Markus Gabler über die Kunst des Verbindens

"Große Infrastruktur braucht Gestaltung"

08:19 Minuten
Fußgänger überqueren auf der Millennium Bridge in London die Themse auf dem Weg zur St. Paul's Cathedral.
"The wobbly bridge" - die wacklige Brücke - im Volksmund: Die Millennium Bridge in London musste nachgerüstet werden. © imago-images / imagebroker / Hermann Dobler
Markus Gabler im Gespräch mit Eckhard Roelcke |
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In unserer Brücken-Reihe sprechen wir über die Schönheit alter und neuer Bauwerke, technische Herausforderungen, aber auch über einstürzende und Selbstmörderbrücken. Im zweiten Teil erzählt der Ingenieur Markus Gabler, wie man aus Fehlern lernen kann.
Bei dem Bau von Großbrücken sei die Einbeziehung von Architekten die "absolute Ausnahme", sagt Markus Gabler, Leiter Brückenbau beim Ingenieurbüro Arup und Experte für Großbrücken und komplexe Tragwerke. "Wir nehmen aber oft aus eigenem Zutun Architekten dazu, weil wir finden, dass große Infrastruktur auch eine Gestaltung haben sollte."

Schlanke Konstruktion auf die Spitze getrieben

Als die Stadt London Mitte der 1990er-Jahre eine neue Brücke über die Themse plante, war es natürlich klar, dass ein Architekt involviert sein würde. Sir Norman Foster hatte den Wettbewerb für den Bau der Millennium Bridge gewonnen. Und Markus Gablers Kollegen von der Londoner Dependance des Büros Arup ebenso. Doch es ging etwas schief: Zu viele Schwingungen führten dazu, dass die Brücke geschlossen und nachgerüstet werden musste.
Aus der Vogelsperspektive sieht man die vom Architekturbüro Arup entwickelte Brücke aus modularen Bauteilen über der Nordlippestraße in Werne.
Innovation: Von Markus Gabler aus einem modularem Baukastensystem entwickelte Brücke über der Nordlippestraße in Werne.© imago-images / Hans Blossey
"Wir hatten eine Konstruktion gewählt, die außerordentlich schlank war und das dann auf die Spitze getrieben. Dann ist da eine neue Art von Schwingungen aufgetreten, die man zuvor einfach noch nie hatte."
Oft seien aber Fehler die Quellen, um neue Erfahrungen zu sammeln und besser für die Zukunft zu werden, sagt Gabler.

Neues lernen durch Grenzüberschreitungen

In Windeseile habe man Forschungen angestellt und Verbesserungen entwickelt und installiert. "Das war auch in der Vergangenheit so, in den letzten 100 Jahren des Brückenbaus, dass immer wieder neue Grenzen überschritten wurden und man dadurch Neues gelernt hat."
Grundsätzlich besteht Gabler zufolge die Herausforderung darin, aus den Rahmenbedingungen eine möglichst filigrane und optimierte Konstruktion zu bauen.

Wir versuchen, von der Natur zu lernen. Die Natur versucht, mit minimalem Materialeinsatz die einfachste Lösung zu finden. Dazu kommt der Gedanke der Nachhaltigkeit. Wir wollen möglichst minimale Mengen an Stahl oder Beton verbrauchen, um unser Ziel zu erreichen.

Die Bionik zeige, dass natürliche Formen und Lösungen immer auch schön seien. "Bei dieser implementierten, eigenen Schönheit ist gar kein großer Gestaltungswille mehr erforderlich. Dadurch, dass wir das weiter optimieren, entsteht Schönheit ganz natürlich." Das zeige sich gerade an Hänge- und Schrägseilbrücken, bei denen oft auch optimierter Materialeinsatz und Schönheit der Form zusammenkämen.
(rja)


 
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