Glückskeks-Musik mit Vogelstimmen
"Utopia" ist ein Neubeginn, bei dem Björk nichts weniger als die Liebe wiederentdeckt. Die Liebe zur Musik als Gemeinschaftsprojekt und als utopischer Gegenentwurf. Die Liebe zu ihren Kindern und zu einem neuen Weggefährten.
Björk klingt (nach eigener Aussage) wie ein "Glückskeks". In ihrem Song "Arisen my senses" aus dem neuen Album "Utopia" hört man eine Harfe im Hintergrund neben zerhäckselten Elektro-Sounds. Ein wummernder Bass liegt darunter und über allem schwebt der Gesang von Björk. Diese Mischung aus romantischen Klängen und elektronischen Elementen klingt vertraut. Björk ist aber auch bekannt dafür, dass sie mit jedem Album neue Wege beschreitet.
Vogelstimmen aus Island
Am auffälligsten sind die vielen Vogelstimmen aus Island und Venezuela (der Heimat von Produzent Arca). Björk selbst lebt seit einiger Zeit wie ein Zugvogel. Alle zwitschern (auf Twitter). Björk zwitschert auf ihre Weise mit. Als menschliches Pendant zum Vogelgesang hat die Isländerin obendrein ein zwölfköpfiges Flötenensemble zusammengestellt.
Das Paradies im technologischen Zeitalter. Björk ist keine technologiefeindliche Romantikerin und setzt auf einen Fluss zwischen Natur und Technik. Das ist ihr auf dem neuen Album, auf dem sich die Grenzen zwischen Stimmen, Sounds und Instrumenten auflösen, im Zusammenspiel mit dem Produzenten Arca auch kongenial gelungen
Fans sehnen sich nach ihrem 90er-Jahre Sound
Wenn man sich die Kommentare auf ihrer Facebook-Seite mit mehr als drei Millionen Freunden anschaut, dann sehnen sich viele Fans allerdings nach Björks 90er-Jahre Sound, als es noch Refrains gab, die sich einbrannten. Auf Utopia gibt es aber wenig bis nichts mitzusingen. Man kann das, was sie aktuell macht, auch als Soundinstallation bezeichnen oder als eine neue Form der Oper mit tierisch-menschlich-elektronischen Mitteln.
Björk hat sich zuletzt auch unter dem Hashtag #MeToo zu Wort gemeldet und einen dänsichen Regisseur - mutmaßlich Lars von Trier - beschuldigt, er habe sie bei den Dreharbeiten zu einem Film sexuell belästigt.
Mit ihren Texten drückt sich die Isländerin klar und deutlich aus. Einen Song adressiert sie an Matthew Barney, den Vater ihrer 15-jährigen Tochter. Sie nimmt ihn teilweise aus der Schusslinie: "Du hast es von Deinem Vater gelernt, und Dein Vater von seinem". Ihr grundsätzliches Thema: Überkommene Machtstrukturen zwischen Männern und Frauen über Bord werfen, damit die nächste Generation sich davon befreien kann. Das ist eine der zentralen Botschaften auf einem der eigenwilligsten Popalben des Jahres 2017.