Bohlen in Eberbach

Ärger über DSDS-Finale im Kloster

Das historische Kloster Eberbach in Eltville. Das 1135 als Tochterkloster von Clairvaux (Burgund) gegründete Zisterzienserkloster besaß beträchtliche wirtschaftliche Bedeutung (Weinanbau und Weinhandel). Im Jahre 1803 wurde das Kloster säkularisiert.
Das historische Kloster Eberbach in Eltville. © picture alliance / dpa / Horst Ossinger
Von Ludger Fittkau |
Im April überträgt RTL die Show "Deutschland sucht den Superstar" aus dem Kloster Eberbach. Hier wurde auch der Roman "Der Name der Rose" verfilmt. Während man im Rheingau über die Verfilmung im Kloster stolz ist, scheiden sich an Dieter Bohlen die Geister.
Brigitte Felber öffnet die Türen zum Kreuzgang des Klosters Eberbach. Imposante weiße Kuppelgewölbe sind mit roten Schmucksteinen abgesetzt, entlang der Wände sind alte Grabsteine aufgereiht. Die Schwäbin Brigitte Felber, die hier seit zwei Jahrzehnten das Museum hütet, deutet auf Tierköpfe auf einem Mauerabsatz:
"Ochsen- und Einhornköpfe. Das steht für die Enthaltsamkeit und Einsamkeit der Zisterzienser."
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Das Kloster Eberbach© Deutschlandradio - Ludger Fittkau

Hier ist nichts schrill und marktschreierisch

Die riesige mittelalterliche Klosteranlage bietet den größtmöglichen Kontrast zur RTL-Show "Deutschland sucht den Superstar". Nichts ist hier schrill und marktschreierisch. Die in der Bausubstanz gut erhaltene Zisterzienserabtei aus dem 12. Jahrhundert liegt ein wenig versteckt am Rande der weitläufigen Weinberge des Rheingaus in einem kleinen, bewaldeten Bachtal.
Still ist es hier, besonders im Winter. Die große Basilika des seit 1803 säkularisierten Klosters ist nicht heizbar. Im April, wenn hier die Sendung "Deutschland sucht den Superstar" stattfinden soll, kann es immer noch kalt sein.

Frösteln ist angesagt

Auch Sean Connery fror einst bei den Dreharbeiten zur Verfilmung von "Der Name der Rose" des gerade verstorbenen Umberto Eco erleben. Aufs Frösteln muss sich also auch Publikum der Bohlen-Show einstellen. Allerdings: Systematische Herabwürdigungen von Mitwirkenden, wie in den aktuellen Vorrunden der Show- den sogenannten "Castings"- soll es in der Klosterbasilika nicht geben, verspricht Martin Blach, Theologe und geschäftsführender Vorstand des Klosters Eberbach:
"Radikale Dinge finden hier kein Platz und alles was in eine Schmuddelecke geht, findet hier auch kein Platz."
Die Schmuddelecke - genau dort verortet sehen Kritiker die RTL-Show um Moderator Dieter Bohlen jedoch seit Langem. Der Sendung wird vorgeworfen, sie bediene voyeuristische Bedürfnisse der Zuschauer, in dem sie systematisch Menschen erniedrige, sie als bedauernswerte Freaks vorführe.
Doch die Stiftung, die das im Kloster im Staatsbesitz bewirtschaftet, ist sie für die Einnahmen durch die Bohlen-Show dankbar. Der Erhalt und Betrieb des Kulturdenkmals von europäischem Rang verschlinge mehrere tausend Euro am Tag, argumentiert Kloster-Geschäftsführer Thomas Blach, ein gelernter Theologe. Allzu wählerisch könne man da nicht sein:
"Und das ist auch die Chance für die Sendung, dass wir zeigen, wir rufen nicht immer nach dem Steuerzahler, sondern wir können die Anlage auch wirtschaftlich fahren mit Kundinnen und Kunden."
Der Produzent und Jurymitglied Dieter Bohlen sitzt bei einem Casting für "Deutschland sucht den Superstar" im Mediapark in Köln auf einer Bühne.
Dieter Bohlen© dpa / picture alliance / Jörg Carstensen

Bürgermeister hat nichts gegen die Bohlen-Show

Eltville heißt die schmucke Kleinstadt am Rhein, zu deren Stadtgebiet das Kloster Eberbach gehört. Im Rathaus betont Bürgermeister Patrick Kunkel, dass er nichts gegen die Bohlen-Show in der Basilika des Klosters einzuwenden habe. Im Gegenteil:
"Wenn man sieht, was jetzt für eine Werbewelle über den Rheingau hineinbricht. Gestern habe ich in der Neuen Luzerner Zeitung gelesen. Aus ganz Europa schlägt diese Schlagzeile Bohlen geht, Klammer auf, endlich, Klammer zu, ins Kloster. Das ist schon ein Knaller. Da muss man die Werbung mitnehmen."
Bürgermeister Patrick Kunkel weiß jedoch, dass im Rheingau das längst nicht alle so sehen wie er. Die Grünen in seiner Stadt warnen vor dem Ausverkauf des Klosters, örtliche Kulturvereine sind entsetzt.
Collage Klosterbesucher
Der bedeutendste Kulturveranstalter im Rheingau ist das alljährlich im Sommer stattfindende "Rheingau-Musik-Festival". Auch im Kloster Eberbach finden klassische Konzerte statt, die Intendant Michael Herrmann mit seinem Team organisiert. Er sorgt sich jedoch nicht darum, dass die Bohlen-Show sein Publikum verschrecken könnte:
"Und im Übrigen war Herr Bohlen auch schon im Staatstheater Wiesbaden und was weiß ich wo er schon überall war."
Weil das Kloster Eberbach auch Weingut ist und dem Land Hessen gehört, ist die grüne Landwirtschaftsministerin Priska Hinz Vorsitzende des Kuratoriums der Klosterstiftung. Sie unterstütze die Entscheidung für Bohlen in der Basilika ausdrücklich, lässt sie mitteilen. Die grüne Basis in Eltville, die das ganz anders sieht, hat ihrer prominenten Parteifreundin nun einen Protest-Brief geschrieben. Die Antwort steht noch aus.
Klar ist: Die Show wird durch den grünen Basisprotest nicht gestoppt werden. Die Verträge sind unterzeichnet, Dieter Bohlen und sein Team wird im April kommen. Mit der Stille im Bachtal über den Weinbergen wird es dann für einige Tage vorbei sein. Das mittelalterliche Kulturgut wird zur Kulisse für das umstrittene TV-Event.
Mehr zum Thema