"Ach du heilige Makrele!"
Mit seinen Schmähversen auf den türkischen Präsidenten Erdogan hat der Satiriker Jan Böhmermann sogar die Kanzlerin verärgert. In seiner ersten Sendung danach hat er sich statt der türkischen Regierung andere Feindbilder vorgeknöpft: Saarländer. Ein chaotischer Comedy-Abend.
"Die Witze in unserer Sendung könnten heute ein kleines bisschen schlechter werden. Wir sind normalerweise hohe Qualität gewohnt – heute kann es anders sein, weil Beatrice von Storch ihren Rundfunkbeitrag nicht gezahlt hat."
Ja, natürlich gab es diesmal keine guten Witze wegen der AfD-Vizechefin, die sauer ist wegen einer Satiresendung - kein Zusammenhang mit dem Ärger wegen des beleidigenden Schmähgedichts gegen Erdogan.
#witzefrei lautete das Motto dieser Ausgabe, und natürlich war es außerordentlich spannend, sich zu überlegen, was Jan Böhmermann in dieser ersten Neomagazin-Royale-Sendung nach der deutsch-türkischen Satire-Staatskrise liefern würde - seinen Fans und den aufrechten Fernsehzuschauern, die sich freuen, wenn im TV mal jemand unangenehme Sachen für sie ausspricht. Doch wer erwartet hatte, daß Böhmermann in dieser Sendung den finalen Schlag ansetzt: sich selbst ans Kreuz nagelt, indem er da nochmal nachlegt, der kennt nicht diesen chronischen Verletzer der Zuschauererwartungshaltung.
"O Böhmie tanz doch mal, mach doch mal Faxen, mal gucken, was die Kanzlerin dazu sagt."
Allerdings ist ja das übliche Vorgehen der meisten Redaktionen bei schwebenden Unannehmlichkeiten auch: Dieser Skandal wird nicht erwähnt!
Zu Gast war Anne Will
Stattdessen hatte Böhmerman – was ja auch ein unterschwelliges Statement ist - die Elder Stateswoman des seriösen Fernsehens Anne Will eingeladen. Und sie war es, die im banalen Geplauder über Handyempfang und Händeschütteln die deutlichsten Anspielungen auf den aufgebauschten Skandal um die Freiheit der Satire lieferte.
"Also wir hatten das Thema Türkei vor, und da haben wir sehr lange drüber nachgedacht: Wer könnte ein geeigneter Gast sein. Und da haben wir schon mal über dich nachgedacht und so, aber... Würdest du es machen?"
Im Großen und Ganzen spiegelte diese Sendung genau das wieder, was Böhmermann mit seiner Erdogan-Beschimpfung letzte Woche angerichtet hat – auf dem Tanzparkett der Diplomatie und in der Chefetage des ZDF: Chaos!
Auch Til Schweiger kommt wieder vor
Es gab platte, diskrimierende Witze über Saarländer – und ein paar laue Anspielungen auf Jobs, die er sich gerade anguckt (um dann auf Til Schweigers Online-Shop mit seinen Lieblingsprodukten zu kommen) – und damit wir das nicht vergessen, nochmal Einblicke in das real existierende alltägliche Fernsehgedudel auf allen Kanälen – das dann tatsächlich zum gewollten viertelstündigen Durcheinander ausartete: optisch mit wüsten Schnitten und Bildverfremdungen wie in der LSD-Zeit, akustisch mit wildem Getöse und inhaltlich, weil nichts mehr passte.
Was wollte uns Jan Böhmermann damit wohl sagen?
"Ich.. ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin sprachlos", twitterte jemand, und ein anderer: "Böhmi bleibt halt seiner Linie treu, nicht über die großen Geschichten zu sprechen." Und Anne Will konstatierte nach der Chaos-Collage:
"Also wirklich sehr gelungen, etwas verwirrend vielleicht, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das auch wieder sehr gut ankommen wird."
"Ach du heilige Makrele!"