Brenna Hassett: "Warum wir sesshaft wurden und uns seither bekriegen, wenn wir nicht gerade an tödlichen Krankheiten sterben"
Aus dem Englischen von Susanne Schmidt-Wussow
Theiss Verlag, Stuttgart 2018
336 Seiten, 24,95 Euro
Detektivarbeit zu Todesfällen in der Steinzeit
Wäre es gesünder, wenn wir noch wie in der Steinzeit lebten? Oder wurden die Menschen damals schon von Rückenschmerzen geplagt? Darauf gibt die Bioarchäologin Brenna Hassett in ihrem Buch Antworten und schildert die Siedlungsgeschichte der Menschheit.
Möglicherweise – aber wahrscheinlicher ist, dass wir gar nicht lebten: Erst die Arbeitsteilung komplexer Zivilisationen machte die Landwirtschaft so effektiv, dass die Erde Menschenmengen im großen Maßstab durchfüttern kann, so die Autorin.
Wenn wir doch noch wie in der Steinzeit lebten! Kein Wohlstandsbauch und keine Rückenschmerzen, keine Herzprobleme und womöglich auch weniger Krebs... Tatsächlich? Brenna Hassett widersetzt sich in ihrem neuen Buch "Warum wir sesshaft wurden und uns seither bekriegen, wenn wir nicht gerade an tödlichen Krankheiten sterben" den grassierenden Paläo-Plattitüden. Sie ist Bioarchäologin mit weltweiter Grabungserfahrung und entlockt uralten Knochensplittern, Schädelfragmenten und versteinerten Exkrementen Informationen über die Lebens- und Todesumstände längst verstorbener Körper – und eines weiß sie: So einfach, wie Steinzeit-Fans sich die Vergangenheit zusammenreimen, lassen sich uralte Zeiten nicht rekonstruieren.
Wenn wir doch noch wie in der Steinzeit lebten! Kein Wohlstandsbauch und keine Rückenschmerzen, keine Herzprobleme und womöglich auch weniger Krebs... Tatsächlich? Brenna Hassett widersetzt sich in ihrem neuen Buch "Warum wir sesshaft wurden und uns seither bekriegen, wenn wir nicht gerade an tödlichen Krankheiten sterben" den grassierenden Paläo-Plattitüden. Sie ist Bioarchäologin mit weltweiter Grabungserfahrung und entlockt uralten Knochensplittern, Schädelfragmenten und versteinerten Exkrementen Informationen über die Lebens- und Todesumstände längst verstorbener Körper – und eines weiß sie: So einfach, wie Steinzeit-Fans sich die Vergangenheit zusammenreimen, lassen sich uralte Zeiten nicht rekonstruieren.
Akribische Detektivarbeit ohne eindeutige Antworten
Ihre Wissenschaft, in die das Buch einführt, ist eine akribische Detektivarbeit und fördert häufig uneindeutige Geschichten zutage. Wer etwa sagen möchte, wie viele Menschen vor Tausenden von Jahren an Lepra gestorben sind, muss erst einmal in der Lage sein, anhand von Knochenfunden eine Krankheit zu diagnostizieren, die vorwiegend Haut- und Nervenschäden verursacht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können nur indirekt schließen: aus Skelettveränderungen, die durch eine unnatürliche Bewegungsweise von Armen und Beinen verursacht sein könnten, in Kombination mit einem Nasenbein, das geschrumpft ist, weil die weichen Nasenteile des Toten von der Krankheit aufgefressen wurden – vielleicht.
Städte förderten die Massenausbreitung von Seuchen
Trotz aller Ungewissheiten kann die Bioarchäologin sicher sagen: Menschheitsplagen wie Lepra, Tuberkulose oder Syphilis sind nicht erst in Städten entstanden – es gab sie schon zuvor (wie übrigens auch Rückenprobleme). Dennoch fungierten beengte Städte mit ihren intensiven Handelsbeziehungen und kriegerischen Begehrlichkeiten in immer größere Expansionsräume als Inkubatoren und förderten die schlagartige Massenausbreitung von Seuchen, was die Autorin in mehreren Kapiteln eindrucksvoll nachzeichnet.
Warum es Menschen in die Städte zog
Warum zog es Menschen dennoch in Ballungsräume? Weil sie dort auch Heilung und Unterstützung, etwa in Form von Heilern, Ärzten und Krankenhäusern, erwarten konnten. Kulturelle Zentren mit ihren scheinbar unendlichen Chancen sind Orte der Hoffnung – auch wenn sie ihr Versprechen für die Ärmsten oft nicht einlösen können. Auf dem Land allerdings bliebe ihnen nicht einmal die Hoffnung.
Wäre es also gesünder, wenn wir noch wie in der Steinzeit lebten? Möglicherweise – aber wahrscheinlicher ist, dass wir gar nicht lebten: Erst die Arbeitsteilung komplexer Zivilisationen machte die Landwirtschaft so effektiv, dass die Erde Menschenmengen im großen Maßstab durchfüttern kann, so die Autorin.
Leider krankt Brenna Hassetts Buch an seiner Sprache, was gewiss einem unentschlossenen englischen Lektorat zuzuschreiben ist. Lang ziehen sich die Schachtelsätze, dazu kommt ein Humor, der eher verkompliziert als auflockert. Das macht die Lektüre oft mühsam – schade: Das schöne Thema und die Expertise der Autorin hätten eine bessere Präsentation verdient.
Wäre es also gesünder, wenn wir noch wie in der Steinzeit lebten? Möglicherweise – aber wahrscheinlicher ist, dass wir gar nicht lebten: Erst die Arbeitsteilung komplexer Zivilisationen machte die Landwirtschaft so effektiv, dass die Erde Menschenmengen im großen Maßstab durchfüttern kann, so die Autorin.
Leider krankt Brenna Hassetts Buch an seiner Sprache, was gewiss einem unentschlossenen englischen Lektorat zuzuschreiben ist. Lang ziehen sich die Schachtelsätze, dazu kommt ein Humor, der eher verkompliziert als auflockert. Das macht die Lektüre oft mühsam – schade: Das schöne Thema und die Expertise der Autorin hätten eine bessere Präsentation verdient.