Wunden bis heute nicht geheilt
Der Bergarbeiterstreik 1984-1985 war einer der längsten und härtesten in der Geschichte der britischen Arbeiterbewegung. Über hundertausend Bergleute gingen ein Jahr lang in den Ausstand. Der Streik endete heute vor 30 Jahren mit einer Niederlage der Miner - und hat tiefe Wunden hinterlassen.
Kaum ein Arbeitskampf hat in der kollektiven Psyche der Briten so tiefe Spuren hinterlassen wie der Bergarbeiterstreik. Die Auseinandersetzungen begannen im März 1984 und zogen sich über zwölf Monate hin. Es kam zu bürgerkriegsartigen Szenen.
Der Kampf hatte Symbolcharakter. Hier stieβen zwei unversöhnliche Prinzipien aufeinander. Und zwei unversöhnliche Persönlichkeiten. Auf der einen Seite die konservative Premierministerin Margaret Thatcher, sie wollte staatliche Betriebe sanieren und nach Möglichkeit in den privaten Sektor überführen. Sie lehnte es ab, verlustbringende Gruben zu subventionieren. Auf der anderen Seite Arthur Scargill, Chef der Gewerkschaft der Kohlearbeiter NUM: Er wollte den traditionellen Lebensstil der Zechendörfer erhalten. Bekannt als emotionaler Redner, betonte Scargill, „kapitalistische Halsabschneider" hätten im volkseigenen Bergbau nichts zu suchen.
Kampfansage an Margaret Thatcher
Auslöser des Konflikts war die Ankündigung der Nationalen Kohlebehörde, 20 unrentable Gruben zu schlieβen und zwanzigtausend Arbeitsplätze zu streichen. Bereits zuvor hatte die konservative Regierung neue Regelungen erlassen, um die Macht der Gewerkschaften zu drosseln. Er werde es niemals zulassen, dass die Gewerkschaftsbewegung von den Tories kastriert und verstümmelt werde, so Arthur Scargill. Eine direkte Kampfansage an Margaret Thatcher.
Die Streikwelle begann in der nordenglischen Grafschaft Yorkshire und griff dann auf andere Regionen über. Zeitweilig waren rund 180 000 Kumpel im Ausstand. Aber es gab auch Bezirke, in denen der Streik abgelehnt wurde. Bergleute, die weiter arbeiten wollten, fühlten sich von ihrem Gewerkschaftschef überrumpelt: Arthur Scargill hatte entgegen den Bestimmungen keine landesweite Urabstimmung durchgeführt. Dies sei ein eklatanter Angriff auf die demokratische Grundordnung, wetterte Margret Thatcher im Parlament.
Streikende Bergleute zahlen hohen Preis
Premierministerin Margaret Thatcher war bestens auf die Kraftprobe mit den Gewerkschaften vorbereitet. Auf Rat ihres Energieministers legte sie schon vor dem Streik beträchtliche Kohlevorräte an, zudem setzte sie vermehrt auf neue Energiequellen wie Nordseeöl und Atomkraftwerke. Die streikenden Bergleute zahlten einen hohen Preis: Ihre eigene Gewerkschaft konnte es sich nicht leisten, ihnen ein Streikgeld zu zahlen, und vom Staat bekamen sie nur ein paar Pfund pro Woche zum Leben.. Offiziell wurden sie selbst vom Gewerkschaftsdachverband TUC nicht unterstützt. Und die Labourspitze beschränkte sich auf zögerliche Solidaritätsbekundungen.
Bittere Armut, Massenschlägereien mit der Polizei, mehrere Tote, zahlreiche Verletzte. Und heftige Konflikte, nicht nur mit der Staatsgewalt, sondern auch zwischen streikenden und streikbrechenden Kumpeln, das war die Bilanz des Bergarbeiterstreiks. Die Kluften zogen sich durch Gewerkschaften, durch Zechendörfer und durch Familien. Am 3. März 1985 stimmte die Gewerkschaft der Bergleute NUM schlieβlich für das Ende des Arbeitskampfes. Margaret Thatcher hatte gesiegt. Und freie Bahn, um ihre neoliberale Politik voranzutreiben.
Niederlage bis heute nicht vergessen
Im Jahr 1984 gab es in Groβbritannien noch etwa 180 Kohlegruben. Inzwischen kann man sie an einer Hand zählen. Die Bergarbeitergewerkschaft NUM verlor innerhalb von fünf Jahren den Groβteil ihrer Mitglieder. Viele Zechenarbeiter blieben ihr Leben lang arbeitslos, erzählt Professor Mary Davis, die sich auf die Geschichte der britischen Gewerkschaften spezialisiert hat.
Die Niederlage der Bergarbeiter ist bis heute nicht vergessen: Im Jahr 2013 ist Margaret Thatcher gestorben. Ihre Gegner veranstalteten Straβenfeste. In ihren Augen ist die „Eiserne Lady" eine Symbolfigur, die ihre ganze Misere verursacht hat, und das haben sie ihr bis heute nicht verziehen.