Brigitte Zypries: Im Urheberrecht "gerechten Ausgleich" finden
In der Debatte um eine Reform des Urheberrechts verweist die frühere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries auf die unterschiedlichen Interessen von Verwertern und Nutzern. "Wir müssen da sehen, dass wir einen Ausgleich finden", sagte Zypries vor der Präsentation eines Zwölf-Punkte-Papiers der SPD-Bundestagsfraktion.
Susanne Führer: In diesen Minuten stellt der Arbeitskreis Urheberrecht der SPD-Bundestagsfraktion seine zwölf Thesen zum Urheberrecht vor. Mit dabei ist die Bundestagsabgeordnete und frühere Justizministerin Brigitte Zypries. Und da sie nicht an zwei Orten zugleich sprechen kann, habe ich das Interview mit ihr vor einer knappen Stunde aufgezeichnet.
In der Redaktion waren wir ja schon gespannt, wie diese zwölf Thesen für ein faires und zeitgemäßes Urheberrecht der SPD-Fraktion denn lauten würden. Welche Lösung hat sie für den Grundkonflikt zwischen Freiheit im Netz einerseits und fairer Vergütung für die Urheber andererseits? Nach der Lektüre der Thesen waren wir dann doch enttäuscht. Ich habe Brigitte Zypries gefragt, ob sie diese Enttäuschung verstehen kann.
Brigitte Zypries: Ja, ich kann sie verstehen. Weil Sie wahrscheinlich erwartet haben, wir finden jetzt das Ei des Kolumbus. Aber die SPD ist zwar eine Partei, die eine Menge Fantasie hat, aber Eier des Kolumbus finden wir eben auch nicht. Und deshalb muss es dabei bleiben, dass wir im Urheberrecht eine Balance finden, einen gerechten Ausgleich finden zwischen den ganzen unterschiedlichen Interessen, die daran beteiligt sind.
Also, die Urheber haben ihre Interessen, die Verwerter, also die Verlage und andere haben ihre Interessen, die Nutzer im Netz haben ihre Interessen. Jeder hat sie, und wir müssen da sehen, dass wir einen Ausgleich finden. Das ist die Aufgabe in der Vergangenheit gewesen und das wird sie auch in der Zukunft sein. Und eine einfache Patentlösung wird es nicht geben.
Führer: Aber diese Forderung nach einem fairen Ausgleich, die würden ja nun tatsächlich alle unterschreiben. Warum ist es denn so schwer, da irgendetwas Konkretes vorzulegen? Ist das nicht ursprünglich die Aufgabe der Politik, faire Ausgleiche zu finden?
Zypries: Ja genau. Und deshalb haben wir ja auch viele kleine, einzelne Bausteine vorgelegt. Also, wir haben gesagt, wir brauchen auf der einen Seite Modelle, wo die Industrie gefordert ist, sie anzubieten, denn wir reden ja im Grunde um ein privatrechtliches Rechtsverhältnis. Da gibt es Leute, die erfinden was, die dichten was, die machen Musik und die wollen dieses Werk verkaufen im Netz. Und das ist ein rein privatrechtlicher Vorgang, und der Staat kann ja doch allenfalls dann eingreifen, wenn man feststellt, es funktioniert nicht richtig. Und da ist eben genau unsere Aufgabe, zu gucken, was macht diese neue Technik Internet aus. Dass es nicht mehr so richtig funktioniert. Und einer der wesentlichen Punkte ist ja auch der der Verbreitung.
Also, wir haben ein weltweites Netz, was von überall her nach Deutschland sendet in Anführungszeichen und wo die Menschen empfangen können, und gleichzeitig ist unser Recht aber natürlich national, das gilt ja eben nur in Deutschland, und das ist ja auch ein Teil der Schwierigkeit, den wir zu realisieren haben.
Führer: Sie haben gerade von den Modellen gesprochen, die entwickelt werden sollten, Frau Zypries, das ist These vier, nicht, die Modelle sollen einfach und nutzerfreundlich eine legale Nutzung geschützter Inhalte ermöglichen. Da habe ich mich schon gefragt, wer die entwickeln sollte, jetzt habe ich die Antwort von Ihnen bekommen. Aber das geht noch weiter, These vier, da steht dann, die Entwicklung legaler, kommerzieller Geschäftsmodelle sollte daher unterstützt und vorangetrieben werden. Da habe ich mich gefragt, von wem sollte das unterstützt werden?
Zypries: Also, Politik sollte das unterstützen, wir sollten das in den Gesprächen mit der Wirtschaft unterstützen, das machen wir ja ansonsten auch, dass wir Wirtschaft unterstützen. Und im Zweifel muss das Wirtschaftsministerium da vielleicht auch mal eine Ausschreibung machen für eine besonders originelle Geschichte.
Führer: Aber das hieße dann, iTunes mit deutschen Steuergeldern finanzieren?
Zypries: Nein, es geht nicht darum, iTunes mit deutschen Steuergeldern zu finanzieren, sondern es geht eben darum, zu sagen, entwickelt es weiter. Wir haben ja doch eine neue Industrie. Das ist doch im Grunde alles, was seit zehn Jahren erst sich entwickelt. Und es gab doch echte Quantensprünge, Facebook haben wir jetzt seit fünf Jahren, und das ist doch wieder ein Quantensprung gewesen in der Nutzung dieses Mediums, dieser Technik. Da muss man eben auch sehen, dass sich so was nicht von heute auf morgen entwickelt, sondern dass das eben seine Zeit braucht. Das war bei jeder neuen technischen Entwicklung in der Vergangenheit doch genauso.
Führer: Weil Sie gesagt haben, die Politik sollte das unterstützen.
Zypries: Ja, genau, das machen wir ja auch. Also wir haben ja beispielsweise auch Solarenergie unterstützt. Wir haben da auch gefördert und haben gesagt, entwickelt diese Technologie weiter, wir unterstützen euch dabei, wir haben Einspeisevergütungen gezahlt. Das ist ja ¨C warum sollen wir das bei so einem Medium wie dem Internet nicht auch machen, denn ich meine, die Kulturindustrie ist ja wirklich inzwischen ein Industriezweig.
Führer: Brigitte Zypries, Bundestagsabgeordnete der SPD im Deutschlandradio Kultur. Frau Zypries, noch mal zurück zu der Frage: Es tun sich ja alle schwer, also ehrlich gesagt ja selbst die Piraten haben ja keinen konkreten Vorschlag, wie man das Urheberrecht ausgestalten könnte, genauer. Sehen Sie da irgendeine Perspektive, dass sich das noch ändern wird, oder ist die Politik da wirklich machtlos?
Zypries: Na, ich sage mal, das Urheberrecht ist ja ausgestaltet, und das Problem, was wir haben, ist doch, dass die Technik, die es gibt, durch die Digitalisierung und durch die Verbreitung im Netz, wir Probleme haben mit erstens der Verfolgung von unrechtmäßiger Nutzung und zweitens auch teilweise mit anderen Schwierigkeiten, die eben durch die Grenz- ¨C nicht vorhandene Grenzziehung kommen, Entschuldigung.
Führer: Okay, gut, also ich formuliere um. Also ein zeitgemäßes Urheberrecht, was auch tatsächlich durchgesetzt werden kann.
Zypries: Genau. Und da haben wir die Aufgabe, auf der einen Seite national zu gucken, was machen wir da, und da hab ich eben einen Punkt schon gesagt, mit den ordentlichen Geschäftsmodellen, das andere ist, dass wir immer weiter dafür werben müssen, dass die Menschen auch erkennen, dass Urheberrechte ein Wert sind, dass man da nicht einfach darüber hinweggehen kann. Das ist auch so ein bisschen so eine Bewusstsein schaffende Aufgabe, wo Politik sich durchaus auch beteiligen muss, aber selbstverständlich auch alle anderen in der Gesellschaft. Das ist eine weitere Daueraufgabe, die bleibt, und wir müssen selbstverständlich auch sehen, dass alle anderen Punkte entsprechend erledigt werden.
Führer: Frau Zypries, die Diskussion um das Urheberrecht ist ja in Teilen schon weiter. Es gibt ja einige wirklich konkrete Vorschläge, zum Beispiel die Schutzfrist für das Urheberrecht zu verkürzen. Die beträgt ja zurzeit 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, nicht nach Schaffung des Werks. Die könnte man doch zum Beispiel verkürzen auf 15 oder 30 Jahre. Ein anderer Vorschlag ist, dass alle geschützten Werke in einem zentralen Register im Netz registriert werden sollten. Sodass man gleich weiß, darf ich daraus jetzt was samplen oder nicht oder ist das ein geschütztes Werk oder nicht. Wie stehen Sie zu solchen Vorschlägen?
Zypries: Die Schutzfristen des Urhebers werden in der Tat schon länger diskutiert. Da gibt es aber auf ¨C das ist eine Regelung, die auf europäischer Ebene zu treffen ist. Und da wird die europäische Kommission einen Vorschlag zu machen in Kürze. Und die Frage eines solchen Registers ist ein enormer Verwaltungsaufwand. Wo man sich fragen muss, ob es das tatsächlich trägt. Deswegen wäre ich da ein bisschen zurückhaltend. Das kostet ja eine richtige Menge Geld, und das ist ja richtig aufwendig, so etwas zu machen.
Führer: Sie haben gerade gesagt, Urheberrecht ist ein Wert. Aber um mal die Kulturpessimistin zu geben: Kommt das jetzt nicht alles viel zu spät, diese Erziehung? Also es ist doch jetzt eine ganze Generation seit Jahren gewohnt, sich Filme und Musik umsonst aus dem Netz herunterzuladen. Das wird sich doch nicht mehr ändern. Das Netz ist doch immer findiger und schneller als alle Erziehungsmaßnahmen und Gesetze. Ich habe gestern in Vorbereitung auf unser Gespräch extra noch mal mit einem Bekannten gesprochen, der hat auf seiner Festplatte 30.000 Musiktitel, 1500 Filme und keinen einzigen Cent für die bezahlt.
Zypries: Das ist ganz schlecht. Um ehrlich zu sein, solche Bekannten habe ich nicht, sondern die Leute ...
Führer: Sie sind ja auch Justizministerin gewesen, Frau Zypries.
Zypries: Nein, aber ich meine, jetzt mal ganz im Ernst, es ist ja schon so, dass sich die legale Nutzung von Angeboten sehr verbessert hat. Also die Musikindustrie klagt längst nicht mehr so sehr darüber, dass so viel illegale Nutzung stattfindet. Sie hat inzwischen 70 Geschäftsmodelle im Angebot, wo man über Flatrates Musik bekommen kann. Sie schafft also diese Alternativen, und wir haben mit iTunes, die Sie ja auch schon genannt haben, auch ein echtes Modell entwickelt, was funktioniert. Also, da kaufen ja doch die Leute. Da wird eben nicht mehr illegal heruntergeladen.
Und von daher denke ich, es wird besser, und auch das Bewusstsein steigt, auch über diese ganzen Strafverfolgungen und Abmahnungen, die ja auch zu kritisieren sind ihn ihrem Überschwang teilweise, aber die ja doch dazu führen, dass die Menschen wissen, wir tun hier was Unrechtmäßiges. Und in meinen Gesprächen mit Schülergruppen frage ich immer, und sie wissen natürlich, dass sie, wenn sie es tun, etwas Unrechtmäßiges tun. Und ich sage Ihnen auch, warum ich meine, dass das nicht geht.
Führer: Sie wissen wahrscheinlich, was sie Ihnen zu antworten haben, wenn sie mit Ihnen sprechen. Ich habe den Eindruck, es gibt eine ganze Gruppe, die ist sozusagen verloren für diese Appelle. Die machen das seit Jahren, die werden das immer weiter machen.
Zypries: Das kann sein. Das ist aber, glaube ich, eine relativ kleine Gruppe, und wir haben natürlich immer, in unserem gesellschaftlichen System Leute, die sich außerhalb des Rechtssystems stellen. Wir haben immer Leute, die, was weiß ich, kleine Ladendiebstähle begehen oder solche Sachen machen, denen Sie auch nicht nachkommen, oder die schwarzfahren, das kommen wir auch nach.
Also, das wird es immer geben. Da kann man auch nicht glauben, dass man jeden einzelnen tatsächlich erwischt beziehungsweise dass alle sich 100 Prozent auf eine Sache verständigen und sich daran halten. Das wird in so einer großen Gesellschaft nicht geschehen können.
Führer: Brigitte Zypries, Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion, die heute ihre zwölf Thesen zum Urheberrecht vorstellt. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Frau Zypries!
Zypries: Bitteschön.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
In der Redaktion waren wir ja schon gespannt, wie diese zwölf Thesen für ein faires und zeitgemäßes Urheberrecht der SPD-Fraktion denn lauten würden. Welche Lösung hat sie für den Grundkonflikt zwischen Freiheit im Netz einerseits und fairer Vergütung für die Urheber andererseits? Nach der Lektüre der Thesen waren wir dann doch enttäuscht. Ich habe Brigitte Zypries gefragt, ob sie diese Enttäuschung verstehen kann.
Brigitte Zypries: Ja, ich kann sie verstehen. Weil Sie wahrscheinlich erwartet haben, wir finden jetzt das Ei des Kolumbus. Aber die SPD ist zwar eine Partei, die eine Menge Fantasie hat, aber Eier des Kolumbus finden wir eben auch nicht. Und deshalb muss es dabei bleiben, dass wir im Urheberrecht eine Balance finden, einen gerechten Ausgleich finden zwischen den ganzen unterschiedlichen Interessen, die daran beteiligt sind.
Also, die Urheber haben ihre Interessen, die Verwerter, also die Verlage und andere haben ihre Interessen, die Nutzer im Netz haben ihre Interessen. Jeder hat sie, und wir müssen da sehen, dass wir einen Ausgleich finden. Das ist die Aufgabe in der Vergangenheit gewesen und das wird sie auch in der Zukunft sein. Und eine einfache Patentlösung wird es nicht geben.
Führer: Aber diese Forderung nach einem fairen Ausgleich, die würden ja nun tatsächlich alle unterschreiben. Warum ist es denn so schwer, da irgendetwas Konkretes vorzulegen? Ist das nicht ursprünglich die Aufgabe der Politik, faire Ausgleiche zu finden?
Zypries: Ja genau. Und deshalb haben wir ja auch viele kleine, einzelne Bausteine vorgelegt. Also, wir haben gesagt, wir brauchen auf der einen Seite Modelle, wo die Industrie gefordert ist, sie anzubieten, denn wir reden ja im Grunde um ein privatrechtliches Rechtsverhältnis. Da gibt es Leute, die erfinden was, die dichten was, die machen Musik und die wollen dieses Werk verkaufen im Netz. Und das ist ein rein privatrechtlicher Vorgang, und der Staat kann ja doch allenfalls dann eingreifen, wenn man feststellt, es funktioniert nicht richtig. Und da ist eben genau unsere Aufgabe, zu gucken, was macht diese neue Technik Internet aus. Dass es nicht mehr so richtig funktioniert. Und einer der wesentlichen Punkte ist ja auch der der Verbreitung.
Also, wir haben ein weltweites Netz, was von überall her nach Deutschland sendet in Anführungszeichen und wo die Menschen empfangen können, und gleichzeitig ist unser Recht aber natürlich national, das gilt ja eben nur in Deutschland, und das ist ja auch ein Teil der Schwierigkeit, den wir zu realisieren haben.
Führer: Sie haben gerade von den Modellen gesprochen, die entwickelt werden sollten, Frau Zypries, das ist These vier, nicht, die Modelle sollen einfach und nutzerfreundlich eine legale Nutzung geschützter Inhalte ermöglichen. Da habe ich mich schon gefragt, wer die entwickeln sollte, jetzt habe ich die Antwort von Ihnen bekommen. Aber das geht noch weiter, These vier, da steht dann, die Entwicklung legaler, kommerzieller Geschäftsmodelle sollte daher unterstützt und vorangetrieben werden. Da habe ich mich gefragt, von wem sollte das unterstützt werden?
Zypries: Also, Politik sollte das unterstützen, wir sollten das in den Gesprächen mit der Wirtschaft unterstützen, das machen wir ja ansonsten auch, dass wir Wirtschaft unterstützen. Und im Zweifel muss das Wirtschaftsministerium da vielleicht auch mal eine Ausschreibung machen für eine besonders originelle Geschichte.
Führer: Aber das hieße dann, iTunes mit deutschen Steuergeldern finanzieren?
Zypries: Nein, es geht nicht darum, iTunes mit deutschen Steuergeldern zu finanzieren, sondern es geht eben darum, zu sagen, entwickelt es weiter. Wir haben ja doch eine neue Industrie. Das ist doch im Grunde alles, was seit zehn Jahren erst sich entwickelt. Und es gab doch echte Quantensprünge, Facebook haben wir jetzt seit fünf Jahren, und das ist doch wieder ein Quantensprung gewesen in der Nutzung dieses Mediums, dieser Technik. Da muss man eben auch sehen, dass sich so was nicht von heute auf morgen entwickelt, sondern dass das eben seine Zeit braucht. Das war bei jeder neuen technischen Entwicklung in der Vergangenheit doch genauso.
Führer: Weil Sie gesagt haben, die Politik sollte das unterstützen.
Zypries: Ja, genau, das machen wir ja auch. Also wir haben ja beispielsweise auch Solarenergie unterstützt. Wir haben da auch gefördert und haben gesagt, entwickelt diese Technologie weiter, wir unterstützen euch dabei, wir haben Einspeisevergütungen gezahlt. Das ist ja ¨C warum sollen wir das bei so einem Medium wie dem Internet nicht auch machen, denn ich meine, die Kulturindustrie ist ja wirklich inzwischen ein Industriezweig.
Führer: Brigitte Zypries, Bundestagsabgeordnete der SPD im Deutschlandradio Kultur. Frau Zypries, noch mal zurück zu der Frage: Es tun sich ja alle schwer, also ehrlich gesagt ja selbst die Piraten haben ja keinen konkreten Vorschlag, wie man das Urheberrecht ausgestalten könnte, genauer. Sehen Sie da irgendeine Perspektive, dass sich das noch ändern wird, oder ist die Politik da wirklich machtlos?
Zypries: Na, ich sage mal, das Urheberrecht ist ja ausgestaltet, und das Problem, was wir haben, ist doch, dass die Technik, die es gibt, durch die Digitalisierung und durch die Verbreitung im Netz, wir Probleme haben mit erstens der Verfolgung von unrechtmäßiger Nutzung und zweitens auch teilweise mit anderen Schwierigkeiten, die eben durch die Grenz- ¨C nicht vorhandene Grenzziehung kommen, Entschuldigung.
Führer: Okay, gut, also ich formuliere um. Also ein zeitgemäßes Urheberrecht, was auch tatsächlich durchgesetzt werden kann.
Zypries: Genau. Und da haben wir die Aufgabe, auf der einen Seite national zu gucken, was machen wir da, und da hab ich eben einen Punkt schon gesagt, mit den ordentlichen Geschäftsmodellen, das andere ist, dass wir immer weiter dafür werben müssen, dass die Menschen auch erkennen, dass Urheberrechte ein Wert sind, dass man da nicht einfach darüber hinweggehen kann. Das ist auch so ein bisschen so eine Bewusstsein schaffende Aufgabe, wo Politik sich durchaus auch beteiligen muss, aber selbstverständlich auch alle anderen in der Gesellschaft. Das ist eine weitere Daueraufgabe, die bleibt, und wir müssen selbstverständlich auch sehen, dass alle anderen Punkte entsprechend erledigt werden.
Führer: Frau Zypries, die Diskussion um das Urheberrecht ist ja in Teilen schon weiter. Es gibt ja einige wirklich konkrete Vorschläge, zum Beispiel die Schutzfrist für das Urheberrecht zu verkürzen. Die beträgt ja zurzeit 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, nicht nach Schaffung des Werks. Die könnte man doch zum Beispiel verkürzen auf 15 oder 30 Jahre. Ein anderer Vorschlag ist, dass alle geschützten Werke in einem zentralen Register im Netz registriert werden sollten. Sodass man gleich weiß, darf ich daraus jetzt was samplen oder nicht oder ist das ein geschütztes Werk oder nicht. Wie stehen Sie zu solchen Vorschlägen?
Zypries: Die Schutzfristen des Urhebers werden in der Tat schon länger diskutiert. Da gibt es aber auf ¨C das ist eine Regelung, die auf europäischer Ebene zu treffen ist. Und da wird die europäische Kommission einen Vorschlag zu machen in Kürze. Und die Frage eines solchen Registers ist ein enormer Verwaltungsaufwand. Wo man sich fragen muss, ob es das tatsächlich trägt. Deswegen wäre ich da ein bisschen zurückhaltend. Das kostet ja eine richtige Menge Geld, und das ist ja richtig aufwendig, so etwas zu machen.
Führer: Sie haben gerade gesagt, Urheberrecht ist ein Wert. Aber um mal die Kulturpessimistin zu geben: Kommt das jetzt nicht alles viel zu spät, diese Erziehung? Also es ist doch jetzt eine ganze Generation seit Jahren gewohnt, sich Filme und Musik umsonst aus dem Netz herunterzuladen. Das wird sich doch nicht mehr ändern. Das Netz ist doch immer findiger und schneller als alle Erziehungsmaßnahmen und Gesetze. Ich habe gestern in Vorbereitung auf unser Gespräch extra noch mal mit einem Bekannten gesprochen, der hat auf seiner Festplatte 30.000 Musiktitel, 1500 Filme und keinen einzigen Cent für die bezahlt.
Zypries: Das ist ganz schlecht. Um ehrlich zu sein, solche Bekannten habe ich nicht, sondern die Leute ...
Führer: Sie sind ja auch Justizministerin gewesen, Frau Zypries.
Zypries: Nein, aber ich meine, jetzt mal ganz im Ernst, es ist ja schon so, dass sich die legale Nutzung von Angeboten sehr verbessert hat. Also die Musikindustrie klagt längst nicht mehr so sehr darüber, dass so viel illegale Nutzung stattfindet. Sie hat inzwischen 70 Geschäftsmodelle im Angebot, wo man über Flatrates Musik bekommen kann. Sie schafft also diese Alternativen, und wir haben mit iTunes, die Sie ja auch schon genannt haben, auch ein echtes Modell entwickelt, was funktioniert. Also, da kaufen ja doch die Leute. Da wird eben nicht mehr illegal heruntergeladen.
Und von daher denke ich, es wird besser, und auch das Bewusstsein steigt, auch über diese ganzen Strafverfolgungen und Abmahnungen, die ja auch zu kritisieren sind ihn ihrem Überschwang teilweise, aber die ja doch dazu führen, dass die Menschen wissen, wir tun hier was Unrechtmäßiges. Und in meinen Gesprächen mit Schülergruppen frage ich immer, und sie wissen natürlich, dass sie, wenn sie es tun, etwas Unrechtmäßiges tun. Und ich sage Ihnen auch, warum ich meine, dass das nicht geht.
Führer: Sie wissen wahrscheinlich, was sie Ihnen zu antworten haben, wenn sie mit Ihnen sprechen. Ich habe den Eindruck, es gibt eine ganze Gruppe, die ist sozusagen verloren für diese Appelle. Die machen das seit Jahren, die werden das immer weiter machen.
Zypries: Das kann sein. Das ist aber, glaube ich, eine relativ kleine Gruppe, und wir haben natürlich immer, in unserem gesellschaftlichen System Leute, die sich außerhalb des Rechtssystems stellen. Wir haben immer Leute, die, was weiß ich, kleine Ladendiebstähle begehen oder solche Sachen machen, denen Sie auch nicht nachkommen, oder die schwarzfahren, das kommen wir auch nach.
Also, das wird es immer geben. Da kann man auch nicht glauben, dass man jeden einzelnen tatsächlich erwischt beziehungsweise dass alle sich 100 Prozent auf eine Sache verständigen und sich daran halten. Das wird in so einer großen Gesellschaft nicht geschehen können.
Führer: Brigitte Zypries, Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion, die heute ihre zwölf Thesen zum Urheberrecht vorstellt. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Frau Zypries!
Zypries: Bitteschön.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.