Buchscanner im Einsatz
Stöbern und Recherchieren in alten Bücher - das geht heute per Mausklick. Moderne Scanner und intelligente Software können mehrere tausend Seiten pro Stunde digitalisieren, aber oftmals muss an die historischen Stücke noch Hand angelegt werden.
"Mitte der der 90er Jahre erst mal einen Flachbettscanner. Geguckt, geprüft, was geht..."
Es ging, sagt Elke Peschke. Sie ist Leiterin der Abteilung für historische Buchbestände im Grimm-Zentrum der Berliner Humboldt-Universität und erinnert sich daran, wie Mitarbeiter mit Seidenhandschuhen die ersten wertvollen Bücher auf die Glasplatte des Scanners legten. Vorsichtig wurde Seite für Seite umgeblättert, fotografiert und digitalisiert. Bei einer halben Million alter Bücher wäre dies sicher eine Lebensaufgabe für mehrere Generationen.
"Dann haben wir erst mal einen Teil unserer Spezialsammlung erschlossen. Also, wir haben eine wunderbare Portraitsammlung, die steht im Netz. Oder unsere Autografen, Stück für Stück. Und dann haben wir so ganz langsam darüber nachgedacht: Wie kriegt man das mit den Büchern hin? Das war schwierig, denn wir hatten damals einen älteren Scanner, aus heutiger Sicht. Also Schwarz-Weiß. Viele Bücher sind farbig oder so marmoriert. Da sind Handschriften drin. Also, das war damit noch nicht zu digitalisieren. Das Geld hatten wir auch nicht."
Das Geld floss dann mit einem Projekt der Europäischen Union, EOD heißt es: "Electronic Books On Demand". Elektronische Bücher auf Bestellung funktioniert wie beim Onlinehändler. Jeder der ein historisches Buch lesen will, kann es beim Grimm-Zentrum für 20 Cent pro Seite bestellen und tut gleichzeitig noch etwas für die Allgemeinheit, denn das neue alte Buch wird Teil einer kostenlosen öffentlichen Bibliothek.
"Und dann begann sozusagen ganz massiv die Digitalisierung von "Büchern auf Bestellung". Das ist ein sehr erfolgreiches Projekt, weil Sie innerhalb von 14 Tagen das Buch, das Sie brauchen bei sich zu Hause auf dem Tisch haben - auch dem Rechner natürlich, nicht auf dem Tisch."
Auf dem Tisch in einem Raum des Grimm-Zentrums steht jetzt ein moderner Scanner. Trotzdem muss man mit der Hand eine Glasplatte hochklappen, das historische Buch in eine flache Mulde legen, die Seite umblättern und die Glasplatte wieder herunterklappen. Ein Bildschirm zeigt die beiden aufgeschlagenen Seiten. Oben, in der Mitte zwischen zwei starken Leuchten ist die Kamera. Klick. Warum soviel Handarbeit, Frau Peschke, wenn es doch Automaten gibt?
"Bücher sind früher nicht immer mit dem gleichen Papier gedruckt worden, also mit unterschiedlichen Papierstärken und unterschiedlichen Papierlagen. Dadurch gibt es Schatten und leichte Verzerrungen. Ja. Und wir legen Wert auf eine sehr hohe Qualität und deshalb haben wir uns für so ein normales Gerät entschieden, wo man noch umblättern muss."
Auch bei Geräten, die automatisch umblättern, muss immer jemand aufpassen. Henk Thomassen vom Niederländischen Hersteller Kirtas legt ein Buch in einen 45 Grad gewinkelten Holzrahmen und befestigt zwei bewegliche Klammern am Rand des aufgeschlagenen Buchs. Wie zwei menschliche Daumen halten diese Klammern die Seiten am Buchrand fest und lassen beim Umblättern kurz los. In der Mitte zwischen den Seiten funkelt ein roter Laserpunkt.
"Der Laserpunkt, der soll immer in der Mitte bleiben. Diese Klammern müssen nach unten gebracht werden, womit wir das Buch, diese Blätter ein wenig nach unten drücken, bevor wir das Bild machen. Da sind die zwei Kameras...."
Gleich wird sich ein Mini-Staubsauger auf die rechte Seite des Buches legen, die Seite hoch saugen und nach links umblättern. Zwei darüber montierte Kameras sind einmal auf die rechte und auf die linke Seite gerichtet:
"Ein Drücken auf den Knopf und das Gerät fängt an zu blättern und macht immer zwei Fotos. Eins von der linken Seite und eins von der rechten Seite. Dieser Arm wird angetrieben von einigen Motoren. Und diesem Arm da wird durch Vakuum dieses Blatt abgenommen. Und an dieser Seite, da blasen wir ein ganz wenig Luft dazwischen, zwischen die Blätter, damit die auseinander kommen und dann kann das einfach aufgenommen worden."
Keine Kamera schafft es, die Seiten eines aufgeschlagenen Buches unverzerrt aufzunehmen, weil sich die Seiten zur Mitte des Buches, dort wo es gebunden ist immer etwas rollen. Besonders bei dicken Büchern fallen diese Rundungen auf. Erst später werden diese krummen Bilder von einer Software korrigiert.
Der Scanner des Wiener Herstellers Treventus braucht das nicht. Beleuchtung und ein Prisma mit Kamera-Sensoren verstecken sich in einem flachen, auf beiden Seiten geschlitzten keilförmigen Lineal. Kaum drückt Daniel Olsson die Start-Taste, senkt sich der Keil wie die Nase extrem kurzsichtiger Leser zwischen beide Buchseiten. Durch die beiden langen Schlitze wird nicht nur fotografiert, sondern strömt auch Unterdruck, der beide Buchseiten ansaugt. Die schmiegen sich an das "Fotolineal", während es langsam nach oben gleitet, um die Seiten zu scannen.
"Und während des Hochfahrens wird das Bild von zwei Kaltleisten-LEDs beleuchtet. Wenn der Kopf am obersten Punkt ist, dann wird da hinten durch einen Schlauch ein kleiner Luftstrom durchgejagt, der die beiden Blätter wieder umblättert."
Anschließend verwandelt eine Software den fotografierten Text in einen digitalen Text, damit man ihn später per Stichwort suchen kann. Und wer seinen Computer beim Lesen des digitalen Buches am Internet angeschlossen hat, erlebt, was Daniel Olsson an einer amerikanischen Zeitungsseite zeigt. Ein gelbes Fenster öffnet sich, sobald er mit dem Mauszeiger über dem Zeitungsbild eines amerikanischen Politikers stehen bleibt.
"Wenn man hier beispielsweise drüber geht, über Wesley Clark, dann haben Sie hier direkt Informationen, die er aus dem Internet rausgesucht hat, zum Beispiel bei Wikipedia."
Elke Peschke vom Grimm-Zentrum hat es noch luxuriöser. Alle am Europäischen Projekt beteiligten Bibliotheken lassen die fotografierten Buchseiten in Wien digitalisieren, von einer lernfähigen Software. Viel zu lernen braucht die wohl nicht mehr.
"Wir hatten noch nicht eine einzige Beanstandung, aber es ist immer schwer, wenn Sie sehr alte Bücher haben - und die sind so bräunlich - und es druckt das Untere durch. Es ist zum Glück noch nicht aufgetaucht."
Links bei dradio.de
EU-Berater sprechen sich für Kooperation zwischen Bibliotheksportal "Europeana" und Google aus
Wenn Maschinen lesen
Es ging, sagt Elke Peschke. Sie ist Leiterin der Abteilung für historische Buchbestände im Grimm-Zentrum der Berliner Humboldt-Universität und erinnert sich daran, wie Mitarbeiter mit Seidenhandschuhen die ersten wertvollen Bücher auf die Glasplatte des Scanners legten. Vorsichtig wurde Seite für Seite umgeblättert, fotografiert und digitalisiert. Bei einer halben Million alter Bücher wäre dies sicher eine Lebensaufgabe für mehrere Generationen.
"Dann haben wir erst mal einen Teil unserer Spezialsammlung erschlossen. Also, wir haben eine wunderbare Portraitsammlung, die steht im Netz. Oder unsere Autografen, Stück für Stück. Und dann haben wir so ganz langsam darüber nachgedacht: Wie kriegt man das mit den Büchern hin? Das war schwierig, denn wir hatten damals einen älteren Scanner, aus heutiger Sicht. Also Schwarz-Weiß. Viele Bücher sind farbig oder so marmoriert. Da sind Handschriften drin. Also, das war damit noch nicht zu digitalisieren. Das Geld hatten wir auch nicht."
Das Geld floss dann mit einem Projekt der Europäischen Union, EOD heißt es: "Electronic Books On Demand". Elektronische Bücher auf Bestellung funktioniert wie beim Onlinehändler. Jeder der ein historisches Buch lesen will, kann es beim Grimm-Zentrum für 20 Cent pro Seite bestellen und tut gleichzeitig noch etwas für die Allgemeinheit, denn das neue alte Buch wird Teil einer kostenlosen öffentlichen Bibliothek.
"Und dann begann sozusagen ganz massiv die Digitalisierung von "Büchern auf Bestellung". Das ist ein sehr erfolgreiches Projekt, weil Sie innerhalb von 14 Tagen das Buch, das Sie brauchen bei sich zu Hause auf dem Tisch haben - auch dem Rechner natürlich, nicht auf dem Tisch."
Auf dem Tisch in einem Raum des Grimm-Zentrums steht jetzt ein moderner Scanner. Trotzdem muss man mit der Hand eine Glasplatte hochklappen, das historische Buch in eine flache Mulde legen, die Seite umblättern und die Glasplatte wieder herunterklappen. Ein Bildschirm zeigt die beiden aufgeschlagenen Seiten. Oben, in der Mitte zwischen zwei starken Leuchten ist die Kamera. Klick. Warum soviel Handarbeit, Frau Peschke, wenn es doch Automaten gibt?
"Bücher sind früher nicht immer mit dem gleichen Papier gedruckt worden, also mit unterschiedlichen Papierstärken und unterschiedlichen Papierlagen. Dadurch gibt es Schatten und leichte Verzerrungen. Ja. Und wir legen Wert auf eine sehr hohe Qualität und deshalb haben wir uns für so ein normales Gerät entschieden, wo man noch umblättern muss."
Auch bei Geräten, die automatisch umblättern, muss immer jemand aufpassen. Henk Thomassen vom Niederländischen Hersteller Kirtas legt ein Buch in einen 45 Grad gewinkelten Holzrahmen und befestigt zwei bewegliche Klammern am Rand des aufgeschlagenen Buchs. Wie zwei menschliche Daumen halten diese Klammern die Seiten am Buchrand fest und lassen beim Umblättern kurz los. In der Mitte zwischen den Seiten funkelt ein roter Laserpunkt.
"Der Laserpunkt, der soll immer in der Mitte bleiben. Diese Klammern müssen nach unten gebracht werden, womit wir das Buch, diese Blätter ein wenig nach unten drücken, bevor wir das Bild machen. Da sind die zwei Kameras...."
Gleich wird sich ein Mini-Staubsauger auf die rechte Seite des Buches legen, die Seite hoch saugen und nach links umblättern. Zwei darüber montierte Kameras sind einmal auf die rechte und auf die linke Seite gerichtet:
"Ein Drücken auf den Knopf und das Gerät fängt an zu blättern und macht immer zwei Fotos. Eins von der linken Seite und eins von der rechten Seite. Dieser Arm wird angetrieben von einigen Motoren. Und diesem Arm da wird durch Vakuum dieses Blatt abgenommen. Und an dieser Seite, da blasen wir ein ganz wenig Luft dazwischen, zwischen die Blätter, damit die auseinander kommen und dann kann das einfach aufgenommen worden."
Keine Kamera schafft es, die Seiten eines aufgeschlagenen Buches unverzerrt aufzunehmen, weil sich die Seiten zur Mitte des Buches, dort wo es gebunden ist immer etwas rollen. Besonders bei dicken Büchern fallen diese Rundungen auf. Erst später werden diese krummen Bilder von einer Software korrigiert.
Der Scanner des Wiener Herstellers Treventus braucht das nicht. Beleuchtung und ein Prisma mit Kamera-Sensoren verstecken sich in einem flachen, auf beiden Seiten geschlitzten keilförmigen Lineal. Kaum drückt Daniel Olsson die Start-Taste, senkt sich der Keil wie die Nase extrem kurzsichtiger Leser zwischen beide Buchseiten. Durch die beiden langen Schlitze wird nicht nur fotografiert, sondern strömt auch Unterdruck, der beide Buchseiten ansaugt. Die schmiegen sich an das "Fotolineal", während es langsam nach oben gleitet, um die Seiten zu scannen.
"Und während des Hochfahrens wird das Bild von zwei Kaltleisten-LEDs beleuchtet. Wenn der Kopf am obersten Punkt ist, dann wird da hinten durch einen Schlauch ein kleiner Luftstrom durchgejagt, der die beiden Blätter wieder umblättert."
Anschließend verwandelt eine Software den fotografierten Text in einen digitalen Text, damit man ihn später per Stichwort suchen kann. Und wer seinen Computer beim Lesen des digitalen Buches am Internet angeschlossen hat, erlebt, was Daniel Olsson an einer amerikanischen Zeitungsseite zeigt. Ein gelbes Fenster öffnet sich, sobald er mit dem Mauszeiger über dem Zeitungsbild eines amerikanischen Politikers stehen bleibt.
"Wenn man hier beispielsweise drüber geht, über Wesley Clark, dann haben Sie hier direkt Informationen, die er aus dem Internet rausgesucht hat, zum Beispiel bei Wikipedia."
Elke Peschke vom Grimm-Zentrum hat es noch luxuriöser. Alle am Europäischen Projekt beteiligten Bibliotheken lassen die fotografierten Buchseiten in Wien digitalisieren, von einer lernfähigen Software. Viel zu lernen braucht die wohl nicht mehr.
"Wir hatten noch nicht eine einzige Beanstandung, aber es ist immer schwer, wenn Sie sehr alte Bücher haben - und die sind so bräunlich - und es druckt das Untere durch. Es ist zum Glück noch nicht aufgetaucht."
Links bei dradio.de
EU-Berater sprechen sich für Kooperation zwischen Bibliotheksportal "Europeana" und Google aus
Wenn Maschinen lesen