Das kulturelle Gedächtnis Lateinamerikas ist zerstört
Tränenüberströmt hätten sich viele Brasilianer am brennenden Nationalmuseum in Rio de Janeiro versammelt. Doch neben der Trauer seien es auch Tränen der Wut, erzählt Robin Mallick, der in der brasilianischen Hauptstadt das Goethe-Institut leitet.
"Es war jetzt nicht so unerwartet, dass irgendein Museum eines Tages mal in Flammen aufgehen würde. Insbesondere das Nationalmuseum, das ja dieses Jahr 200 Jahre alt geworden ist, war in einem sehr schwierigen Zustand." Baulich sowie sicherheitstechnisch hätten Mängel bestanden, erklärt Robin Mallick, Leiter des Goethe-Instituts in Rio de Janeiro, im Deutschlandfunk Kultur. In der Vergangenheit hätte es auch "Mahnungen" gegeben, "dass vielleicht genau dieser 200. Geburtstag doch eigentlich ein wichtiger Anlass sein müsste, dort etwas mehr zu tun. Und das wurde leider versäumt."
Kulturelles Gedächtnis von Lateinamerika unwiderruflich zerstört
Brasiliens Präsident Michel Temer hatte über den Nachrichtendienst Twitter erklärt: "Es ist ein trauriger Tag für alle Brasilianer." Robin Mallick sieht weit größere Ausmaße in dem Verlust: "Es geht ja nicht nur um Brasilien. Sondern es ist eigentlich das kulturelle Gedächtnis von Lateinamerika könnte man fast sagen. Und das ist zum Teil unwiderruflich zerstört worden."
In dem ehemaligen Residenzschloss waren seit 200 Jahren Artefakte, Fundstücke, Fossilien, ägyptische Mumien und mehr als eine halbe Million Bücher gesammelt worden. Um die 20 Millionen Exponate umfasste der Bestand, von dem der größte Teil nun verbrannt ist, nachdem am Sonntagabend ein Feuer im Nationalmuseum in Rio de Janeiro ausbrach.
Unwürdige Ausstattung in den Museen
Es sei außerdem ein trauriger Tag, so Mallick, weil "die Kulturpolitik nicht nur in diesem Falle, sondern auch in der ganzen Infrastruktur ein sehr schwaches Bild abgibt." Wenn man durch die Museen und Kulturinstitutionen von Rio laufe, dann sei das oft ein "sehr betrübliches Bild, weil sowohl die Infrastruktur, als auch die personelle und sonstige Ausstattung sehr unwürdig ist".
Bürgerliches Engagement, wo die Politik versagt
Letztendlich seien sich jedoch jetzt alle einig, dass man mehr Geld an die Kultur geben müsse, meint Mallick, und das sei das einzig Gute, dass die Kultur überhaupt eine Rolle spielt in den öffentlichen Debatten und auch in den Wahlkampfdebatten. Vielleicht entstehen auch Ideen, "wie ein bürgerliches Engagement hier eintreten kann, dort wo die Politik augenscheinlich versagt hat".