Mit dem Erstlingsroman "Otis" unterwegs in Berlin
Schreiben ist für Jochen Distelmeyer wie an einem Album zu arbeiten: Alles fließt, nichts muss herbeigezwungen werden. Mit "Otis" hat der ehemalige Blumfeld-Sänger nun seinen ersten Roman veröffentlicht. Im Interview verrät er, warum Berlin dabei so wichtig war.
Der ehemalige Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer - nun unterwegs auf Solo-Pfaden - gehört offenbar zu den glücklichen Erst-Autoren, aus denen es nur so fließt. Schreibblockade? Hatte der gebürtige Bielefelder, langjährige Hamburger und jetzt Berliner Musiker nach eigenem Bekunden nicht.
Sein Erstling "Otis" ist ein Berlin-Roman: Es geht um Tristan, einen nicht mehr ganz jungen Mann, der nach Berlin kommt, um einen Roman über Odysseus zu schreiben. Der Autor verquickt Motive und Figuren der Odyssee mit der Gegenwart und versucht, Fragen zum Geschlechterkampf, zu Vater und Mutter, Kriegsheimkehrern und Flüchtlingen neu zu beantworten. Dabei lässt er en passant noch die Diskussionen um das Holocaust-Denkmal, den Aufstieg der Piraten oder die Krise im Suhrkamp Verlag einfließen.
Die spezielle Atmosphäre von Berlin
Das alles beschreibt Distelmeyer nicht etwa in einem frech-rotzigen Hipster-Tonfall, sondern elegant-gediegen. Wie hat er zu seinem Klang gefunden?
"Sprechend. Eher wie ein Sänger beim Spazierengehen - als ich nicht wusste. Wie soll ich das jetzt machen? Es sollte ja keine Platte sein.... Mir war es wichtig, dass der Ton etwas Großzügiges, Geräumiges, Fließendes, Ruhendes und Friedvolles hat, mit dem ich das, was ich beschreibe, abfeiern wollte."
Berlin als Ort mit seiner speziellen Atmosphäre sei sehr wichtig für ihn, den Neuberliner, beim Schreiben des Romans gewesen: "Das Offene, Lichte der Stadt hat mich sehr betört." Das Kaputte der Stadt, "das Kodderschnäuzige der Leute" - diese Klischees von Berlin entsprächen überhaupt nicht seiner eigenen Erfahrung.
Jochen Distelmeyer, "Otis", Roman, Rowohlt-Verlag, 282 Seiten, 19,95 Euro