"Buch Wien" hat überlebt

Von Stefan May |
Die internationale Messe "Buch Wien" ist aus dem Kulturkalender der österreichischen Hauptstadt nicht mehr wegzudenken, auch wenn sie sich größenmäßig nicht mit Frankfurt oder Leipzig messen kann. 280 Aussteller stellen ihre Bücher vor.
Die derzeit drängenden politischen Fragen machen auch vor der Literatur nicht Halt. Umso mehr, wenn der Eröffnungsredner, der Schriftsteller Petros Markaris, aus Griechenland kommt.

"Es geht ums Überleben. Es geht darum, länger zu dauern als die Sintflut, beziehungsweise als die Krise. Die Literatur und die Dichtung können das Überleben erleichtern oder mindestens erträglicher machen."

Überlebt hat nach anfänglichen Zweifeln offenbar auch die "Buch Wien". Von einem "Erfolgsprojekt" sprach die Bundesministerin bei der Eröffnung, und der Kulturstadtrat sagte, die "Buch Wien" sei aus dem Kulturkalender der Stadt nicht mehr wegzudenken. Und auch wenn Österreichs Buchhandel gegenüber dem Vorjahr einen Umsatzrückgang von 4,8 Prozent verzeichnet, macht der Schriftsteller Markaris den Österreichern Mut: In Zeiten der wirtschaftlichen Krise bekomme das Buch Konjunktur. Dabei mache es auch nichts aus, dass die Wiener Buchmesse nicht zu den Großen zähle.

"Tessaloniki hat eine internationale Buchmesse, sie ist kleiner als Wien. Und trotzdem funktioniert seit zehn Jahren diese Buchmesse ganz gut. Ein Jahr nach der Wiedervereinigung haben die Deutschen ganz ernsthaft darüber nachgedacht, ob man Leipzig schließen sollte. Leipzig hat zum Glück überlebt, also Leipzig ist eine wunderschöne Messe. Ich bin viel glücklicher, wenn ich in Leipzig bin als in Frankfurt. "

Ebenso wie die Leipziger Buchmesse wendet sich auch die "Buch Wien" intensiv an ein junges Publikum. Schulklassenweise stürmen die Kinder am Eröffnungstag die Messehalle, in der es mitunter zugeht wie im Freibad. Geschäftsführerin des Hauptverbands des österreichischen Buchhandels, Inge Kralupper, zu den Schwerpunkten:

"Wir haben auch crossmediale Angebote, um genau die Jugendlichen, die ja schwer abzuholen sind, für Bücher, das Lesen zu gewinnen. Es ist aber auch Ost-, Südosteuropa. Auch da haben wir von Beginn an einen Schwerpunkt, den wir von Jahr zu Jahr sukzessive ausdehnen konnten und last, but not least wollen wir natürlich BestsellerautorInnen hierher bringen und dem Wiener Publikum ermöglichen, sich mit ihnen zu treffen. Wir sind hier eine Publikumsmesse, und hier ist Leipzig unser Vorbild. Wir stehen aber ja nicht in Konkurrenz zu Leipzig, weil wir ganz einfach das österreichische Publikum bedienen."

Leipzig zitiert auch ein österreichischen Aussteller, der regelmäßig dort und in Wien und Frankfurt am Main zu Gast ist: Der Klagenfurter Verleger Lojze Wieser, der sich hauptsächlich der Literatur des Balkans widmet. Jedes Mal hat er an seinem Stand ein Schinkenbein eingespannt und schneidet für die vorbeiziehenden Besucher unentwegt hauchdünne Scheiben ab - vom glücklichen Schwein aus dem slowenischen Karst, wie er verschmitzt betont. Leipzig wie Wien sind für Wieser, anders als Frankfurt, erweiterte Wohnzimmer, wenngleich er auch für Wien noch ((offene)) Wünsche hat:

"Ich glaube nach wie vor, dass Österreich ein dringendes Fenster nach Osteuropa sein müsste, aber es momentan auch aufgrund der Schwierigkeiten pekuniärer Natur in den osteuropäischen Ländern und den dortigen Kulturministerien kaum jemand aus Osteuropa vertreten ist. Wenn das gelingen würde, dass man gemeinsam mit Österreich, mit der Regierung, und Sponsoren und mit der EU so etwas zustande bringen würde und zehn Jahre investieren würde, dann würde man hier tatsächlich eine Drehscheibe machen."

Marialuise Thurner vom österreichischen Folio-Verlag ist hingegen rundum zufrieden:

"Es wird immer, von Jahr zu Jahr spannender, interessanter, und es ist ein gutes Konzept. Wien als Standort ist auch ein guter Standort auch für so Schwerpunkte wie eben die östlichen Nachbarn zum Beispiel, auch der Zeitpunkt ist ein guter, es ist vor Weihnachten, da kann man noch einmal das Programm ankurbeln."

Die "Buch Wien" ist aber nicht nur ein Spiegel der 1479 österreichischen Verlage. Auch die großen deutschen Häuser wie S. Fischer, Reclam oder Ullstein sind inzwischen treue Gäste. Rowohlt ist zum dritten Mal dabei, sagt der Vertriebsleiter für Österreich, Traugott Schreiner:

"Wir treffen hier auf die Leser, den Endkunden und nicht auf unsere Geschäftspartner. Allerdings ist es schon so, dass wir das nach jeder Messe immer wieder noch mal hinterfragen und versuchen zu analysieren, ob es sich weiterhin lohnt herzukommen, aber die Tendenz ist, dass wir weiter hierher kommen."