Über das Geschäft mit Bowie, Cohen und Prince
Prince auf der Bühne 2009: Sein Beraterteam, das den legendären Tresor mit Tausenden von Aufnahmen verwaltet, hält sich respektvoll zurück beim Fleddern. © Getty Images / Kevin Winter
Tot und hoch im Kurs
05:45 Minuten
Leonard Cohen, Prince und David Bowie: Alle drei sind 2016 gestorben und fünf Jahre später immer noch gut im Geschäft. Nachlassverwalter und Erben veröffentlichen, was sich verkaufen lässt - und das ist einiges.
Das kommerzielle Nachleben des Sänger-Dichters Leonard Cohen ist ungefähr so karg wie seine frühen Lieder: Zwei durchaus ernstzunehmende Film-Dokus sind herausgekommen, davon eine über sein Verhältnis zu seiner wichtigsten Muse und Freundin Marianne, zudem gibt es bald eine Graphic Novel über seine jüdisch-buddhistische Lebensreise.
Das einzige neu veröffentlichte Album "Thanks for the Dance" kam drei Jahre nach seinem Tod heraus: Nach Cohens Willen zu Ende gebracht von seinem Sohn Adam.
Bücher über Cohen als Lebensbegleiter
Und die Bücher, die nach seinem Tod geschrieben wurden, setzen sich ernsthaft mit Leonard Cohen als Lebensbegleiter auseinander: Ein Buch untersuchte neulich gar die Wurzeln von Cohens Liedern in jüdischer Mystik.
Weitaus schillernder sollte natürlich das Nachleben von Prince sein. Vor allem wenn man bedenkt, dass sein Anwesen "Paisley Park" direkt nach seinem Tod zum Erlebnispark verwandelt werden sollte, so ging zumindest damals das Gerücht umher.
Prince und der legendäre Tresor
Aber tatsächlich hält sich das Beraterteam, das den legendären Tresor mit den Tausenden von Aufnahmen verwaltet, für Alben bis ins nächste Jahrhundert, heißt es, sehr respektvoll zurück beim Fleddern. Vor zwei Monaten erschien das erste neue Album mit Stücken aus seinem Nachlass: "Welcome 2 America".
Vorher gab’s, neben den branchenüblichen erweiterten Deluxe-Versionen großer Prince-Alben, nur eine Zusammenstellung mit Demoaufnahmen von "Songs für andere Musiker". Eine CD mit Songskizzen von 1983 allein am Klavier hingegen, die vor drei Jahren rauskam, hatte seine alte Plattenfirma Warner ohne nachzufragen rausgebracht, obwohl sich Prince von ihr in den Neunzigern losgeklagt hatte.
Das jetzt vielleicht unanständig zu finden; derlei moralische Attitüde von Fans oder romantischen Kritikern geht an der Realität vorbei. Zumindest bei David Bowie: Zu dem wird rausgehauen, was sich irgendwie finden lässt.
Gedenkalben zu Geburtstagen
Zwar gibt es bei Bowie für die Nachlassverwertungsindustrie das Problem, dass sein Geburtstag am 8. Januar und sein Todestag am 10. so schrecklich nahe zusammenliegen, veröffentlichungstechnisch betrachtet.
Aber man kann natürlich auch, was immer mehr in Mode kommt, zu den Geburtstagen der Alben Gedenkalben herausbringen: neu abgemischt mit neuem Titel, wie Bowie’s "Man Who Sold The World" zum 50. jetzt als „Metrobolist“. Dazu noch ein Ergänzungsalbum mit irgendwelchem Sammelsurium; dann "Station To Station" in rot-weißem Vinyl und "Young Americans" als Gold-Vinylversion, beide zum 45..
Und dann ja noch die Sensation, als die verloren geglaubte "Toy" von 2001 wieder auftauchte: Das waren jetzt nur die letzten 15 Monate – in den vier Jahren davor sollen auch schon über vierzig Bowie-Alben rausgekommen sein.
Unvergessenes Genie, sagen die Plattenfirmen zur Affirmation, aber ob dieser Tsunami an überflüssigen Neuerscheinungen unserer Vergesslichkeit entgegenwirken soll oder ob die Fans sich tatsächlich noch mehr in das Genie ihres Idols vertiefen sollen, ist meist nicht ganz klar.
Anleihe für Investoren
Bei dem chamäleonhaften Engländer allerdings lässt sich der Overkill leicht erklären: David Bowie war nämlich der erste Musiker, der eine Anleihe auf den Markt brachte, mit der Investoren an seinem Erfolg als Künstler teilhaben konnten.
1997 kamen die „Bowie Bonds“ raus, die den Eignern die zukünftigen Erlöse von 25 Alben aus der Zeit vor 1990 zusicherten. So ist es also kein Wunder, dass die Anteilseigner jetzt altes Zeug von Bowie in wechselnden Kombinationen verhökern, als sei das der Ramsch von "Rudis Resterampe".
Posthume Veröffentlichungen sind beinahe immer Leichenfledderei, die Frage ist nur, wieviel Restwürde man dem Toten lässt. Und das wiederum ist ja Geschmackssache.