Bremer Finanzsenatorin warnt vor Goldgräberstimmung durch Konjunkturpaket
Vor dem Treffen von Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) mit den Staatskanzleichefs der Länder hat die Bremer Finanzsenatorin Karoline Linnert vor einer Goldgräberstimmung durch das zweite Konjunkturpaket gewarnt. Bremen werde genau die Notwendigkeit aller Projekte prüfen, sagte die Grünenpolitikerin.
Leonie March: Moderne Schulen, neue Straßen, sanierte Ratshäuser, dieser Traum vieler Bürgermeister könnte bald wahr werden, denn der Bund will massiv in die Infrastruktur von Ländern und Kommunen investieren – als Teil des zweiten Konjunkturpakets. Die Staatskanzleien haben Wunschlisten mit zentralen Projekten erstellt und ans Kanzleramt geschickt und dort wird heute Abend darüber beraten. Über Bremen zwischen Wunsch und Wirklichkeit spreche ich jetzt mit Karoline Linnert. Die Grünen-Politikerin ist Senatorin für Finanzen in Bremen. Guten Morgen, Frau Linnert!
Karoline Linnert: Guten Morgen, Frau March!
March: Was steht denn auf der Bremer Wunschliste?
Linnert: Wir haben wie alle Bundesländer auch uns zusammengesetzt und haben überlegt, welche Maßnahmen bei uns geplant sind, gewünscht sind, notwendig sind, für die wir aber nicht das notwendige Geld haben. Bremen investiert im Jahr 400 Millionen Euro und da wachsen nicht alle Bäume in den Himmel. Die Vorgabe ist ja, damit es beschäftigungspolitisch und konjunkturell wirkt, dass Maßnahmen gemacht werden sollen, die nachhaltig sind und die schnell auch Effekte haben. Deshalb können wir nur Maßnahmen anmelden oder wollen das, die wir im Jahr 2009 mindestens beginnen können, wenn nicht sogar abschließen. Dazu gehören zum Beispiel Erschließungsmaßnahmen in der Überseestadt, Maßnahmen für energetische Sanierung in den Schulen, Straßenreparatur. Solche Dinge haben wir da angemeldet in der Größenordnung von 125 Millionen Euro.
March: Die SPD will das Geld ja möglichst gleichmäßig auf kommunale Projekte in Deutschland verteilen. Die CDU/CSU will dagegen bestimmte Projekte auswählen und fördern. Welchen Ansatz halten Sie denn für sinnvoller?
Linnert: Letztendlich glaube ich, dass es vor allen Dingen um das Kriterium Nachhaltigkeit und schnelle Umsetzbarkeit geht. Die Kommunen und Länder müssen selber vor Ort entscheiden, was für sie die wichtigsten Dinge sind. Ich glaube, weil so ein Konjunkturprogramm ja auf Kredit finanziert wird, müssen alle, die Geld geben, darauf achten, dass es kein Strohfeuer gibt, dass es nicht verpufft, also dass nachhaltige Wirkungen erzielt werden. Aber dass sich der Bund jetzt ganz zentral einmischt und sagt, ihr dürft nur in dem Bereich machen und in einem anderen nicht – im Moment wirbt Bremen ja darum, dass auch Hafeninvestitionen mit berücksichtigt werden können; es gibt zum Beispiel auch eine Auseinandersetzung darüber, ob Krankenhausinvestitionen in das Paket aufgenommen werden können -, ich finde, dass vor Ort das am besten entschieden werden kann.
March: Der Bund will ja insgesamt etwa 10 Milliarden Euro für die Investitionen in Ländern und Kommunen beisteuern, aber auch die Länder sollen sich daran beteiligen. Kann sich das ein kleiner, hoch verschuldeter Stadtstaat wie Bremen leisten?
Linnert: Ja und nein. Wenn man einfach nur auf die Zahlen guckt, dann können wir uns das natürlich nicht leisten. Aber das tun wir nicht, sondern es geht ja darum, dass wir hier einen ganzheitlichen Ansatz haben, dass Sparpolitik schon notwendig ist, aber gleichzeitig will natürlich Bremen auch entwickeln müssen und wollen. Wir werden je nachdem, in welcher Form das Geld fließt, möglicherweise im Rahmen eines Nachtragshaushaltes das zusätzliche Geld bereitstellen. Das ist unstrittig in der Regierung. Aber wir werden hier natürlich ganz doll darauf achten, dass alle Projekte, die wir machen, auch wirklich notwendig sind und dass jetzt nicht so eine Art von Goldgräberstimmung entsteht. Das darf nicht sein. Wir werden uns ganz genau dafür rechtfertigen, welche Projekte machen wir, weil wir ja auch Schulden dafür aufnehmen müssen. Der Bürgermeister selber hat ja schon eine Beratungsrunde mit dem Handwerk, mit der Handelskammer, mit der Arbeitnehmerkammer angestoßen - die findet auch, glaube ich, nächste Woche statt -, um darüber zu beraten, was wünscht ihr euch denn.
March: Aber ist das trotzdem für Sie als Finanzsenatorin ein besonderer Spagat zwischen Wunsch und Wirklichkeit?
Linnert: Na ja. Wir haben ja ein sehr enges Finanzkorsett wegen der Zahlen, die wir nach Karlsruhe gemeldet haben. Wir werden das innerhalb dieser Zahlen nicht unterbringen können. Das ist völlig klar. Für mich ist es natürlich schöner, wir können das einhalten, aber ich bin kein Mensch, der da nur auf die Zahlen guckt. Wenn hier für 120 Millionen Euro zusätzlich ökologische Sanierung, energetische Sanierung, Straßenreparatur stattgefunden hat, dann freue ich mich da auch darüber. Das sind ja Dinge, die auch uns bleiben und die wir dann möglicherweise in den nächsten Jahren nicht bezahlen müssen.
March: Was wäre denn aus Ihrer Sicht eine faire Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern?
Linnert: Für Bremen wäre es am besten, wenn wir es gar nicht komplimentieren müssten. Jetzt gerade auch bei der Debatte über die Steuererleichterungen, die von der CSU angestoßen wird, da spiegelt sich auch die unterschiedliche finanzielle Leistungsfähigkeit der Länder wider. Für Bremen sind weitere Steuersenkungen ein riesiges Problem, während ein reiches Bundesland wie Bayern das wuppen kann. Mir wäre es am liebsten, wenn es eine Staffelung der Komplimentierung nach Leistungsfähigkeit der jeweiligen Länder beziehungsweise Kommunen geben würde, wo man eine Zinssteuerquote zum Beispiel als Grundlage nehmen könnte oder auch das Bruttoinlandsprodukt. Das werden wir so auch einbringen. Dass das mehrheitsfähig ist, da glaube ich nicht so richtig dran, weil das Solidarprinzip gegenüber den Armen ist in Deutschland auch nicht übermäßig ausgeprägt, aber das wäre natürlich für uns das Beste.
March: Durch die finanzielle Wirtschaftslage verschlechtert sich die finanzielle Lage der Haushalte ja weiter – auch in Bremen. Befürchten Sie – das klang eben schon an -, dass sich Ihre Situation durch die in Aussicht gestellten Steuersenkungen weiter verschärft?
Linnert: Ja, wir rechnen genau das, was jetzt gerade alles diskutiert wird, also die Pendlerpauschale, die ja schon entschieden wurde, oder auch die Frage der Erhöhung des Grundfreibetrages. Wir rechnen genau, welche Steuermindereinnahmen das für Bremen bedeuten würde. Trotzdem machen wir natürlich eine Politik, wo man richtige Dinge trotzdem tut. Es geht nicht, dass ausschließlich auf die Zahlen geguckt wird. Das ist wichtig. Im Grunde ist es so, dass Bremen sich keine Steuererleichterungen leisten kann, und wir sagen das auch. Wenn Maßnahmen der Bundesregierung wie zum Beispiel beim Wohngeld ins Haus stehen, dann gibt Bremen im Bundesrat Erklärungen ab, dass wir uns das nicht leisten können. Trotzdem sind dann natürlich Dinge dabei, die inhaltlich trotzdem richtig sind.
March: Fazit: Was erwarten und erhoffen Sie sich vom zweiten Konjunkturpaket des Bundes?
Linnert: Wir erhoffen uns für Bremen einen Schub für Investitionen und Beschäftigung, wo ich mir wünsche, dass viel Ökologisches und energetische Sanierung dabei ist. Das ist sehr viel Geld für uns und wir werden das sinnvoll ausgeben und auch Effekte erzielen und freuen uns auch darüber.
March: Karoline Linnert war das. Die Grünen-Politikerin ist Senatorin für Finanzen in Bremen. Herzlichen Dank für das Interview!
Linnert: Gerne!
Karoline Linnert: Guten Morgen, Frau March!
March: Was steht denn auf der Bremer Wunschliste?
Linnert: Wir haben wie alle Bundesländer auch uns zusammengesetzt und haben überlegt, welche Maßnahmen bei uns geplant sind, gewünscht sind, notwendig sind, für die wir aber nicht das notwendige Geld haben. Bremen investiert im Jahr 400 Millionen Euro und da wachsen nicht alle Bäume in den Himmel. Die Vorgabe ist ja, damit es beschäftigungspolitisch und konjunkturell wirkt, dass Maßnahmen gemacht werden sollen, die nachhaltig sind und die schnell auch Effekte haben. Deshalb können wir nur Maßnahmen anmelden oder wollen das, die wir im Jahr 2009 mindestens beginnen können, wenn nicht sogar abschließen. Dazu gehören zum Beispiel Erschließungsmaßnahmen in der Überseestadt, Maßnahmen für energetische Sanierung in den Schulen, Straßenreparatur. Solche Dinge haben wir da angemeldet in der Größenordnung von 125 Millionen Euro.
March: Die SPD will das Geld ja möglichst gleichmäßig auf kommunale Projekte in Deutschland verteilen. Die CDU/CSU will dagegen bestimmte Projekte auswählen und fördern. Welchen Ansatz halten Sie denn für sinnvoller?
Linnert: Letztendlich glaube ich, dass es vor allen Dingen um das Kriterium Nachhaltigkeit und schnelle Umsetzbarkeit geht. Die Kommunen und Länder müssen selber vor Ort entscheiden, was für sie die wichtigsten Dinge sind. Ich glaube, weil so ein Konjunkturprogramm ja auf Kredit finanziert wird, müssen alle, die Geld geben, darauf achten, dass es kein Strohfeuer gibt, dass es nicht verpufft, also dass nachhaltige Wirkungen erzielt werden. Aber dass sich der Bund jetzt ganz zentral einmischt und sagt, ihr dürft nur in dem Bereich machen und in einem anderen nicht – im Moment wirbt Bremen ja darum, dass auch Hafeninvestitionen mit berücksichtigt werden können; es gibt zum Beispiel auch eine Auseinandersetzung darüber, ob Krankenhausinvestitionen in das Paket aufgenommen werden können -, ich finde, dass vor Ort das am besten entschieden werden kann.
March: Der Bund will ja insgesamt etwa 10 Milliarden Euro für die Investitionen in Ländern und Kommunen beisteuern, aber auch die Länder sollen sich daran beteiligen. Kann sich das ein kleiner, hoch verschuldeter Stadtstaat wie Bremen leisten?
Linnert: Ja und nein. Wenn man einfach nur auf die Zahlen guckt, dann können wir uns das natürlich nicht leisten. Aber das tun wir nicht, sondern es geht ja darum, dass wir hier einen ganzheitlichen Ansatz haben, dass Sparpolitik schon notwendig ist, aber gleichzeitig will natürlich Bremen auch entwickeln müssen und wollen. Wir werden je nachdem, in welcher Form das Geld fließt, möglicherweise im Rahmen eines Nachtragshaushaltes das zusätzliche Geld bereitstellen. Das ist unstrittig in der Regierung. Aber wir werden hier natürlich ganz doll darauf achten, dass alle Projekte, die wir machen, auch wirklich notwendig sind und dass jetzt nicht so eine Art von Goldgräberstimmung entsteht. Das darf nicht sein. Wir werden uns ganz genau dafür rechtfertigen, welche Projekte machen wir, weil wir ja auch Schulden dafür aufnehmen müssen. Der Bürgermeister selber hat ja schon eine Beratungsrunde mit dem Handwerk, mit der Handelskammer, mit der Arbeitnehmerkammer angestoßen - die findet auch, glaube ich, nächste Woche statt -, um darüber zu beraten, was wünscht ihr euch denn.
March: Aber ist das trotzdem für Sie als Finanzsenatorin ein besonderer Spagat zwischen Wunsch und Wirklichkeit?
Linnert: Na ja. Wir haben ja ein sehr enges Finanzkorsett wegen der Zahlen, die wir nach Karlsruhe gemeldet haben. Wir werden das innerhalb dieser Zahlen nicht unterbringen können. Das ist völlig klar. Für mich ist es natürlich schöner, wir können das einhalten, aber ich bin kein Mensch, der da nur auf die Zahlen guckt. Wenn hier für 120 Millionen Euro zusätzlich ökologische Sanierung, energetische Sanierung, Straßenreparatur stattgefunden hat, dann freue ich mich da auch darüber. Das sind ja Dinge, die auch uns bleiben und die wir dann möglicherweise in den nächsten Jahren nicht bezahlen müssen.
March: Was wäre denn aus Ihrer Sicht eine faire Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern?
Linnert: Für Bremen wäre es am besten, wenn wir es gar nicht komplimentieren müssten. Jetzt gerade auch bei der Debatte über die Steuererleichterungen, die von der CSU angestoßen wird, da spiegelt sich auch die unterschiedliche finanzielle Leistungsfähigkeit der Länder wider. Für Bremen sind weitere Steuersenkungen ein riesiges Problem, während ein reiches Bundesland wie Bayern das wuppen kann. Mir wäre es am liebsten, wenn es eine Staffelung der Komplimentierung nach Leistungsfähigkeit der jeweiligen Länder beziehungsweise Kommunen geben würde, wo man eine Zinssteuerquote zum Beispiel als Grundlage nehmen könnte oder auch das Bruttoinlandsprodukt. Das werden wir so auch einbringen. Dass das mehrheitsfähig ist, da glaube ich nicht so richtig dran, weil das Solidarprinzip gegenüber den Armen ist in Deutschland auch nicht übermäßig ausgeprägt, aber das wäre natürlich für uns das Beste.
March: Durch die finanzielle Wirtschaftslage verschlechtert sich die finanzielle Lage der Haushalte ja weiter – auch in Bremen. Befürchten Sie – das klang eben schon an -, dass sich Ihre Situation durch die in Aussicht gestellten Steuersenkungen weiter verschärft?
Linnert: Ja, wir rechnen genau das, was jetzt gerade alles diskutiert wird, also die Pendlerpauschale, die ja schon entschieden wurde, oder auch die Frage der Erhöhung des Grundfreibetrages. Wir rechnen genau, welche Steuermindereinnahmen das für Bremen bedeuten würde. Trotzdem machen wir natürlich eine Politik, wo man richtige Dinge trotzdem tut. Es geht nicht, dass ausschließlich auf die Zahlen geguckt wird. Das ist wichtig. Im Grunde ist es so, dass Bremen sich keine Steuererleichterungen leisten kann, und wir sagen das auch. Wenn Maßnahmen der Bundesregierung wie zum Beispiel beim Wohngeld ins Haus stehen, dann gibt Bremen im Bundesrat Erklärungen ab, dass wir uns das nicht leisten können. Trotzdem sind dann natürlich Dinge dabei, die inhaltlich trotzdem richtig sind.
March: Fazit: Was erwarten und erhoffen Sie sich vom zweiten Konjunkturpaket des Bundes?
Linnert: Wir erhoffen uns für Bremen einen Schub für Investitionen und Beschäftigung, wo ich mir wünsche, dass viel Ökologisches und energetische Sanierung dabei ist. Das ist sehr viel Geld für uns und wir werden das sinnvoll ausgeben und auch Effekte erzielen und freuen uns auch darüber.
March: Karoline Linnert war das. Die Grünen-Politikerin ist Senatorin für Finanzen in Bremen. Herzlichen Dank für das Interview!
Linnert: Gerne!