und "Kosmetik des Bösen" beschäftigt.
Dafür erschafft sie nun ein monströses Wesen, einen unbeschreiblich abstoßenden Mann, eine veritable – allerdings eher blasphemische – "Erscheinung". Und so heißt er denn auch (aber eigentlich, weil er am Dreikönigstag geboren ist): Epiphane; diese Autorin hatte schon immer etwas für ausgefallene Namen übrig. Gegen Epiphane war der Elephant Man ein richtiggehender Adonis.
"Mein Gesicht sieht aus wie ein Ohr. Es ist konkav, mit absurden Knorpelgeschwüren (...) Anstelle der Augen habe ich zwei trübe, ständig eiternde Löcher. (...) Mein Gesicht blieb von der Akne verschont; dafür fiel sie wie ein Heuschreckenschwarm über den oberen Teil meines Rückens her. Es fühlt sich körnig und klebrig an – mich anzufassen ist noch schlimmer, als mich anzuschauen."
Als sein Erbe aufgebraucht ist, bewirbt sich Epiphane auf eine Casting-Anzeige. Dabei lernt er die Schauspielerin Ethel kennen, die reinste und schönste Frau, die er je gesehen hat. Sie scheint seine Monstrosität gar nicht zu bemerken – was ihn nur noch verliebter macht. Davon ahnt sie natürlich nichts, wer käme auch auf eine solche Idee! Sie mag schlicht seine unkonventionellen Ansichten und seine brillante Rhetorik. Der Einfall, sich bei einer Modeagentur als "Augenschreck" zu bewerben, kann nur von ihm stammen. Tatsächlich macht er eine Weltkarriere, die darin gipfelt, dass er in eine Jury berufen wird, welche die Miss Universum wählen soll.
Dummerweise verliebt sich Ethel in einen anderen, und Epiphane bleibt nur die undankbare Rolle des besten Freundes, der sich alle Glücksgefühle und Nöte seiner Freundin anhören muss. Als er ihr per Fax schließlich seine Liebe gesteht, nimmt das Unheil seinen Lauf.
Amélie Nothomb: Attentat. Roman.
Aus dem Französischen von Wolfgang Krege.
Diogenes Verlag, Zürich 2006. 194 Seiten, 18,90 €.
"Attentat" ist eine unverwechselbar bissige Nothombsche Version von "Die Schöne und das Biest", was wiederum seinen Ursprung im griechischen Mythos hat: Immerhin war der hässlichste der Götter, der Schmiede- und Feuergott Hephaistos, mit der schönsten Göttin, der Liebesgöttin Aphrodite, verheiratet. Das Thema der Schönheit und der Hässlichkeit hat die belgische Diplomatentochter Amélie Nothomb, geboren 1967 im japanischen Kobe, schon in ihren Romanen "Quecksilber" und "Kosmetik des Bösen" beschäftigt.
Dafür erschafft sie nun ein monströses Wesen, einen unbeschreiblich abstoßenden Mann, eine veritable – allerdings eher blasphemische – "Erscheinung". Und so heißt er denn auch (aber eigentlich, weil er am Dreikönigstag geboren ist): Epiphane; diese Autorin hatte schon immer etwas für ausgefallene Namen übrig. Gegen Epiphane war der Elephant Man ein richtiggehender Adonis.
"Mein Gesicht sieht aus wie ein Ohr. Es ist konkav, mit absurden Knorpelgeschwüren (...) Anstelle der Augen habe ich zwei trübe, ständig eiternde Löcher. (...) Mein Gesicht blieb von der Akne verschont; dafür fiel sie wie ein Heuschreckenschwarm über den oberen Teil meines Rückens her. Es fühlt sich körnig und klebrig an – mich anzufassen ist noch schlimmer, als mich anzuschauen."
Als sein Erbe aufgebraucht ist, bewirbt sich Epiphane auf eine Casting-Anzeige. Dabei lernt er die Schauspielerin Ethel kennen, die reinste und schönste Frau, die er je gesehen hat. Sie scheint seine Monstrosität gar nicht zu bemerken – was ihn nur noch verliebter macht. Davon ahnt sie natürlich nichts, wer käme auch auf eine solche Idee! Sie mag schlicht seine unkonventionellen Ansichten und seine brillante Rhetorik. Der Einfall, sich bei einer Modeagentur als "Augenschreck" zu bewerben, kann nur von ihm stammen. Tatsächlich macht er eine Weltkarriere, die darin gipfelt, dass er in eine Jury berufen wird, welche die Miss Universum wählen soll.
Dummerweise verliebt sich Ethel in einen anderen, und Epiphane bleibt nur die undankbare Rolle des besten Freundes, der sich alle Glücksgefühle und Nöte seiner Freundin anhören muss. Als er ihr per Fax schließlich seine Liebe gesteht, nimmt das Unheil seinen Lauf.
Amélie Nothomb: Attentat. Roman.
Aus dem Französischen von Wolfgang Krege.
Diogenes Verlag, Zürich 2006. 194 Seiten, 18,90 €.