Brun-Cosme / Tallec: "Mir nach!"

Probiert euch aus!

Ausschnitt eines Bildes aus dem Kinderbuch "Mir nach!" von Nadine Brun-Cosme und Olivier Tallec: die drei Freunde - der wuschelige Riesenhund Leon, der Junge Max und der weiße Hase Henri - gehen an einer Strandpromenade spazieren.
Ausschnitt eines Bildes aus dem Kinderbuch "Mir nach!" von Nadine Brun-Cosme und Olivier Tallec © Gerstenberg Verlag
Von Kim Kindermann |
Der wuschelige Riesenhund Leon, der Junge Max und der weiße Hase Henri erfahren in dem Kinderbuch "Mir nach!", wie wichtig es ist, dass jeder mal Anführer sein darf und neue Erfahrungen macht. Die kluge Geschichte der Französin Nadine Brun-Cosme wird ergänzt durch großartige Illustrationen.
"Mir nach!" - das sagen die Starken, die Mutigen, die, die sich was trauen. So ist es auch hier: Leon, der Große, geht vorneweg. Immer. Seine zwei kleinen Freunde, Max und Henri, bleiben hinter ihm. Sie tun das gerne. So haben sie Zeit, sich Hand in Hand treiben zu lassen und Geschichten zu erzählen. Denn Leon passt ja auf. Er ruft "Warten" an der Ampel und macht auf Autos, Häuser und Bäume aufmerksam. Das ist gemütlich und gut für die beiden Kleinen. Und doch ist es damit irgendwann vorbei! Dann will Max mal vorne sein. Das ist nicht leicht für Leon, denn er liebt das Aufpassen, das vorne sein. Aber trotzdem lässt er Max vor - und der ist begeistert! Vornesein ist gut; es ist super: Alles ist neu! Der Blick auf die Welt verändert sich. Max fühlt sich groß. Zum ersten Mal passt er auf die anderen auf, sagt, wo es lang geht, sieht die Häuser, die Bäume und den Luftballon direkt aus seiner Perspektive. Perfekt!
Und das will dann Henri auch. Hinten gehen ist doof, so ganz allein. Also wieder ein Wechsel. Jetzt geht Henri vorne und auch er ist selig, auch er fühlt sich groß. So durch die Straßen ziehen, toll. "Stopp" sagen und "Mir nach" rufen und dabei wissen, die andern kommen dem nach. Toll. Wäre da nicht das Auto, das ihn nass spritzt – weil er zu nah am Straßenrand stand. Da fühlt Henri sich dann wieder klein. Gut, dass Max kommt und ihn tröstet und eine Geschichte erzählt. Zusammen gehen die beiden vorne weiter, Hand in Hand. Leon, der Große, bleibt weiter hinter ihnen. Das fühlt sich so gut an, dass Henri anfängt Lieder zu singen. Schöne Lieder, die die beiden Kleinen alles um sich herum vergessen lassen. Wäre da nicht Leon. Als Gefahr droht, zieht er Henri an der Hand schnell zu sich an die Seite. Und so stehen sie da jetzt, Hand in Hand: Nebeneinander! Und auch das hat wieder seinen eigenen Zauber.

Fabelhaftes Bilderbuch für Klein und Groß

Schöner als in diesem Bilderbuch kann man gar nicht davon erzählen, wie wichtig es ist, seine Perspektiven zu ändern und sich auszuprobieren. Nur so erfährt man, wer man ist und wo man sich am wohlsten fühlt. Das geht aber nur, wenn die Großen die Kleinen auch mal vorlassen, ihnen nicht alles abnehmen. Insofern ist Nadine Brun-Cosmes Geschichte doppelt klug. Das kennt man von der Französin. Schon ihre Geschichten um das Glück vom kleinen und großen Wolf sind Kult. Und wie sie lebt auch "Mir nach" von der hintersinnigen Einfachheit der Geschichte – wie der Verlag es überaus passend beschreibt.
Dazu kommen dann noch die großartigen comicartigen Illustrationen von Olivier Tallec: Leon ist eine Art wuscheliger rosafarbener Riesenhund mit schwarzer Stupsnase und langen Haarfransen durch die sanft ein Auge blickt. Max ist ein kleiner Junge – mit ebenfalls großer Nase und langen braunen Haaren, in blauer Hose und gelbem Shirt. Dazu kommt dann noch der putzig-kleine weiße Hase Henri, dessen Löffelohren wie zwei Antennen lustig vom Kopf abstehen.
Diese drei ungewöhnlichen Freunde lässt der Illustrator durch Städte laufen, durch Wiesen und Wälder. Am Fluss entlang und über Zebrastreifen. Am Tag und in der Nacht. Und obwohl sie nie seitenfüllend groß gezeichnet sind, beherrschen die drei jedes der Bilder – die alle in satten Farben gezeichnet sind: rot, grün, gelb, blau. Das einzige, was ab Seite zehn dazu kommt, ist der rote Luftballon. Der fast schon symbolhaft für das Wechselhafte, Leichte und Beschwingte steht, zu dem die Autorin ermuntert. So tragen die Bilder die Geschichte weiter - und machen das Buch zu dem, was es ist: ein fabelhaftes Bilderbuch für kleine und große Leserinnen und Leser.

Nadine Brun-Cosme/ Olivier Tallec: Mir nach!
übersetzt von Sarah Pasquay
Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2016
32 Seiten, 12,95 Euro

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