Keine neue Welt
"Um mundo novo" – "eine neue Welt" lautet der Slogan dieser Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Zur Halbzeit der Spiele ist davon noch nicht viel zu spüren oder gar zu sehen. Brasilien macht dort weiter, wo das Krisenland aufgehört hat.
"Um mundo novo" – "eine neue Welt" lautet der Slogan dieser Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. Zur Halbzeit der Spiele ist davon noch nicht viel zu spüren oder gar zu sehen. Brasilien macht dort weiter, wo das Krisenland aufgehört hat.
Aber wundert das irgend jemanden? Hat man wirklich geglaubt, Olympia landet für zwei Wochen in dieser wunderschönen Stadt in diesem krisengeschüttelten Land, und alle Sorgen, alle Missstände und Probleme sind wie weggeweht? Nein, das konnte man eigentlich nicht erwarten, es ist auch nicht so eingetreten. Egal, welche Realität diese – zugegebenermaßen – wunderschönen TV-Bilder den Fernsehzuschauern weltweit vorgaukeln. Zumindest die Postkartenidylle Rios funktioniert, aber das war schon Teil der alten Welt.
Das IOC will die Realität nicht sehen
Überraschend leere Hallen und Stadien, Transportprobleme, Schüsse auf Journalisten, Sicherheitsprobleme, eine mangelhafte Organisation und weite Teile der brasilianischen Bevölkerung, die von diesem globalen Sportfest in ihrer emblematischen Stadt nichts oder nur sehr wenig mitbekommen. Das ist die Realität, die das IOC und die stolzen brasilianischen Organisatoren nicht sehen wollen.
Vielleicht hätten es die brasilianischen Sportler in der Hand gehabt, unter ihren Landsleuten mehr Olympia-Begeisterung zu entfachen. Aber die Gastgeber hinken zur Halbzeit der Spiele hinter ihrem selbstgesteckten Ziel weit hinterher. Sie wollten im Medaillen-Ranking unter die besten Zehn kommen. Davon sind sie meilenweit entfernt. Aber wundert auch das? Wenn man weiß, dass die staatliche und private Sportförderung in Brasilien nicht zuletzt aufgrund der milliardenschweren Korruptionsaffären zum Teil gekürzt werden musste, liegt der Zusammenhang zwischen der Lage des Landes und den Ergebnissen klar auf der Hand.
Bisher also: Keine neue Welt.
Olympia kommt Brasilien teuer zu stehen
Das gilt übrigens auch für die Politik. Denn – und das dürfte in der Geschichte der Olympischen Spiele ziemlich einmalig sein – während die Athleten um Gold, Silber und Bronze kämpfen, wird im Kongress in der Hauptstadt Brasilia en passant eine Präsidentin gestürzt. Das ganze unter ziemlich fragwürdigen Umständen. Eine peinliche, beschämende Situation. Aber Brasilien hat es sich selber zuzuschreiben. Und Olympia wird davon mit voller Wucht getroffen.
Noch bleibt dem Gastgeberland eine Woche Zeit, um zumindest in sportlicher Hinsicht dem selbstgesteckten Ziel näher zu rücken. Sollte dies gelingen, dürfte in den eigenen Reihen ein wenig Ruhe einkehren. Aber nur kurz. Denn Olympia wird Brasilien im wahrsten Sinnen des Wortes teuer zu stehen kommen. Wenn der Olympia-Tross weiter gezogen sein wird, werden die Menschen im Gastgeberland sehr schnell feststellen: Die alten Probleme, wie in der alten Welt. Von einer neuer Welt nichts zu sehen weit und breit.