Born to be wild
Die Motorradmarke Harley Davidson steht noch immer für ein Lebensgefühl, das durch den Film "Easy Rider" geprägt wurde. Zwar ist der durchschnittliche Harley-Fahrer hierzulande eher ein gesetzter Herr jenseits der 50, doch der Mythos Harley Davidson wird nach Ansicht von "Werner"-Erfinder Rötger Feldmann alias Brösel auch weiter bestehen.
Matthias Hanselmann: Am Telefon ist jetzt für uns Rötger Feldmann, Künstlername Brösel, Erfinder und Zeichner der legendären Werner-Comics, die auch als Kinoverfilmungen Millionen von Zuschauern begeisterten. Guten Tag!
Rötger Feldmann (Brösel): Guten Tag!
Hanselmann: In der anderen Leitung ist Michael Pfeifer, er ist Chefredakteur der Zeitschrift "Motorrad". Guten Tag, Herr Pfeifer!
Michael Pfeifer: Guten Tag!
Hanselmann: Werden Sie auch bei den Harley Days in Hamburg mitmischen?
Pfeifer: Dieses Mal sind wir nicht dabei, aber wir waren schon Medienpartner von den Harley Days.
Hanselmann: Sie wissen also bestens, worum es da geht?
Pfeifer: Ja, ja.
Hanselmann: Brösel, als wir Sie gestern angerufen haben, um das Gespräch zu vereinbaren, da kamen Sie direkt vom Schrauben an irgendeinem Motorrad. Tun Sie das täglich?
Brösel: Nein, das mache ich nicht täglich. Also ich sitze sehr viel und muss immer, wir machen ja Filmdrehbuch gerade neu, und ich mache meine Kalender, meine Bücher. Und da habe ich immer ein bisschen zu tun. Und das Motorrad, da habe ich dran geschraubt, weil jetzt Harley Days sind und weil ich jetzt auch da bin, habe ich das mal angegangen, das Ding anzumelden. Und das hat jetzt eine ganze Woche gedauert, diese ganze Arie mit dem TÜV und mit der Zulassungsstelle. Und das ist ein bisschen schwierig, so ein altes Motorrad immer zuzulassen.
Hanselmann: Wer weiß, was Sie da auch alles rangeschraubt haben, was nicht erlaubt ist.
Brösel: Nein, das ist ja gerade umgekehrt, was man nicht drangeschraubt hat. Ein abgespecktes Flacheisen sozusagen.
Hanselmann: Abgespecktes Flacheisen, wollen Sie mit dem Teil da nach Hamburg fahren?
Brösel: Ja, ich habe das geschafft, das zuzulassen, also habe das zugelassen bekommen, und jetzt geht es nach Hamburg.
Hanselmann: Super. Sie leben auf einem Hof in Schleswig-Holstein mit Ihrer Frau und wie viel Motorrädern?
Brösel: Einmal der Red Porsche Killer steht hier, da steht das legendäre Teil mit den vier Motoren.
Hanselmann: Mit den Horex-Motoren?
Brösel: Das sind aber Sachen, die nicht zugelassen sind, das sind da eben halt spezielle Rennmaschinen für die Rennstrecke.
Hanselmann: Auf Privatgelände darf man die aber in Betrieb nehmen?
Brösel: Ja.
Hanselmann: Und insgesamt, wie viel, nur, damit ich mir das vorstellen kann.
Brösel: Also der Red Porsche Killer, die Dolmette, das Ding mit den Kettensägen-Motoren, die Satte-Liter-Schüssel, der Eigenbau mit dem Einzylinder, 1.400 Kubik Einzylinder mit der Holzgabel. Dann habe ich noch die Hofratte, das ist so ein altes Gespann, das tut hier auf dem Hof noch seinen Dienst zum Werkzeug-Fahren und so was alles. Dann habe ich noch das Flacheisen, das ist so ein kleiner zurechtgemachter Chopper, der hat mal im ersten "Werner"-Film mitgespielt. Dann habe ich noch eine Harley-Davidson, da fahre ich jetzt mit zu den Harley Days.
Hanselmann: Herr Pfeifer, wenn Sie das hören, geht Ihnen da das Herz auf?
Pfeifer: Na ja, wir kennen den Herrn Brösel ja schon lange. Es fing damit an, dass ich ihn gelesen habe als einer der allerersten Leser, mich komplett schlapp gelacht habe, und irgendwann war er dann mit seinem Red Porsche Killer auch auf dem "Motorrad"-Titel drauf.
Hanselmann: Brösel, Sie werden am Wochenende in der Jury der Ride-In-Bike Show sitzen bei den Harley-Tagen in Hamburg. Was wird es denn da zu sehen geben?
Brösel: Ja, da sind ja verschiedene Klassifizierungen. Da werden die besten Motorräder qualifi…, klassifi…, nee, wie heißt das, was wollte ich sagen.
Pfeifer: Prämieren wollte er sagen.
Brösel: Prämiert werden die, ja. Das geht von der Bio-Harley bis zum abgespeckten Ratten-Bike oder so was. Also es sind verschiedene Klassen.
Hanselmann: Da werden auch Motorräder dabei sein, an denen so viel zusätzlich gebaut wurde und dazugebaut wurde, dass man sie als Harley gar nicht mehr erkennen kann, glaube ich.
Brösel: Doch, das schon. Der Motor ist ja immer das Markante der Harley, der ist ja immer da. Das wird man schon erkennen können. Eine Harley ist ja nun was ganz Tolles. Wenn man jetzt die Augen zumacht und lässt diverse Motorräder vorbeiknattern, also die Harley, die kann man schon heraushören.
Hanselmann: Am Sound zu erkennen.
Brösel: Sound, ja. Das Beste an der ganzen Sache.
Hanselmann: Brösel, wen erwarten Sie da, wenn Sie selber hinfahren, Sie sind ja auch nicht mehr der Jüngste, ich glaube 58. Überwiegend ältere Herren mit Fransenjacken und dicken Bäuchen?
Brösel: Ich sage immer, der Club der Silberpappeln. Ich bin ja nun selber schon so alt. Die Jugend, ich weiß nicht, die können sich das vielleicht heutzutage gar nicht mehr leisten oder das macht zu viel Arbeit, an einer Harley rumzuschrauben. Die meisten Leute kaufen sich ja immer fertige Motorräder. Die meisten Harley-Fahrer, das sind ja alles so Schrauber, die sich ihre Sachen individuell zusammenschrauben. Und da wird sich kein Motorrad vom anderen unterscheiden. Das sind alles diverse Teile, die da jetzt kommen.
Hanselmann: Alles vom Feinsten sozusagen. Aber das kostet natürlich alles auch sein Geld, und nun die Frage an den Journalisten Herrn Pfeifer von der Zeitschrift "Motorrad". Was sagen Sie denn zu unserer These, dass Motorradfahren inzwischen zum Rentnerhobby geworden ist?
Pfeifer: Rentnerhobby ist es noch nicht, der durchschnittliche Motorradfahrer ist 39,6 Jahre alt.
Hanselmann: Das geht ja.
Pfeifer: Das wissen wir immer, weil wir ja auch von denen leben. – Geht ja noch. Es ist so, dass wir natürlich schon sehen, dass die Motorradfahrer älter werden, und es ist auch so, und das sieht der Brösel auch ganz richtig, der Nachwuchs fehlt da schon ein bisschen.
Hanselmann: Reagiert denn die Motorradindustrie auf diese Tatsachen dahingehend, dass sie jetzt immer mehr gemütliche Motorräder für ältere Herrschaften bauen oder tun sie auch was für die Jungen. Jetzt will ich aber mal so sagen: teure Harleys für die Alten und kleine und billige Reiskocher, also japanische Motorräder, für die Jungen?
Pfeifer: Leider haben sie es lange Zeit verschlafen, vor allem die japanischen Hersteller haben für die Kids nichts mehr gebaut, das muss man ehrlich sagen. Wenn man zurückdenkt, so in die 70er, da gab es ja noch das ganze Kreidler-, Herkules- und Zündapp-Zeugs …
Brösel: Das ist ja auch schlimm. Das habe ich in meinem letzten Band ja auch so ein bisschen angeprangert. Ich habe so ein Buch gemacht mit "Werner", das heißt "Freie Bahn mit Marzipan", da sind die Kiddies von den Rockern, die fahren jetzt alle Motorroller, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt.
Pfeifer: Stell dir das mal vor, wir wären früher Roller gefahren, wir wären erschlagen worden.
Brösel: Na klar. Ich finde, diese Roller, das ist das Letzte. Wir haben damals immer schon gesagt, Mensch, Motorroller, das sind doch keine Motorräder, das sind Toiletten auf zwei Rädern. So sehen die auch wirklich aus, die Dinger. Und heute fährt jeder Hans und Franz mit dem Ding rum. Ich finde das ganz schön traurig …
Hanselmann: Es hat so eine richtige Renaissance der Vespa gegeben, das stimmt schon, das kann man feststellen bei den jungen Leuten.
Pfeifer: Eine grausame Geschichte
Brösel: Alles von der Regierung wegsaniert worden, die 50er, haben sie platt gemacht. Es gab ja früher sogar eine Rennklasse mit 50ern und so, das war fantastisch. Das war prima. Und diese ganze interessante Sache, das ist alles von diesen Paragrafenreitern und Sesselfurzern wegregiert worden.
Hanselmann: Besteht aber trotzdem, Herr Pfeifer, auch noch Bedarf, sozusagen Handlungsbedarf bei der Motorradindustrie, Sie müssen wieder was für die jüngeren Kunden tun?
Pfeifer: Ja, das ist richtig. Beispielsweise Yamaha bringt jetzt endlich mal wieder eine 125er, die geil aussieht, die YZF 125. Habe ich gerade über Mittag gefahren, ist geil. Ich sag mal, da gucken die schon wieder hin. Wir haben jetzt eine Geschichte gemacht mit dem Stefan Bradl, der ja in der Weltmeisterschaft ganz gut mitfährt, er ist jetzt 18 geworden, und der hat die ganzen 125er, die es jetzt gibt, mal getestet. Und der sagt auch, ist gar nicht so schlecht inzwischen wieder. Aber sie haben halt 10, 15 Jahre nichts getan.
Hanselmann: Da kommt ein Motorrad, mit dem man sich nicht zu schämen braucht, wenn man keinen Einser hat, auf uns zu, und da sollte mehr passieren. Brösel, was meinen Sie, Sie sind ja, wie gesagt, ein Vertreter der älteren Biker-Generation, was bedeutet Ihnen heute Motorradfahren und Motorrad-Basteln, was verbinden Sie damit? Immer noch Freiheit, Unabhängigkeit, Coolness?
Brösel: Ich hab das schon lange nicht mehr gemacht. Ich freue mich ja nun auch schon drauf, mal wieder auf dem Teil zu sitzen. Ich habe ja lange nicht Motorrad gefahren, weil ich so viel gearbeitet habe. Und mir hat das auch immer nicht geschmeckt mit den Behörden – dies soll nicht und das soll nicht und dies darf nicht und das Nummernschild muss so angebaut werden. Also wie ich das Nummernschild angebaut habe mit dem TÜV-Prüfer, das Ding sah aus wie eine Schiebkarre. Das passte überhaupt nicht zusammen, das Ganze, irgendwie.
Hanselmann: Sie waren schon immer ein Feind der Bürokratie, das ist klar.
Brösel: Der Kampf um die Nummernschilder, dass man kleine Nummern kriegt und so, das ist alles so was marode, diese Leute, die das da bestimmen, die haben überhaupt keine Ahnung vom Motorradfahren. Und das macht mich irgendwie immer sauer.
Hanselmann: Gut, jetzt kommt es aber wieder zum Tragen bzw. es darf Sie tragen. Herr Pfeifer, die Zeiten von Easy Rider, sind sie Geschichte oder ist noch was geblieben vom alten Biker-Mythos?
Pfeifer: Ich denke schon, dass es ziemlich Geschichte ist. Wenn Sie heute sehen, dass 3,6 Millionen Motorräder in Deutschland Bestand sind und auch gefahren werden, da sind wenig Easy Rider dabei. Da sind ganz viele dabei, die ganz normal mit dem Motorrad am Wochenende spazieren fahren, in die Alpen fahren, irgendwo in die Mittelgebirge fahren und ihren Spaß haben. Im Vergleich zu den 70er Jahren, als es mal 400.000, 500.000 Biker gab, ist es heute eine Massenbewegung.
Hanselmann: Vielen Dank Ihnen beiden. Die Hamburg Harley Days ab morgen bis Sonntag in Hamburg St. Pauli. Vielen Dank an Rötger Feldmann alias Brösel und danke auch an Michael Pfeifer, Chefredakteur von "Motorrad". Tschüss, schönen Tag noch.
Brösel/Pfeifer: Tschüss.
Rötger Feldmann (Brösel): Guten Tag!
Hanselmann: In der anderen Leitung ist Michael Pfeifer, er ist Chefredakteur der Zeitschrift "Motorrad". Guten Tag, Herr Pfeifer!
Michael Pfeifer: Guten Tag!
Hanselmann: Werden Sie auch bei den Harley Days in Hamburg mitmischen?
Pfeifer: Dieses Mal sind wir nicht dabei, aber wir waren schon Medienpartner von den Harley Days.
Hanselmann: Sie wissen also bestens, worum es da geht?
Pfeifer: Ja, ja.
Hanselmann: Brösel, als wir Sie gestern angerufen haben, um das Gespräch zu vereinbaren, da kamen Sie direkt vom Schrauben an irgendeinem Motorrad. Tun Sie das täglich?
Brösel: Nein, das mache ich nicht täglich. Also ich sitze sehr viel und muss immer, wir machen ja Filmdrehbuch gerade neu, und ich mache meine Kalender, meine Bücher. Und da habe ich immer ein bisschen zu tun. Und das Motorrad, da habe ich dran geschraubt, weil jetzt Harley Days sind und weil ich jetzt auch da bin, habe ich das mal angegangen, das Ding anzumelden. Und das hat jetzt eine ganze Woche gedauert, diese ganze Arie mit dem TÜV und mit der Zulassungsstelle. Und das ist ein bisschen schwierig, so ein altes Motorrad immer zuzulassen.
Hanselmann: Wer weiß, was Sie da auch alles rangeschraubt haben, was nicht erlaubt ist.
Brösel: Nein, das ist ja gerade umgekehrt, was man nicht drangeschraubt hat. Ein abgespecktes Flacheisen sozusagen.
Hanselmann: Abgespecktes Flacheisen, wollen Sie mit dem Teil da nach Hamburg fahren?
Brösel: Ja, ich habe das geschafft, das zuzulassen, also habe das zugelassen bekommen, und jetzt geht es nach Hamburg.
Hanselmann: Super. Sie leben auf einem Hof in Schleswig-Holstein mit Ihrer Frau und wie viel Motorrädern?
Brösel: Einmal der Red Porsche Killer steht hier, da steht das legendäre Teil mit den vier Motoren.
Hanselmann: Mit den Horex-Motoren?
Brösel: Das sind aber Sachen, die nicht zugelassen sind, das sind da eben halt spezielle Rennmaschinen für die Rennstrecke.
Hanselmann: Auf Privatgelände darf man die aber in Betrieb nehmen?
Brösel: Ja.
Hanselmann: Und insgesamt, wie viel, nur, damit ich mir das vorstellen kann.
Brösel: Also der Red Porsche Killer, die Dolmette, das Ding mit den Kettensägen-Motoren, die Satte-Liter-Schüssel, der Eigenbau mit dem Einzylinder, 1.400 Kubik Einzylinder mit der Holzgabel. Dann habe ich noch die Hofratte, das ist so ein altes Gespann, das tut hier auf dem Hof noch seinen Dienst zum Werkzeug-Fahren und so was alles. Dann habe ich noch das Flacheisen, das ist so ein kleiner zurechtgemachter Chopper, der hat mal im ersten "Werner"-Film mitgespielt. Dann habe ich noch eine Harley-Davidson, da fahre ich jetzt mit zu den Harley Days.
Hanselmann: Herr Pfeifer, wenn Sie das hören, geht Ihnen da das Herz auf?
Pfeifer: Na ja, wir kennen den Herrn Brösel ja schon lange. Es fing damit an, dass ich ihn gelesen habe als einer der allerersten Leser, mich komplett schlapp gelacht habe, und irgendwann war er dann mit seinem Red Porsche Killer auch auf dem "Motorrad"-Titel drauf.
Hanselmann: Brösel, Sie werden am Wochenende in der Jury der Ride-In-Bike Show sitzen bei den Harley-Tagen in Hamburg. Was wird es denn da zu sehen geben?
Brösel: Ja, da sind ja verschiedene Klassifizierungen. Da werden die besten Motorräder qualifi…, klassifi…, nee, wie heißt das, was wollte ich sagen.
Pfeifer: Prämieren wollte er sagen.
Brösel: Prämiert werden die, ja. Das geht von der Bio-Harley bis zum abgespeckten Ratten-Bike oder so was. Also es sind verschiedene Klassen.
Hanselmann: Da werden auch Motorräder dabei sein, an denen so viel zusätzlich gebaut wurde und dazugebaut wurde, dass man sie als Harley gar nicht mehr erkennen kann, glaube ich.
Brösel: Doch, das schon. Der Motor ist ja immer das Markante der Harley, der ist ja immer da. Das wird man schon erkennen können. Eine Harley ist ja nun was ganz Tolles. Wenn man jetzt die Augen zumacht und lässt diverse Motorräder vorbeiknattern, also die Harley, die kann man schon heraushören.
Hanselmann: Am Sound zu erkennen.
Brösel: Sound, ja. Das Beste an der ganzen Sache.
Hanselmann: Brösel, wen erwarten Sie da, wenn Sie selber hinfahren, Sie sind ja auch nicht mehr der Jüngste, ich glaube 58. Überwiegend ältere Herren mit Fransenjacken und dicken Bäuchen?
Brösel: Ich sage immer, der Club der Silberpappeln. Ich bin ja nun selber schon so alt. Die Jugend, ich weiß nicht, die können sich das vielleicht heutzutage gar nicht mehr leisten oder das macht zu viel Arbeit, an einer Harley rumzuschrauben. Die meisten Leute kaufen sich ja immer fertige Motorräder. Die meisten Harley-Fahrer, das sind ja alles so Schrauber, die sich ihre Sachen individuell zusammenschrauben. Und da wird sich kein Motorrad vom anderen unterscheiden. Das sind alles diverse Teile, die da jetzt kommen.
Hanselmann: Alles vom Feinsten sozusagen. Aber das kostet natürlich alles auch sein Geld, und nun die Frage an den Journalisten Herrn Pfeifer von der Zeitschrift "Motorrad". Was sagen Sie denn zu unserer These, dass Motorradfahren inzwischen zum Rentnerhobby geworden ist?
Pfeifer: Rentnerhobby ist es noch nicht, der durchschnittliche Motorradfahrer ist 39,6 Jahre alt.
Hanselmann: Das geht ja.
Pfeifer: Das wissen wir immer, weil wir ja auch von denen leben. – Geht ja noch. Es ist so, dass wir natürlich schon sehen, dass die Motorradfahrer älter werden, und es ist auch so, und das sieht der Brösel auch ganz richtig, der Nachwuchs fehlt da schon ein bisschen.
Hanselmann: Reagiert denn die Motorradindustrie auf diese Tatsachen dahingehend, dass sie jetzt immer mehr gemütliche Motorräder für ältere Herrschaften bauen oder tun sie auch was für die Jungen. Jetzt will ich aber mal so sagen: teure Harleys für die Alten und kleine und billige Reiskocher, also japanische Motorräder, für die Jungen?
Pfeifer: Leider haben sie es lange Zeit verschlafen, vor allem die japanischen Hersteller haben für die Kids nichts mehr gebaut, das muss man ehrlich sagen. Wenn man zurückdenkt, so in die 70er, da gab es ja noch das ganze Kreidler-, Herkules- und Zündapp-Zeugs …
Brösel: Das ist ja auch schlimm. Das habe ich in meinem letzten Band ja auch so ein bisschen angeprangert. Ich habe so ein Buch gemacht mit "Werner", das heißt "Freie Bahn mit Marzipan", da sind die Kiddies von den Rockern, die fahren jetzt alle Motorroller, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt.
Pfeifer: Stell dir das mal vor, wir wären früher Roller gefahren, wir wären erschlagen worden.
Brösel: Na klar. Ich finde, diese Roller, das ist das Letzte. Wir haben damals immer schon gesagt, Mensch, Motorroller, das sind doch keine Motorräder, das sind Toiletten auf zwei Rädern. So sehen die auch wirklich aus, die Dinger. Und heute fährt jeder Hans und Franz mit dem Ding rum. Ich finde das ganz schön traurig …
Hanselmann: Es hat so eine richtige Renaissance der Vespa gegeben, das stimmt schon, das kann man feststellen bei den jungen Leuten.
Pfeifer: Eine grausame Geschichte
Brösel: Alles von der Regierung wegsaniert worden, die 50er, haben sie platt gemacht. Es gab ja früher sogar eine Rennklasse mit 50ern und so, das war fantastisch. Das war prima. Und diese ganze interessante Sache, das ist alles von diesen Paragrafenreitern und Sesselfurzern wegregiert worden.
Hanselmann: Besteht aber trotzdem, Herr Pfeifer, auch noch Bedarf, sozusagen Handlungsbedarf bei der Motorradindustrie, Sie müssen wieder was für die jüngeren Kunden tun?
Pfeifer: Ja, das ist richtig. Beispielsweise Yamaha bringt jetzt endlich mal wieder eine 125er, die geil aussieht, die YZF 125. Habe ich gerade über Mittag gefahren, ist geil. Ich sag mal, da gucken die schon wieder hin. Wir haben jetzt eine Geschichte gemacht mit dem Stefan Bradl, der ja in der Weltmeisterschaft ganz gut mitfährt, er ist jetzt 18 geworden, und der hat die ganzen 125er, die es jetzt gibt, mal getestet. Und der sagt auch, ist gar nicht so schlecht inzwischen wieder. Aber sie haben halt 10, 15 Jahre nichts getan.
Hanselmann: Da kommt ein Motorrad, mit dem man sich nicht zu schämen braucht, wenn man keinen Einser hat, auf uns zu, und da sollte mehr passieren. Brösel, was meinen Sie, Sie sind ja, wie gesagt, ein Vertreter der älteren Biker-Generation, was bedeutet Ihnen heute Motorradfahren und Motorrad-Basteln, was verbinden Sie damit? Immer noch Freiheit, Unabhängigkeit, Coolness?
Brösel: Ich hab das schon lange nicht mehr gemacht. Ich freue mich ja nun auch schon drauf, mal wieder auf dem Teil zu sitzen. Ich habe ja lange nicht Motorrad gefahren, weil ich so viel gearbeitet habe. Und mir hat das auch immer nicht geschmeckt mit den Behörden – dies soll nicht und das soll nicht und dies darf nicht und das Nummernschild muss so angebaut werden. Also wie ich das Nummernschild angebaut habe mit dem TÜV-Prüfer, das Ding sah aus wie eine Schiebkarre. Das passte überhaupt nicht zusammen, das Ganze, irgendwie.
Hanselmann: Sie waren schon immer ein Feind der Bürokratie, das ist klar.
Brösel: Der Kampf um die Nummernschilder, dass man kleine Nummern kriegt und so, das ist alles so was marode, diese Leute, die das da bestimmen, die haben überhaupt keine Ahnung vom Motorradfahren. Und das macht mich irgendwie immer sauer.
Hanselmann: Gut, jetzt kommt es aber wieder zum Tragen bzw. es darf Sie tragen. Herr Pfeifer, die Zeiten von Easy Rider, sind sie Geschichte oder ist noch was geblieben vom alten Biker-Mythos?
Pfeifer: Ich denke schon, dass es ziemlich Geschichte ist. Wenn Sie heute sehen, dass 3,6 Millionen Motorräder in Deutschland Bestand sind und auch gefahren werden, da sind wenig Easy Rider dabei. Da sind ganz viele dabei, die ganz normal mit dem Motorrad am Wochenende spazieren fahren, in die Alpen fahren, irgendwo in die Mittelgebirge fahren und ihren Spaß haben. Im Vergleich zu den 70er Jahren, als es mal 400.000, 500.000 Biker gab, ist es heute eine Massenbewegung.
Hanselmann: Vielen Dank Ihnen beiden. Die Hamburg Harley Days ab morgen bis Sonntag in Hamburg St. Pauli. Vielen Dank an Rötger Feldmann alias Brösel und danke auch an Michael Pfeifer, Chefredakteur von "Motorrad". Tschüss, schönen Tag noch.
Brösel/Pfeifer: Tschüss.