Wie Kinder Medienkompetenz erwerben können
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Warum verteufeln viele Eltern den Medienkonsum ihrer Kinder und was wäre die Alternative? Das ist eines der Themen, mit denen sich Patricia Cammarata beschäftigt. Von starren Bildschirmzeiten für Kinder hält sie nichts.
"Wie soll ich denn jetzt Kontakt zu den Teenagern halten?" Das fragte sich Patricia Cammarata vor wenigen Tagen in einem ihrer Tweets. In der Wohnung war das Internet ausgefallen. Gut, als Bloggerin ist das eher ungünstig, aber wo liegt das Problem, wenn die Kinder im Nebenzimmer sitzen?
"Das ist meine eigene Faulheit. Früher hat man ja durch die Räume geschrien, um die Kinder zu erreichen. Heutzutage kann man das sehr leise machen, indem man sich Nachrichten schreibt. Und insofern ist das Internet nötig und sehr wichtig. Also ich kann da Jugendliche gut verstehen."
"Mehr auf Inhalte achten"
Überhaupt ist Patricia Cammarata kein Fan von starren Bildschirmzeiten bei Kindern. Warum, das versucht die mehrfache Mutter in ihrem neuen Buch: "30 Minuten. Dann ist aber Schluss" zu erklären. Geschrieben für alle Eltern, die täglich erleben, wie schwer das Thema Medienerziehung sein kann.
Für die 45-Jährige komme es vor allem darauf an, "dass man darauf guckt, was die Kinder machen, nicht so sehr, wie lange sie es machen". Eltern sollten also mehr auf Inhalte achten, auch darauf, wie der Spannungsbogen einer Geschichte verläuft. Klingt plausibel, denn wer will sich schon an einer entscheidenden oder spannenden Stelle unterbrechen lassen. "Dann hat man viel weniger Konflikte zu Hause, weil man sich eben an Dingen orientiert, die den Kindern auch viel einleuchtender sind. Oder sie Sachen auch zu Ende bringen lassen, sodass man erst gar nicht in eine Diskussion kommt", meint Patricia Cammarata.
Überbleibsel aus der Fernseh-Ära
"30 Minuten. Dann ist aber Schluss", der Titel ihres Buches greift auf, was viele Eltern als Richtwert abgespeichert haben. Aber von wem stammt diese Empfehlung eigentlich? "Ich glaube, am Ende ist es ein Überbleibsel aus der Fernseh-Ära und so ein Durchschnittswert, was eine Aufmerksamkeitsspanne angeht. Also, ich weiß auch gar nicht so genau, welches Alter da zugrunde gelegt ist. Vielleicht haben sich viele Fernsehsendungen und Kinderformate eben an diesen 30 Minuten bislang orientiert. Und die sind so ein bisschen überholt für das digitale Zeitalter."
Viele Eltern hätten aber den Wunsch, "in Sachen Medienerziehung ganz einfache Richtlinien zu bekommen", die aber in der Praxis kaum funktionieren würden.
Humor ist kein Kriterium
Von ihren Kindern, so die Bloggerin, "kriege ich manchmal als Hausaufgabe bestimmte Youtube-Kanäle, die ich mir angucken soll, weil die interessant oder lustig sind. Oder die jüngeren Kinder sagen, da ist ein Kanal, den würde ich gerne öfter gucken. Und dann gucke ich mir das an und entscheide, ob ich das angemessen finde."
Das, so Patricia Cammarata, würde auch für Computerspiele funktionieren. Auch wenn ein solches Vorgehen "total anstrengend und manchmal auch eine große Enttäuschung ist".
Denn der Humor wäre bei Zwölf- und 40-Jährigen natürlich sehr verschieden. Aber ob man als Elternteil etwas witzig findet, das sollte kein Kriterium sein. "Wohingegen andere Dinge, also wenn da stark Geschlechterstereotypen bedient werden, das wäre dann schon was, wo ich mit den Kindern drüber reden würde. Und das ist natürlich zeitaufwendig und teilweise auch anstrengend. Aber ich glaube, das ist leider eine Sache, die unumgänglich ist, wenn man möchte, dass die Kinder irgendwann medienkompetent sind."
(ful)