Böhmer: Killerspiele am Computer verbieten
Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Maria Böhmer, hat das von der künftigen Koalition geplante Verbot von Gewalt verherrlichenden Kulturgütern verteidigt. Der Jugendschutz müsse mit der technischen Entwicklung Schritt halten und durch Verbote von Killerspielen am Computer klare Grenzen aufzeigen, sagte die CDU-Politikerin.
Degenhardt: Wer Kinder in dem entsprechenden Alter hat, der kennt das vielleicht. Da sitzen sie vor den Bildschirmen und ballern auf Ziele, die verblüffend oder erschreckend real aussehen, so genannte "Killercomputerspiele" in der guten Stube. Was viele junge Leute begeistert, lässt ihren Eltern die Haare zu Berge stehen. Jetzt bekommen die Rückendeckung durch die Politik. Die neue Bundesregierung möchte Gewalt verherrlichende Kulturgüter verbieten, wobei man sich schon fragt, wie etwas, was die Gewalt verherrlicht, überhaupt als Kulturgut bezeichnet werden kann, aber das nur nebenbei. Was bringt dieser Schritt? Das möchte ich Maria Böhmer fragen, sie ist die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag. Frau Böhmer, wir haben ja schon einen scharfen Jugendschutz. Computerspiele müssen mit einer Altersfreigabe gekennzeichnet sein. Websites können auf den Index gesetzt werden. Es gibt das Modell der regulierten Selbstkontrolle im Jugendmedienschutzstaatsvertrag der Länder, ausdrücklich gelobt von der EU-Kommission. Warum reicht all das nicht?
Böhmer: Die technische Entwicklung schreitet voran, und insofern muss der Jugendschutz immer wieder überprüft und weiterentwickelt werden, denn sonst sind wir in der Situation, dass wir nur noch reagieren können, und Sie erinnern sich wie viele Hörerinnen und Hörer ganz genau, als im Jahre 2002 der schreckliche Amoklauf in Erfurt stattfand, Robert Steinhäuser Mitschüler und Lehrerinnen und Lehrer tötete, da ging ein Aufschrei durch ganz Deutschland. Daraufhin wurde im nächsten Jahr der Jugendschutz in Deutschland noch einmal verbessert, weiterentwickelt, aber ich glaube, es ist immer wieder an der Zeit zu überprüfen, zu fragen, reichen die Standards aus, reicht die Selbstkontrolle aus, muss man hier etwas tun? Und das ist der Sinn der Regelung.
Degenhardt: Aber glauben Sie, dass Verbote wirklich weiterhelfen? Machen sie die Spiele nicht erst recht interessant?
Böhmer: Sie treffen natürlich einen wunden Punkt. In der Welt des Internets und im Bereich der Computerspiele mehr noch als im Fernsehbereich treffen wir auf eine Grenze, das heißt, Jugendliche handeln untereinander ja die Computerspiele, und insofern ist es wichtig, auf der einen Seite klar die Grenze aufzuzeigen durch ein rechtliches Verbot. Auf der anderen Seite müssen wir uns auch dessen bewusst sein, rechtliche Regelungen reichen allein nicht aus, sondern wir müssen auch präventiv arbeiten, das heißt, verstärkt in den Schulen, sogar schon im Kindergarten beginnend, Jugendliche auf den Umgang mit Medien vorbereiten, und Kinder müssen schon früh herangeführt werden, dass sie Medienkompetenz besitzen. Übrigens gilt das auch für die Eltern, für die Erzieherinnen und Erzieher und natürlich auch für die Lehrkräfte. Wir müssen fit sein in diesem Bereich, damit wir Gewalt vorbeugen können.
Degenhardt: Gerade laufen in Singapur die Weltmeisterschaften in Counterstrike, das ja so ein umstrittenes Computerspiel. Dessen Anhänger werfen nun der Politik vor, sie gehe reißerisch mit Begriffen wie Killerspiel um und negiere, dass die Spieler selbst sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Medien einsetzen. Also sind Sie zu schnell und zu oberflächlich mit ihren Urteilen?
Böhmer: Also ich habe mit vielen Jugendlichen darüber diskutiert, und das sind ja vornehmlich junge Männer, die diese Spiele spielen. Jetzt muss man noch mal sagen, was ist der Kern eines Killerspiels? Das heißt, zerstöre alles bis auf dich selbst, und das ist schon eine Botschaft, die bedeutet, dass Gewalt hier eingeübt wird, imitiert wird, und bei allen Argumenten, die mit dann entgegengehalten werden, wenn es heißt, hier kommt es auf Schnelligkeit an, auf strategisches Denken, das kann man auch mit anderen Inhalten trainieren, da kann auch viel Reiz in einer anderen Situation liegen, und hier müssen wir die Diskussion führen, auch mit den Jugendlichen, gerade mit den jungen Männern, die in den LAN-Partys sich treffen, warum muss es denn gerade diese Art der Gewaltdarstellung sein, wo ich den Gegner zerstören muss, wo Kampf die Losung ist und sonst kein anderes Konfliktlösungsmittel? Ich glaube, dass die Diskussion über Killerspiele mindestens genau so wichtig ist wie dann die rechtliche Überprüfung und die Verbotsregelung.
Degenhardt: Sie haben es schon angedeutet, letztlich geht es bei den Verboten immer um die Frage, inwieweit solche Spiele oder auch Filme und Musik verantwortlich sind für Gewalt, für Jugendgewalt. Ist ein solcher Zusammenhang aber nicht allzu schnell konstruiert?
Böhmer: Also wir wissen aus der vorhergehenden Diskussion über Gewalt im Fernsehen, dass es immer widerstreitende Auffassungen gab, aber im Bereich Gewalt im Fernsehen ist ja eindeutig geklärt worden, dass es einen Zusammenhang gibt. Jetzt ist es natürlich nicht so, Knopfdruck, und ein Kind oder ein Jugendlicher, der solche Szenen sieht oder solche Computerspiele spielt, wird anschließend gewalttätig. Aber wir müssen auch sehen, dass es andere Auswirkungen gibt. Es kann zu suchtartigen Entwicklungen kommen. Es kann zu einem erheblichen Leistungsdruck kommen, und es kann natürlich auch dazu kommen, dass sich nicht nur in diesen Bereichen etwas entwickelt, sondern Professor Früh von der Universität Leipzig hat sehr deutlich gesagt, was ist, wenn sich die kulturellen Standards der Toleranz gegenüber der Gewalt verändern? Das heißt, auch im alltäglichen Umgehen miteinander kann sich die Hemmschwelle verschieben, kann es zur Abstumpfung kommen und zur Toleranz von Gewalt im ganz alltäglichen Umgang. Auch das sind Entwicklungen, die wir sehr deutlich im Blick haben müssen, also nicht nur die spektakulären und schrecklichen Einzelfälle, wenn ein Amokläufer auftritt oder ein Jugendlicher gegenüber einem anderen gewalttätig wird, sondern hier haben wir eine Verschiebung der Grenzen, und deshalb glaube ich, ist es wichtig, dass wir eine gesellschaftliche Diskussion über diese Entwicklung führen, und ich bin sehr froh, dass wir jetzt wieder dieses Thema auf der Tagesordnung haben und nicht erst, wenn es wieder zu einer Gewalttat kommt.
Degenhardt: Der Kampf gegen die Medien, die der Gewalt huldigen, ob es sich nun um Musik, Bücher, Spiele handelt, das wäre doch auch eine klassische Aufgabe für eine künftige Kulturstaatsministerin. Wären Sie denn für diesen Job bereit? Ihr Name wird ja immer wieder genannt.
Böhmer: Also Sie versuchen jetzt, über ein Sachthema zu dem Personalthema zu kommen, aber ich glaube, beim Personalthema sollten wir die Entscheidungen dort belassen, wo sie sind, und deshalb bitte ich um Verständnis, wenn ich mich an Personalspekulationen momentan nicht beteilige.
Degenhardt: Vielen Dank für das Gespräch.
Böhmer: Die technische Entwicklung schreitet voran, und insofern muss der Jugendschutz immer wieder überprüft und weiterentwickelt werden, denn sonst sind wir in der Situation, dass wir nur noch reagieren können, und Sie erinnern sich wie viele Hörerinnen und Hörer ganz genau, als im Jahre 2002 der schreckliche Amoklauf in Erfurt stattfand, Robert Steinhäuser Mitschüler und Lehrerinnen und Lehrer tötete, da ging ein Aufschrei durch ganz Deutschland. Daraufhin wurde im nächsten Jahr der Jugendschutz in Deutschland noch einmal verbessert, weiterentwickelt, aber ich glaube, es ist immer wieder an der Zeit zu überprüfen, zu fragen, reichen die Standards aus, reicht die Selbstkontrolle aus, muss man hier etwas tun? Und das ist der Sinn der Regelung.
Degenhardt: Aber glauben Sie, dass Verbote wirklich weiterhelfen? Machen sie die Spiele nicht erst recht interessant?
Böhmer: Sie treffen natürlich einen wunden Punkt. In der Welt des Internets und im Bereich der Computerspiele mehr noch als im Fernsehbereich treffen wir auf eine Grenze, das heißt, Jugendliche handeln untereinander ja die Computerspiele, und insofern ist es wichtig, auf der einen Seite klar die Grenze aufzuzeigen durch ein rechtliches Verbot. Auf der anderen Seite müssen wir uns auch dessen bewusst sein, rechtliche Regelungen reichen allein nicht aus, sondern wir müssen auch präventiv arbeiten, das heißt, verstärkt in den Schulen, sogar schon im Kindergarten beginnend, Jugendliche auf den Umgang mit Medien vorbereiten, und Kinder müssen schon früh herangeführt werden, dass sie Medienkompetenz besitzen. Übrigens gilt das auch für die Eltern, für die Erzieherinnen und Erzieher und natürlich auch für die Lehrkräfte. Wir müssen fit sein in diesem Bereich, damit wir Gewalt vorbeugen können.
Degenhardt: Gerade laufen in Singapur die Weltmeisterschaften in Counterstrike, das ja so ein umstrittenes Computerspiel. Dessen Anhänger werfen nun der Politik vor, sie gehe reißerisch mit Begriffen wie Killerspiel um und negiere, dass die Spieler selbst sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Medien einsetzen. Also sind Sie zu schnell und zu oberflächlich mit ihren Urteilen?
Böhmer: Also ich habe mit vielen Jugendlichen darüber diskutiert, und das sind ja vornehmlich junge Männer, die diese Spiele spielen. Jetzt muss man noch mal sagen, was ist der Kern eines Killerspiels? Das heißt, zerstöre alles bis auf dich selbst, und das ist schon eine Botschaft, die bedeutet, dass Gewalt hier eingeübt wird, imitiert wird, und bei allen Argumenten, die mit dann entgegengehalten werden, wenn es heißt, hier kommt es auf Schnelligkeit an, auf strategisches Denken, das kann man auch mit anderen Inhalten trainieren, da kann auch viel Reiz in einer anderen Situation liegen, und hier müssen wir die Diskussion führen, auch mit den Jugendlichen, gerade mit den jungen Männern, die in den LAN-Partys sich treffen, warum muss es denn gerade diese Art der Gewaltdarstellung sein, wo ich den Gegner zerstören muss, wo Kampf die Losung ist und sonst kein anderes Konfliktlösungsmittel? Ich glaube, dass die Diskussion über Killerspiele mindestens genau so wichtig ist wie dann die rechtliche Überprüfung und die Verbotsregelung.
Degenhardt: Sie haben es schon angedeutet, letztlich geht es bei den Verboten immer um die Frage, inwieweit solche Spiele oder auch Filme und Musik verantwortlich sind für Gewalt, für Jugendgewalt. Ist ein solcher Zusammenhang aber nicht allzu schnell konstruiert?
Böhmer: Also wir wissen aus der vorhergehenden Diskussion über Gewalt im Fernsehen, dass es immer widerstreitende Auffassungen gab, aber im Bereich Gewalt im Fernsehen ist ja eindeutig geklärt worden, dass es einen Zusammenhang gibt. Jetzt ist es natürlich nicht so, Knopfdruck, und ein Kind oder ein Jugendlicher, der solche Szenen sieht oder solche Computerspiele spielt, wird anschließend gewalttätig. Aber wir müssen auch sehen, dass es andere Auswirkungen gibt. Es kann zu suchtartigen Entwicklungen kommen. Es kann zu einem erheblichen Leistungsdruck kommen, und es kann natürlich auch dazu kommen, dass sich nicht nur in diesen Bereichen etwas entwickelt, sondern Professor Früh von der Universität Leipzig hat sehr deutlich gesagt, was ist, wenn sich die kulturellen Standards der Toleranz gegenüber der Gewalt verändern? Das heißt, auch im alltäglichen Umgehen miteinander kann sich die Hemmschwelle verschieben, kann es zur Abstumpfung kommen und zur Toleranz von Gewalt im ganz alltäglichen Umgang. Auch das sind Entwicklungen, die wir sehr deutlich im Blick haben müssen, also nicht nur die spektakulären und schrecklichen Einzelfälle, wenn ein Amokläufer auftritt oder ein Jugendlicher gegenüber einem anderen gewalttätig wird, sondern hier haben wir eine Verschiebung der Grenzen, und deshalb glaube ich, ist es wichtig, dass wir eine gesellschaftliche Diskussion über diese Entwicklung führen, und ich bin sehr froh, dass wir jetzt wieder dieses Thema auf der Tagesordnung haben und nicht erst, wenn es wieder zu einer Gewalttat kommt.
Degenhardt: Der Kampf gegen die Medien, die der Gewalt huldigen, ob es sich nun um Musik, Bücher, Spiele handelt, das wäre doch auch eine klassische Aufgabe für eine künftige Kulturstaatsministerin. Wären Sie denn für diesen Job bereit? Ihr Name wird ja immer wieder genannt.
Böhmer: Also Sie versuchen jetzt, über ein Sachthema zu dem Personalthema zu kommen, aber ich glaube, beim Personalthema sollten wir die Entscheidungen dort belassen, wo sie sind, und deshalb bitte ich um Verständnis, wenn ich mich an Personalspekulationen momentan nicht beteilige.
Degenhardt: Vielen Dank für das Gespräch.