Blinde Journalistin über Mode
"Mode hat immer, egal ob bei Blinden oder Sehenden, etwas mit Identität zu tun", sagt die Journalistin Amy Zayed. © imago / Cavan Images
"Jeder hat doch seinen eigenen Stil"
06:22 Minuten
Die Journalistin Amy Zayed ist blind und beschäftigt sich seit ihrer Jugend mit Mode. Sie ermutigt andere blinde Menschen, ebenfalls einen persönlichen Stil zu entwickeln, um somit auch die Mainstreammode mit zu beeinflussen.
Schon in ihrer Jugend habe ihre Mutter wichtige Tipps gegeben, sagt die Journalistin Amy Zayed. Dass es nicht nur darum gehe, welche Farben zusammenpassen und welche nicht, sondern mit welchem Look sie sich selbst präsentieren möchte.
"Mode hat immer, egal ob bei Blinden oder Sehenden, etwas mit Identität zu tun. Als ich zwölf war, waren alle meine sehenden Freundinnen modeverrückt. Bei uns zu Hause lagen immer Modezeitschriften rum. Und meine Mutter hat damals immer zu mir gemeint: 'Ich kann dir sicher sagen, welche Farben sich beißen und welche zusammenpassen, aber viel wichtiger ist, dass du weißt, was du willst und wie du wirken möchtest. Ansonsten bist du nur Wachs in den Händen von irgendwelchen sehenden Menschen, die dir sagen, was du anziehen sollst, und was du anziehen darfst.'"
Diese Hinweise haben sie ermutigt, sich mit Mode und Popkultur zu beschäftigen und zu recherchieren: "Was heißt eigentlich Punkmode, wer ist Vivienne Westwood und was zeichnet Designer wie Chanel aus?"
Dadurch hat sie einen Modestil entwickelt, den sie heute zwischen Punk und Indie verortet, mit Einflüssen Ethno und geprägt durch ihre eigenen Spielereien.
Blöde Kommentare in der Jugend
Wie bei sehenden Menschen hätten natürlich auch nicht alle Blinden ein Interesse an Mode, meint Amy Zayed. Manche blinden Menschen hätten sogar etwas Angst, ihren eigenen Stil zu kreieren, weil sie sehr früh demotivierende Worte von der Familie und Freunde gehört hätten: "Siehst du ja eh nicht und ist eh alles zu schwierig für dich."
Amy Zayed möchte blinde Menschen deshalb auch empowern und für Mode begeistern. Eine Modelinie für nur blinde Menschen empfindet sie in diesem Kontext allerdings als abstrus. "Jeder hat doch seinen eignen Stil, es gibt doch keinen blinden Stil. Wie soll der aussehen? Hat man dann Blindenschrift auf dem T-Shirt zu tragen oder so etwas?"
Vielmehr sollten blinde Menschen dazu ermutigt werden, einen eigenen Modegeschmack zu entwickeln, um Mainstreammode auch selbst mit zu prägen.
Wann gilt man als blind?
Als blind gilt man in Deutschland, wenn man eine Sehfähigkeit von unter zwei Prozent hat, sagt Amy Zayed. Es gibt aber sehr viele Facetten von Blindheit. Das Spektrum reicht von vollständiger Blindheit bis hin zum Sehen von Kontrasten oder auch einzelner Farben. Amy Zayed erkennt selbst etwa Rot und einige Orangetöne, alles andere sei schwarz-weiß. Vor allem Mode muss sie sich mit ihrem "Verstand erschließen".
Natürlich spielt es auch eine Rolle, wie sich ein Stoff und wie sich die Haut in einem Kleidungsstück anfühlt, erklärt die Journalistin. Aber der Unterschied für blinde Menschen bestehe vielmehr darin, dass man das Ungesehene "anders einfangen muss". Dazu gehöre dann der Schnitt eines Kleidungsstückes.
Anlässlich des internationalen Tages des weißen Stocks (15. Oktober) wünscht sich Amy Zayed übrigens eine bessere Bildbeschreibung in Onlineshops: "Wenn da steht 'Jeanskleid in Blau', sagt mir das erst einmal gar nichts."
Anlässlich des internationalen Tages des weißen Stocks (15. Oktober) wünscht sich Amy Zayed übrigens eine bessere Bildbeschreibung in Onlineshops: "Wenn da steht 'Jeanskleid in Blau', sagt mir das erst einmal gar nichts."