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Fantastische Freiheit
Eine Musik, die im ungehemmten Fluss zu sich selbst findet, eine Sinfonie der Freiheit – das gelang dem tschechischen Komponisten Bohuslav Martinů 1953. Auch wenn das Werk nie populär wurde: Seine Qualitäten werden mehr und mehr anerkannt.
Er war einer der originellsten und erstaunlichsten Komponisten des 20. Jahrhunderts: Bohuslav Martinů – geboren 1890 in einer Kleinstadt des böhmisch-mährischen Grenzgebietes, gestorben nach langen Jahren des Exils 1959 in der Schweiz. Seine Sechste ist ein eindrucksvolles sinfonisches Schlusswort.
Im Vergleich zu anderen mittel- und osteuropäischen Komponisten seiner Zeit hat Bohuslav Martinů (1890-1959) in puncto Aufführungen und Einspielungen Glück gehabt. Denn obwohl er nie große Popularität erlangte, war er auch nie ganz vergessen, wofür schon die tschechischen Granden des Taktstocks sorgten – Dirigenten wie Václav Talich, Karel Ančerl, Rafael Kubelik, Václav Neumann und Jiří Bělohlávek.
In den USA gab es ebenfalls Pionier-Aufführungen von Martinůs Werken. Nahezu alle bedeutenden Dirigenten der "Big Five"-Orchester waren daran beteiligt, etwa George Szell, Eugene Ormandy, Sergej Kussewitzky, Leopold Stokowski und ganz besonders Charles Münch mit dem Boston Symphony Orchestra.
Späte Rückkehr zur Sinfonie
In seinen späten Jahren im Exil hatte sich Martinů auf Kammermusik konzentriert, aber es entstanden mit dem Dritten Klavierkonzert und dem Rhapsodie-Konzert für Bratsche auch zwei herausragende Orchesterwerke. Zur Gattung der Sinfonie kehrte er nur noch einmal zurück – sein sechster und letzter Beitrag dazu wurde im April 1951 in New York begonnen und im Mai 1953 in Paris abgeschlossen.
Martinů nannte für die Entstehung seiner Sechsten einen eher lapidaren Grund: "Ich wünschte, eine Geschichte für Charles Münch zu machen. Seine spontane Annäherung an die Musik, wodurch sie in freier Art ihre Form gewinnt und ungehemmt fließt und ihrer Bewegung folgt, das macht auf mich einen tiefen Eindruck."
Geheimnisvoller Ausdruck
Der Durchbruch zu einem völlig freien, nur von der Fantasie geleiteten Komponieren war jedoch mit Zweifeln verbunden. Martinů sprach von einem Werk ohne Form, ja von Chaos: "Aber etwas hält sie zusammen, ich weiß nicht was, aber es hat Linie, und ich habe darin etwas ausgedrückt."
Sein Bemühen, die tatsächlichen Hintergründe dieser Sinfonie zu verschleiern, führte zu Problemen bezüglich der Bezeichnung – schließlich wurden die "Fantaisies symphoniques" daraus. Ihre Herausforderungen nehmen mehr und mehr Orchester gerne an.