Blutwunder zum Selbstmischen

Die Naturwissenschaften erklären nicht nur die Welt, sie sind auch cool und sexy. Damit auch Nichtwissenschaftler das merken, müssen sich die Präsentatoren von Naturwissenschaft einiges einfallen lassen. Kaum jemandem gelingt das so humorvoll, verständlich, aber auch radikal und politisch unkorrekt wie den Science Busters aus Österreich.
Niemand ist vor ihrer knallharten Analyse und ihrem beißenden Spott sicher. Mithilfe der Naturgesetze untersuchen sie das "Lichtfasten", dessen Anhänger lieber Lichtenergie als feste Nahrung zu sich nehmen, den Mozarteffekt, dessen wohltuende Wirkung nun auch Bakterien in Klärbecken beglücken soll, oder die Homöopathie, bei der die Wirkstoffe erst in extrem hohen Verdünnungen wirken, und fragen respektlos, ob man mit einem homöopathischen Vollrausch noch Auto fahren darf.

Auch die großen Glaubensgemeinschaften bekommen die Häme der Science Busters zu spüren. Sie präsentieren Studien, die belegen, dass Beten tödlich sein kann, und berechnen, wie Jesus vielleicht doch über das Wasser laufen konnte oder wie das fliegende Pferd des Propheten Mohammed ausgesehen haben muss. Die Auferstehung Christi deuten sie als Materie-Antimaterie-Reaktion. Dumm nur, dass niemand die gewaltige Explosion, die dabei zustande kam, bemerkt hat. Schließlich entlarven sie Märtyrerblut, das nicht gerinnt, als Chemiebastelarbeiten aus dem Mittelalter und liefern eine Anleitung für ein Blutwunder zum Selbstmischen gleich mit.

Die Themenvielfalt der Science Busters reicht von Teilchenphysik im Alltag über Hirnforschung zum Ausprobieren bis zu wissenschaftlichen Gulaschrezepten. Wer jedoch ein Wissensbuch mit didaktischem Aufbau und einfachen Erklärungen für Wissenshungrige erwartet, wird enttäuscht werden. Lehrreich zu sein, ist den drei Wienern nicht genug. Schließlich sind Lehrer überall auf der Welt weder cool noch sexy. Der Schreibstil dieser Wissenschaftsberserker ist vielmehr gewürzt mit schwarzem Humor, Wiener Schmäh und Lust an der Provokation.

Zugegeben: Manchmal übertreiben es die drei mit ihren Albernheiten. Dann erzeugt die Lektüre ihres Buches eher Kopfschütteln als Schmunzeln. Zum Beispiel, wenn der Text immer wieder auffordert, Seiten aus dem Buch herauszureißen. Selbst das Buch als Träger des Wissens ist ihnen nicht heilig.

Insgesamt eine wichtige Entwicklungshilfe aus Österreich, von der sich die meist biederen Wissensvermittler aus Deutschland eine Menge abschauen können. Naturwissenschaftliche Aufklärung ohne Anspruch, aber mit hohem Unterhaltungswert. Cool und sexy eben.

Die Autoren:

Werner Gruber: Schwergewichtiger Neurophysiker von der Universität Wien. Arbeitet als Universitätslektor, erfand die "kulinarische Physik" und zahlreiche einfache Experimente für jedermann.

Heinz Oberhummer: Emeritierter Professor für theoretische Physik der Technischen Universität Wien, vielfach ausgezeichnet, nominiert für den Nobelpreis. Als bekennender "Nicht-Gläubiger" will er die Öffentlichkeit für Physik begeistern.

Martin Puntigam: Umtriebiger Kabarettist und Radioautor für den Österreichischen Rundfunk (Studienabbrecher). Ausgezeichnet mit dem Salzburger Stier, dem österreichischen Kleinkunstpreis und dem Prix Pantheon.

Science Busters: Gemeinsam stehen die drei seit 2007 auf der Bühne des Rabenhof-Theaters in Wien und haben bereits 28 verschiedene Kabarettprogramme konzipiert. Außerdem produzieren sie eine wöchentlich Radiokolumne für den österreichischen Jugendsender FM 4.

Besprochen von Michael Lange


Science Busters (Werner Gruber, Heinz Oberhummer, Martin Puntigam): Wer nichts weiß, muss alles glauben
Ecowin September 2010
234 Seiten, 21,90 Euro