Tina Pruschmann: "Bittere Wasser"
Rowohlt, Hamburg 2022
288 Seiten, 22 Euro
Tina Pruschmann: "Bittere Wasser"
Der Zirkus, der ihr Leben war, verscherbelt, die Mine, die den Ort ernährte, geschlossen - es eine Geschichte der harten Einschnitte, die Tina Pruschmann in "Bittere Wasser"erzählt. © Robin Kunz
Grau und Glitzer
10:59 Minuten
In ihrem Roman "Bittere Wasser" erzählt Tina Pruschmann die Geschichte von Ida, deren altes Leben im Grau der DDR vom Zirkus erhellt wird. Mit dem Mauerfall endet dieser kleine Glanz und Ida flüchtet in die Ukraine.
Die in Leipzig lebende Autorin Tina Pruschmann erzählt in ihrem neuen Roman "Bittere Wasser" eine Geschichte, die von vielen Brüchen geprägt ist. Ihre Hauptfigur Ida wird groß in der DDR. Sie lebt in einer fiktiven Stadt im Erzgebirge, deren Bergbau vor allem Osteuropa mit Uran versorgt. Und sie ist ein Zirkuskind, ihre Eltern sind Stars im DDR-Staatszirkus.
Tristheit, Halden, Staub und Dreck
Für Tina Pruschmann ist diese Welt des Bergbaus ein Gleichnis für das Leben in der DDR, erzählt sie, und genau darum habe sie ihre Geschichte auch dort spielen lassen: "Uranbergbau, das bedeutet Tristheit, Halden, Staub, Grau, Dreck."
Sie habe als Kontrapunkt eine weitere Umgebung gebraucht, die für sie "noch mal eine ganz andere Atmosphäre" bot: "Das ist die Glanzwelt des Zirkusses, die auch zu DDR-Zeiten etwas Besonderes war, weil es dort einen Überschuss gab an allem, was glitzert." Und Glitzer und Glamour habe es in der DDR nicht im Übermaß gegeben, so Tina Pruschmann.
Der Zirkus brachte Glitzer
Als Erwachsene nach der Wende geht Pruschmanns Heldin in die Ukraine. Sie flüchtet, findet dort einen Zirkus mit seiner Buntheit, wie der Zirkus sie einst in ihre Heimat im Erzgebirge brachte. Dort im Erzgebirge ist dieses alte Leben zerbrochen, die Mine geschlossen, die Wirtschaft am Boden, der Zirkus an einen westdeutschen Investor verscherbelt und die Ehe der Eltern gescheitert.
Dort, wohin einst das Uran geliefert wurde
Diese Verbindung in die Ukraine, wohin die Heldin sich geflüchtet hat, habe auch einen historischen Kontext, so Puschmann, denn der Uranbergbau im Erzgebirge versorgte Atomkraftwerke in der Sowjetunion – auch Tschernobyl.
Für ihre Arbeit an dem Roman reiste Pruschmann in die Ukraine. Sie habe dort sehr intensive Kontakte zu Freunden, mit denen sie weiter in Verbindung stehe, erzählt sie.
Wenn sie an die Momente im Februar zurückdenke, als Russland die ersten Angriffe und Bombardements startete, ergreife sie ein Gefühl der Ungläubigkeit, weil das eben kein Zwischenfall war, sondern der Beginn eines brutalen Krieges:
"Dieses Jahr schuldet uns noch eine Korrektur, das muss doch noch mal zurück in den Januar." Also zurück in die Zeit ohne Bombardements und Vertreibung.