Bornplatzsynagoge in Hamburg

Die "Zwischengeschichte" sichtbar machen

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Philipp Stricharz, 1. Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Hamburg, zeigt auf ein historisches Foto der Bornplatzsynagoge.
Hier zeigt Philipp Stricharz, der 1. Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Hamburg, auf ein historisches Foto der Bornplatzsynagoge. © Christiane Bosch/dpa
Philipp Oswalt im Gespräch mit Marietta Schwarz |
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In Hamburg soll die 1939 abgerissene Bornplatzsynagoge originalgetreu wiederaufgebaut werden. Darüber ist ein Streit entbrannt. Der Architekt Philipp Oswalt plädiert für eine geschichtlich informierte Rekonstruktion und eine Abrüstung moralischer Radikalpositionen.
Hamburgs Bürgerschaft hat beschlossen, die Bornplatzsynagoge im Grindelviertel wiederaufzubauen. Die größte Synagoge Norddeutschlands wurde von den Nationalsozialisten 1938 schwer beschädigt und 1939 schließlich abgerissen. Für Bischöfin Kirsten Fehrs ist der Wiederaufbau ein Zeichen dafür, dass Antisemitismus in dieser Stadt keinen Platz hat. Die Historikerin Miriam Rürup, die das Hamburger Institut für die Geschichte der deutschen Juden leitet, vertritt hingegen die Ansicht: Gerade die Leerstelle zeige die sichtbare Lücke, die das Verschwinden der Juden in der Stadt hinterlassen habe, und ein Wiederaufbau überdecke diesen Verlust.

Moralisch abrüsten und einen mittleren Weg einschlagen

"Man muss da vielleicht wechselseitig moralisch etwas abrüsten", sagt Philipp Oswalt, Professor für Architekturtheorie an der Universität Kassel. Zu sagen, man müsse die Synagoge rekonstruieren, sonst hätte man Hitler recht gegeben, sei eine genauso schwierige Radikalposition, wie die von Miriam Rürup vertretene, wonach der historische Platz der Synagoge ad ultimo eine Leerstelle bleiben müsse. Stattdessen sollte man sich umschauen, fordert Oswalt, zum Beispiel in Dresden, wo die architekturgeschichtlich sehr bedeutende Synagoge von Gottfried Semper wieder aufgebaut wurde – "aber ganz modern". Nach Oswalts Meinung war das eine überzeugende Rekonstruktion.
Den Beschluss der Hamburger Bürgerschaft findet Oswalt grundsätzlich richtig. Gleichzeitig plädiert er aber dafür, den jüdischen Akteuren zu überlassen, wie sie ihr Gotteshaus wiederaufbauen wollen. Schließlich sei das "auch eine Frage der eigenen Identität, die sich damit verbindet". Oswalt selbst plädiert für einen nicht-fotogrammetrischen, also nicht-originalgetreuen, Wiederaufbau der Synagoge.

Ins Verhältnis zur Geschichte setzen

Diese Art der Rekonstruktion sei ein sehr modernes und vor allem technokratisches Phänomen, das Oswalt ablehnt, denn: "Man will, dass die Fotogrammetriker anhand der Fotografien Computermodelle generieren, anhand deren dieser Wiederaufbau stattfindet. Und ein solch technisches Verständnis zur Geschichte finde ich sehr befremdlich. Ich hätte das Bedürfnis, mich dazu selber ins Verhältnis zu setzen."

Porträt von Philipp Oswalt
Philipp Oswalt ist Architekt und Professor für Architekturtheorie in Kassel. Seine Meinung zum Wiederaufbau: Ja, aber. Letztlich müssten die betroffenen jüdischen Akteure selbst entscheiden.© Hendrik Schmidt/dpa
Oswalt gibt zu bedenken, dass Rekonstruktionen unterschiedlich gelesen werden können. Ein fotoexakter Wiederaufbau zum Beispiel könne als latenter Versuch gelesen werden, "die Zwischengeschichte zu überbrücken und an den Ausgangspunkt zurückkehren. Also insofern gibt es diesen Moment des 'Als-wäre-nichts-geschehen'". Oswalt fände es sinnvoll, diese Zwischengeschichte sichtbar zu machen.
"Aber natürlich ist dieser Wiederaufbau auch ein Symbol dafür", erklärt Oswalt, "dass man sich zum Judentum bekennt und das auch im öffentlichen Raum manifestiert mit einem Neubau, was sicherlich in einem zur Zeit erstarkenden Antisemitismus ein richtiger Akt ist."
(ckr)
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