#BlackLivesMatter

Der US-Sport wird politischer

05:53 Minuten
Als Zeichen der Solidarität mit der Black Lives Matter Bewegung, halten die Spieler der MLS-Teams Orlando City SC und Inter Miami CF, vor dem Spiel ihre Fäuste in die Luft.
Solidarität auch in der Major League Soccer: Spieler der MLS-Teams Orlando City SC und Inter Miami CF halten vor dem Spiel ihre Fäuste in die Luft. © Getty Images / Mike Ehrmann
Von Kerstin Zilm |
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Nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd erstarkte Black Lives Matter in den USA - auch im Sport. Mannschaften, Athletinnen und Ligen beziehen Stellung, meist zur Unterstützung der Bewegung. Aber gibt es wirklich einen grundlegenden Sinneswandel?
Die republikanische Senatorin Kelly Loeffler aus dem Bundesstaat Georgia hat genug davon, dass Sportorganisationen Proteste gegen Polizeibrutalität und Rassismus unterstützen. "Ich bin eine felsenfeste Gegnerin der 'Black Lives Matter'-Bewegung", schrieb die Mitbesitzerin des Frauen-Basketballteams aus Atlanta an den Ligavorstand. Die Bewegung widerspreche komplett den Werten von Toleranz und Vielfalt der WNBA.
Noch am selben Tag forderten Spielerinnen den Ausschluss Loefflers von der Liga.
Natasha Cloud von den Washington Mystics: "80 Prozent der Spielerinnen in der Liga sind Schwarz. Jede von uns könnte jeden Tag Polizeibrutalität begegnen. Die Bewegung als spaltend zu kritisieren, ist Schwachsinn - und muss so bezeichnet werden."

"Black Lives Matter" steht auf Spielfeldern

WNBA und NBA, die Ende Juli ihre Saison in Florida wieder aufnehmen, haben sich zur Bewegung bekannt. Der Schriftzug "Black Lives Matter" wird vor den Begegnungen auf Spielfelder gedruckt. Athletinnen und Athleten werden auf ihren Trikots an Opfer von Polizeibrutalität erinnern.
LeBron James, Basketball-Superstar der Los Angeles Lakers in einem Interview mit Bloomberg-TV: "Wir leben in einem besonderen Moment in der Sportgeschichte. Wir werden endlich gehört. Aktivismus gab es immer, aber nicht viele wollten verstehen, worüber wir sprechen. Das ist jetzt anders."
Wie sehr sich die Zeiten geändert haben, zeigt sich daran, dass sogar die erzkonservative Autorennorganisation NASCAR nach dem Mord an George Floyd die "Black Lives Matter"-Bewegung unterstützt.
Wie auch die Football-Liga, die den zur Nationalhymne knienden Colin Kaepernick aufs Abstellgleis manövrierte. "Wir, die NFL Liga geben zu", sagt NFL-Chef Roger Goodell, "wir hätten unseren Spielern eher zuhören und sie bei ihrem friedlichen Protest unterstützen sollen. Wir, die Football Liga glauben: Black Lives Matter."

Gibt es ein echtes Umdenken?

Das Umdenken kam scheinbar über Nacht und löst daher Zweifel aus, ob tatsächlich ein Sinneswandel stattfand oder die Organisationen vor allem Angst haben, zahlende Fans zu verlieren.
Kenneth Shropshire, Sportprofessor an der Universität von Arizona sagt, die meisten dieser Erklärungen hätten außerdem das Thema komplett verfehlt.
Shropshire im Radiosender NPR: "Die wenigsten sprechen von Fehlverhalten der Polizei. Kaum jemand hat einen konkreten Plan für Konsequenzen. Die meisten erklären ihr Beileid und sagen: 'Wir müssen zusammenkommen.' Völlig unnütz sind die, die sagen: 'Seid bitte alle nett zueinander und protestiert friedlich.'"
Selbst diese Erklärungen verärgern den US-Präsidenten. Donald Trump spricht zu seiner Basis, wenn er Protestbewegungen am Spielfeldrand kritisiert, besonders wenn es um patriotische Symbole geht: "Ich möchte niemanden sehen, der zur Nationalhymne vor unserer Fahne kniet. Man steht, ist stolz, legt die Hand aufs Herz oder salutiert. Man muss Respekt zeigen."

"Protest ist nicht genug!"

Auch deshalb verweisen Athletinnen und Athleten auf die anstehenden Wahlen im November. Diese seien Gelegenheit, über symbolische Gesten hinaus etwas zu bewirken.
Tennis-Jungstar Coco Gauff bei einer Demonstration in Florida: "Wir müssen handeln. Protest ist nicht genug! Ich bin noch nicht alt genug, um zu wählen, aber viele von euch sind es. Wählt für meine Zukunft, die meines Bruders und eure Zukunft."
Tennis Star Coco Gauff mit Gesichtsmaske, auf der "Black Lives Matter"-Demonstration in Delray Beach
"Wählt für meine Zukunft": Tennisstar Coco Gauff.© picture alliance / ZUMA Press / Thomas Cordy
Noch ringen die meisten Sportvereinigungen um konkrete Massnahmen. Die Frauen-Basketball-Liga hat einen Rat aus Spielerinnen, Trainerinnen und Führungskräften für gesellschaftliche Veränderungen eingerichtet. NASCAR verbietet nun bei Autorennen die Konföderationsflagge, die die Zeit der Sklavenhaltung in Südstaaten verherrlicht. Die NFL hat angekündigt, zusätzlich zur offiziellen US-Nationalhymne die inoffizielle so genannte "Schwarze Nationalhymne" zu spielen.
All das, sagt Sportprofessor Shropshire, gehe nicht an eine der wichtigsten Wurzeln des Problems, die enge Verbindung von US-Sport mit Männern und Frauen in Uniform.
"Sport muss sich von der Polizei trennen", fordert er. "Wir brauchen keine Polizisten im Stadion, keine Halbzeitpräsentationen der Luftwaffe, keine Tage zu Ehren der Ordnungskräfte, kein Salutieren von Militärs vor der Flagge. Viele merken erst jetzt, wie problematisch das alles ist."
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