Blogger Mario Sixtus über Twitter

Die Heißmacher und ihre Bodentruppen

08:29 Minuten
Mario Sixtus steht vor einem Wand mit Graffiti und schaut leicht nach oben.
Der "Elektrische Reporter" Mario Sixtus beobachtet, wie "Horden von Hass-Twitterern" losgeschickt werden. © Jasmin Schreiber
Moderation: Vladimir Balzer · 19.11.2019
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Eigentlich soll dort die Info-Elite diskutieren, aber der Ton beim Kurznachrichtendienst Twitter ist rauer geworden. Der Autor und Filmemacher Mario Sixtus beschreibt, wie einflussreiche Twitterer ihre vielen Follower auf einzelne Personen hetzen.
Seit Jahren wird der Hass im Netz beklagt, aber er wird nicht weniger. Inzwischen scheint er immer mehr in die reale Welt zu schwappen. Menschen werden konkret bedroht, müssen die Polizei einschalten, Morddrohungen kursieren. Das gilt zunehmend auch für das soziale Medium, wo doch angeblich die Meinungselite diskutiert: Twitter.
Aktuelles Beispiel ist der rechte Blogger Reiner Mayer, der unter dem Pseudonym Don Alphonso in der "Welt" veröffentlicht und ein sehr aktiver Twitterer ist. Viele Twitterer aus dem eher linkeren Spektrum fühlen sich von seinen Tweets inzwischen bedroht, etwa wenn er davon spricht, dass sie demnächst "eine Quittung präsentiert" bekommen.

Gern eine Frau, gern eine Feministin

Der Autor und Filmemacher Mario Sixtus ist ein sehr aktiver Twitterer mit 130.000 Followern, er setzt sich in seinen Tweets immer wieder auch mit dem Hass bei Twitter auseinander. Er sagt: "Die suchen sich ein Opfer, meistens eine Einzelperson, und schicken ihre Horden von Hass-Twitterern auf diese Person los."
Reiner Mayer habe das inzwischen perfektioniert, er wisse genau, wie er diese Leute "heiß macht", aber so, dass es nicht justiziabel ist: "Er sucht sich eine Person aus, gern eine Frau, eine Feministin, und erzählt nur, wie blöd er die findet und warum." Das führe dazu, dass sich auf dem Twitter-Account von diesem Opfer Leute rumtreiben, meistens aus dem rechten Spektrum, und blöde Kommentare ablassen: "Was noch unter 'harmlos' durchgehen könnte."

Anonyme Horden werden gelenkt

Aber dann würden solche Hass-Twitterer beginnen, Arbeitgeber oder Verwandte zu kontaktieren, versuchen die Adresse herauszubekommen und im Netz zu veröffentlichen. "Das ist dann alles nicht mehr lustig", sagt Mario Sixtus. Es sei ein Machtspiel: "Die Bodentruppen sind schon anonym. Die wissen, dass sie das besser nicht machen, aber die Köpfe, die diese Truppen durch die Gegend lenken, die zeigen sich gern und sind stolz darauf, dass sie diese Horden durch die Gegend schicken können."
Begünstigt würde all das dadurch, dass sich Twitter wie eine unseriöse Briefkastenfirma ohne Briefkasten verhalte. "Die haben nicht einmal eine Adresse, an die man Gerichtspost zustellen kann, die verweisen dann nach Irland."
(mfied)
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