Kleinverlage und die Buchmessenabsage

"Man kann sich nicht abhängig machen von Konzernen"

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Nikola Richter schaut in die Kamera. Sie hat braune Haare, trägt eine Brille und hat einen grauen Pullover mit rotem Rundkragen an.
Nikola Richter betreibt in Berlin den Mikrotext Verlag. Sie hätte sich mehr Kreativität beim Messeveranstalter und den Großverlagen gewünscht. © Sarah Eick
Nikola Richter im Gespräch mit Joachim Scholl |
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Die Absage der Leipziger Buchmesse trifft vor allem kleine Verlage. Nikola Richter vom Berliner Mikrotext Verlag findet, das Ausrichten der Messe dürfe nicht davon abhängen, dass Großverlage teilnehmen. Man hätte eine kreative Lösung finden können.
Nikola Richter ist Gründerin und Leiterin des Ein-Personen-Verlags Mikrotext. Wegen der Absage der Leipziger Buchmesse ist die Verlegerin schwer enttäuscht. „Ich befand mich zwischen Weinen und Schreien, Traurigkeit und Wut“, schildert sie ihre Reaktion, als sie erfuhr, dass die Messe zum dritten Mal in Folge ausfällt.

Absage ein "riesiger Schock"

Die Absage sei ein „riesiger Schock“ gewesen und treffe vor allem die kleinen Verlage: „Man kann eine Messe nicht ersetzen. Die Leipziger Buchmesse ist immens wichtig für uns kleinere Verlage, weil sie einfach diese Überraschungsmomente bietet. Frankfurt ist einfach ein bisschen kühler, etwas geschäftlicher und auch viel teurer!“
Die großen Messen seien „kulturpolitisch erwünscht“, zudem würden auch öffentliche Gelder fließen. Messen sollten die Vielfalt abbilden und fördern, findet Richter. „Man kann sich eigentlich nicht abhängig machen von Konzernen, die dann durch Absagen ein ganzes Konzept umschmeißen.“

Keine Kreativität bei Messe und Großverlagen

Richter vermisst sowohl bei der Messe als auch bei den Großverlagen die Kreativität: „Man versucht nicht, mal neu zu denken“, kritisiert sie.

Wenn jetzt die Konzerne nicht kommen wollen – was wären denn dann die Alternativen? Könnte man vielleicht einfach nur zwei Hallen öffnen? Könnte man eventuell das Personal reduzieren? Könnten eventuell die großen Konzernverlage auch mit weniger Personal kommen? Ist es überhaupt schlimm, wenn die nicht da sind? Wollen wir es mal ausprobieren? War die Messe denn immer schon so groß? Nein! War es trotzdem eine gute Messe? Ja!

Sie ist auch enttäuscht, weil schon sehr viel Arbeit in die Vorbereitung geflossen sei. „Diese nicht bezahlte Arbeit hat ja stattgefunden.“ Und Autorinnen und Autoren, die nicht mehr lesen, hätten keine Einnahmen. „Über die spricht ja auch kaum jemand.“
Richter hat sich entschlossen, ein Ersatzprogramm zu machen. Sie lädt auf ihrer Website zum virtuellen Buchmessen-Empfang am 17. März, dem Tag, an dem die Messe in Leipzig beginnen sollte.

Von Lovenberg: Absage der Messe verständlich

Felicitas von Lovenberg, Verlegerin des Piper Verlags, findet die Absage der Buchmesse angesichts der Corona-Zahlen verständlich. „Wir haben nun mal eine Pandemie“, sagte sie bei uns im Programm .
Hygienemaßnahmen einzuhalten, sei in Leipzig noch mal schwieriger als in Frankfurt. Außerdem gehe man in so einer Situation das geschäftliche Risiko ein, „dass die gesamte Vertriebsmannschaft möglicherweise die nächsten Wochen nicht einsatzfähig ist“.
Die Großverlage seien auch Publikumsmagneten, wenn diese fehlen, könnten Besucherinnen und Besucher enttäuscht werden. Auch deshalb sei die Absage zu verstehen.
Den Vorwurf, die großen Verlage wollten einfach nur Geld sparen, weist sie als „ausgemachten Humbug“ zurück: „Also gerade die großen Verlage geben sehr gerne das Geld aus, um Messen zu besuchen.“ Die Pandemie habe noch mal deutlich gemacht, dass Bücher und Publikum und auch Autoren und Publikum zusammengehörten. „Es gibt keinen Verlag, behaupte ich, im gesamten deutschsprachigen Raum, der das anders sieht.“
Zuvor hatte schon Hanser-Verleger Jo Lendle betont, dass die Absage der Messe ein herber Schlag für die Branche sei.
(mfu/abu)
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