Übersteht die Kultur den Lockdown?
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In Deutschland müssen die Kultureinrichtungen erneut in den Lockdown. Wie sieht es in anderen europäischen Ländern aus? Unsere Korrespondenten in London, Paris und Rom schildern die Lage. Rosig ist sie nicht.
Schon im ersten Lockdown befürchteten 70 Prozent der Theater in Großbritannien den Bankrott, berichtet Christine Heuer, Korrespondentin in London. Man werde abwarten müssen, wie viele von ihnen am Ende überleben werden. Anderen Kultureinrichtungen gehe es nicht besser. "Es gab Kinos, ganze Kinoketten, die haben schon vor dem zweiten Lockdown freiwillig geschlossen, weil die großen Publikumsfilme nicht fertig werden." Es gebe Musiker, die sagten, dass sie den Glauben an Live-Konzerte, wie man sie kenne, mittlerweile verloren hätten, dass es so etwas eben nach Corona nicht mehr geben werde. "Also, die Stimmung hier ist sehr düster."
Ungewisse Zukunft
Auch in Italien haben die Kulturschaffenden schon in beim ersten Lockdown sehr leiden müssen, sagt Korrespondent Jörg Seisselberg. Sehr früh seien Museen, Theater, Kinos, Konzertsäle geschlossen worden. Es gebe Theater – "von ganz großen Häusern bis zu ganz kleinen Theatersälen, wie hier in Rom beispielsweise mit 80, 90 Plätzen" – die sagten, sie wüssten nicht, wie sie die Zukunft stemmen sollen. Viele seien auch auf die Straße gegangen, um ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen. "Aber der hier in Italien sehr mächtige Kulturminister hat eine klare Ansage gemacht und gesagt: 'Nein, auch die Kulturschaffenden, auch der Kulturbereich muss mitziehen, wenn wir jetzt Italien wieder in vielen Bereichen einschränken'."
In Frankreich wiederum seien die Buchhändler "ziemlich sauer", erklärt Sabine Wachs, Korrespondentin in Paris. Alle Geschäfte mussten schließen, die nicht für den täglichen Bedarf nötig sind, darunter auch die Buchläden. In Supermärkten müssten auch die Regale abgesperrt werden, die Bücher oder andere nicht essentielle Artikel anböten. Daraufhin habe die Jury des Prix Goncourt, des wichtigsten Buchpreises in Frankreich, die Verleihung abgesagt. Sie wolle den Preis solange nicht vergeben, wie die Buchläden geschlossen seien, sie wollten Amazon und anderen Online-Händlern nicht das Feld überlassen, so Sabine Wachs.
Freiberufler im freien Fall
Wie sieht es mit staatlicher Hilfe für die Beschäftigten in der Kulturbranche aus? "In Großbritannien sind nicht nur die Solo-Selbstständigen, sondern auch die Freiberufler an den Kultureinrichtungen, für die es durchaus Hilfen gegeben hat, ziemlich alleingelassen worden", so Christine Heuer. Für Angestellte gebe es Kurzarbeitergeld. Freiberufler und Solo-Selbstständige fielen aber "durchs Raster".
In Italien sei es so, erklärt Jörg Seisselberg, dass die Freischaffenden behandelt würden wie andere Solo-Selbständige. Für die gebe es 600 Euro im Monat. "Das ist natürlich eine Summe, wenn man auch die Mietpreise in Rom oder Mailand kennt, das reicht nicht wirklich zum Leben oder sehr schwer, nur zum Leben und Überleben."
"Alles in allem steht die ganze Kulturwelt in Frankreich auch ziemlich mit dem Rücken zur Wand", sagt Sabine Wachs. Zwar hätten Solo-Selbstständige die Möglichkeit, von einem Solidaritätsfonds profitieren, der eigentlich für kleine und mittelständische Unternehmen aufgelegt worden ist. Allerdings seien die sieben Milliarden Euro bei der großen Anzahl der Bedürftigen schnell verteilt.
Erschwerend käme in Frankreich das spezielle Statut der "Intermittent du Spectacle" dazu. Darunter fallen "freie Künstler, freie Schauspieler, aber auch Bühnentechniker zum Beispiel, die eine bestimmte Zahlern Arbeitsstunden pro Jahr nachweisen müssen, um beispielsweise auch weiter von der Arbeitslosenversicherung zu profitieren". Viele von ihnen hätten nun Sorge, dass ihre Stundenzahl in diesem Jahr nicht ausreiche, "weil natürlich auch viele Veranstaltungen ausgefallen sind".
(kpa)