Der Kumpel von nebenan
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Bruce Springsteen wurde mit seinen Blue-Collar-Hits weltberühmt - einem Milieu, dem er selbst früh entkam. Seine Fans kümmert es wenig: Ihnen gilt Springsteen als bodenständig und authentisch, auch wenn er Stadien füllt. Nun wird der "Boss" 70.
Stellen Sie sich vor Sie hören ihren Lieblingssender. Und auf einmal ist dort der Boss am Telefon. Bruce Springsteen ruft da - angeblich ganz spontan - bei der Heimfahrt aus dem Sportstudio bei E Street Radio, einem Sender der fast nur seine Musik spielt. Ach, er sei on Air - er habe eigentlich nur mal gucken wollen, ob die Nummer funktioniert.
Die Szene passt perfekt zum Image, das Bruce Springsteen auch mit 70 Jahren erfolgreich von sich pflegt: der umgängliche Kumpel von nebenan, der deine Sorgen um Job, Haus und Familie versteht. Der seine Heimatregion in New Jersey nie verlassen hat. Und auch nicht das Arbeitermilieu, in dem er aufgewachsen ist. Auch wenn das so gar nicht stimmt.
"Ich hab mir das alles ausgedacht"
In seiner stets ausverkauften One-Man-Show am Broadway - im Prinzip seine vertonten Memoiren - besang Springsteen dieses Paradox bis vor kurzem Abend für Abend, insgesamt über 200 Mal:
"Ich habe die Fabriken, über die ich ständig schreibe, nie von innen gesehen. Ich bin mit Songs über Erfahrungen, die ich nie gemacht habe, absurd reich geworden. Ich habe noch nie einen ganzen Tag gearbeitet. Oder fünf Tage die Woche. Weil ich nicht wollte. So gut bin ich: Ich hab mir das alles ausgedacht."
Der Boss nutzt die große Bühne inzwischen auch öfter für politische Botschaften, kritisiert etwa die Einwanderungspolitik der Trump-Regierung. Und erklärt in Interviews der amtierende US-Präsident sei ein Idiot und gefährlich obendrein. Seine Fans stört das nicht, auch wenn Springsteen selbst glaubt, dass einige davon auch Trump-Anhänger sind. Wenn der Boss auf Tour ist, sind die Arenen voll und die Stimmung gigantisch. Besonders, wenn er und seine E Street Band noch mal die ganz frühen Songs spielen:
Neues Album mit leisen Folkballaden
"Born to Run. Das wird jedes Mal größer, wenn wir es spielen. Es ist wie eine große Katharsis. Und es ist faszinierend, wie das Publikum es mitsingt."
Im Sommer erst hat Springsteen, inzwischen ein bischen grau und schmaler geworden, sein 19. Studio-Album rausgebracht. "Western Stars" besteht aus zarten, nachdenklichen Folk-Balladen.
Betörendste Platte überhaupt
Seine betörendste Platte überhaupt sei das, befand der amerikanische "Rolling Stone". Gerade, weil dieses Alterswerk so anders klingt als die Rockhits wie "Born in the USA" oder "Hungry Heart", die ihn zum weltweiten Superstar gemacht haben. Springsteen jedenfalls, so erklärte er neulich bei E Street Radio, ist dankbar, dass seine Fans ihm die Freiheit lassen, genau das zu machen, was er will.
"So lange schon im Geschäft zu sein und zu sehen, wie sich alles entwickelt hat und was es für mich und hoffentlich auch meine Fans bedeutet - da ist derzeit der erfüllendste Teil meines Lebens."
Pünktlich zum 70. Geburtstag hat Springsteen sich und den Fans noch ein Geschenk gemacht: eine Konzert-DVD zu "Western Stars". Und im kommenden Jahr will er auch wieder mit seiner E Street Band auf Tour gehen. Die Daten stehen noch nicht fest. Aber eins ist klar: Die Hallen werden voll sein und seine Fans begeistert.