Bücher gibt es genug

Von Knut Benzner |
Die Leipziger Buchmesse ist in vieler Leute Munde, Bibliotheken sind es weniger. Sie sind vom Wesen her ruhige und stille Orte. Also selten in den Schlagzeilen. Obwohl die Lage der Ausleihstellen vielerorts schwierig ist, auch im Norden der Republik.
"Einmal durch das Drehkreuz bitte."

Lübeck. Die alte Hansestadt. In der Hundestraße.

Bibliotheksangestellte: "Einmal durch den großen Raum, hintern durch die Glastür´, dann nehmen Sie den Aufzug, ganz nach oben in den zweiten Stock"

Manchmal wird selbst in Bibliotheken gebaut. Wenn es der Renovierung dient. Oder dem Ausbau. Oder der Wiederherstellung ...

Bernd Hatscher und Angela Buske: "Hallo, guten Tag, einen schönen guten Tag ihnen zusammen, ..."

Manchmal, und das kommt im Norden der Bundesrepublik in den letzten Jahren öfter als manchmal vor, manchmal entstehen solches Spektakel dann, wenn abgerissen oder ausgelagert oder verkleinert wird.

Buske: "Ja, mein Name ist Angela Buske, ich bin hier stellvertretende Leitung in der Stadtbibliothek und kümmer´ mich um, nebenbei, um den Altbestand."

Die Räume der Ruhe, die Säle der Besinnung werden dann zu Räumen der Unrast und Sälen der Besinnungslosigkeit.

Hatscher: "Mein Name ist Bernd Hatscher, ich bin Direktor der Stadtbibliothek in Lübeck und seit 2007 hier Leiter."

Hatscher, 47, war gerade krank - und Angela Buske ist gerade 50 geworden. Bernd Hatscher:

"Hmm, wir haben hier Stadtteilbibliotheken, so nennen wir das hier ganz bewusst, um die Funktion im Stadtteil als eine jeweilige kleine Zentrale klar zu machen. In der Vergangenheit hatten wir einmal elf Stadtteilbibliotheken."

Elf minus vier ist sieben.

Hatscher: "Sieben. Elf minus vier ist sieben."

Holstentor in Lübeck
Holstentor in Lübeck© AP Archiv
Schließung von Stadtteilbibliotheken, Stellenabbau

Die Vergangenheit währte in Lübeck bis Ende 2011. Ende 2011 musste die letzte Stadtteilbibliothek geschlossen werden.

Hatscher: "Ja, es gab Schließungen, schlicht und ergreifend. Diese Bibliotheken existieren nicht mehr, es ist auch kaum möglich, Bibliotheken im luftleeren Raum stehen zu lassen, wenn man Bibliotheken nicht mehr ausstattet, mit Personal, mit Geld, mit EDV, dann ist das eine leere Hülle, die vielleicht noch ein paar Wochen gut geht, durch vielleicht noch nettes, ehrenamtliches Engagement, aber tatsächlich keine dauerhafte Perspektive haben."

Sie sind tot.

Hatscher: "Sie sind tot, die Bibliotheken damit."

Irgendwann hatte man die Gebäude einfach abgeschlossen.

Buske: "Ja, also die Gebäude stehen jetzt leer oder sind gar nicht mehr vorhanden, und das Personal ist sukzessive abgebaut worden, ein Drittel in den letzten Jahren, und die Bestände sind dann auch teilweise hier in die Stadtbibliothek gewandert oder eben auch dann, ja, langsam gelöscht worden, wie wir sagen."

Aussortiert und Ausrangiert. Die Bücher. Und die Mitarbeiter, dieses erwähnte ein Drittel, das freigestellt wurde?

Hatscher: "Wir haben, das sagte meine Kollegin ja schon, ein Drittel unseres Personals verloren, das Drittel waren 24 Stellen, wir hatten also mal 72 und sind noch bei 48."

Die Majorität ist in der Zentralbibliothek in Lübecks Innenstadt reduziert worden, 15 bis 18 Stellen.
Wiederbesetzungssperre war das sozialverträglich wunderbare Wort.

Hatscher: "Die gilt auch weiterhin, für alle Lübecker Institutionen, nicht nur für die Bibliothek, und im Rahmen dieser haben wir mit jedem Weggang, ob nun durch Kündigung oder durch Verrentung eine Stelle verloren."

Und dann noch eine und dann noch eine und dann noch eine ...

Hatscher: "Und das ist auch unsere Hauptproblematik heute, wir haben heute keinen Ersatz für dasjenige Personal, das uns aus welchen Gründen auch immer verlässt."

Der Altersschnitt in den verbliebenen Bibliotheken? Deutlich jenseits der Mitte 50. Die Folgen sind vorhersehbar: hoher Abgang, niemanden im Nachwuchs. Weil der erst gar nicht eingestellt werden würde.

Hatscher: "In der Vergangenheit wäre er nicht eingestellt worden, ganz genau, jetzt sind wir aber schon um ein Drittel runter, und dann muss man sich die Frage stellen: Wie weit sollen wir denn, denn bald haben wir dann eine Bibliothek ohne Personal."

Wenn ich in den Supermarkt gehe, gerate ich auch nicht unbedingt an eine Verkäuferin, sondern hole mir meine Ware selbst aus dem Regal.

Hatscher: "Das ist hier genauso."

Träger einer Stadtbibliothek ist, der Name sagt es, die Stadt. Feste Landesmittel - Fehlanzeige ...

Hatscher: "Es gibt lediglich Projektförderungen für bestimmte Gebiete wie Bestandserhaltung oder so was. Aber wir sind ansonsten rein städtisch finanziert."

Das ist dar Grundgedanke. Der jährliche Etat:

"Medienetat? Oder was ist gemeint?"

Der Medienetat. Der Etat für Bücher, CDs DVDs, Hörkassetten, Zeitungen, Zeitschriften, Magazine uns so weiter ...

Hatscher: "Medienetat von ungefähr 360.000 Euro, das heißt, dafür kaufen wir von der Zeitschrift über das Buch bis zum E-Book bis zur Datenbank."

Buske: "Man muss den Bestand ständig aktuell halten, ansonsten ist es sinnlos, dieser Bestand muss eben gepflegt werden, wenn er nicht ständig aktualisiert wird, dann kann man im Grunde auch schon den Schließungstermin festlegen."

Hatscher: "Ich weiß aber natürlich, es gibt Bibliotheken, bei denen das schon die Realität ist."

Der Lübecker Fall, die Lübecker Situation ist somit nicht der Etat - der hat sich in den letzten Jahren nicht verändert. Nicht verändert heißt allerdings auch: Er ist nie vergrößert worden.

Hatscher: "Die Problematik liegt in der Problematik der kommunalen Finanzierung ..."

... der kommunalen Finanzierung es Personals!

Schuldenstand von 1.4 Milliarden Euro und Daseinsvorsorge

Hatscher: "Die Kommunen stöhnen alle, und sie stöhnen überwiegend auch zu Recht, ein Beispiel: Lübeck hat einen kommunalen Schuldenstand von 1.4 Milliarden Euro, das ist eine so kolossale Summe, dass man schwer überlegen muss, wie viele Nullen das überhaupt sind ..."

... neun ...

Hatscher: " ... und das mit 212.000 Einwohnern, das ist keine Belastung, das ist eine Katastrophe. Gleichwohl: Kommunen müssen existieren können, sie müssen für ihre Einwohnerinnen und Einwohner ja etwas bieten ..."

Theater, Schwimmbäder, Museen, Sportplätze, Schulen, Friedhöfe, Verkehrsbetriebe, bisweilen Krankenhäuser, Altenheime, Stadtwerke und Bibliotheken.
Im Rahmen der Daseinsvorsorge bereitgestellt.

Hatscher: "Kommunen sind nicht dazu da, nur eine Verwaltung vorzuhalten,
sondern eben auch einen Grund für die Bevölkerung zu bieten, einen Lebensgrund."

Im Rahmen dieser Daseinsvorsorge können jedoch bis auf Schulen und Friedhöfe alle anderen Einrichtungen und Institutionen geschlossen oder privatisiert oder reduziert werden.
Angela Buske, die stellvertretende Leiterin:

"Also wir kriegen durchaus auch immer wieder natürlich den Auftrag, Sparpotenzial zu ermitteln oder umgekehrt Einnahmen zu erhöhen, so sind wir jetzt eben auch aktuell aufgefordert worden, unsere Lesegebühr herauf zusetzen, was wir dann wahrscheinlich auch umsetzen werden müssen in diesem Jahr."

Um 20 Prozent, von 20 auf 24 Euro per annum. Verwalter von Sparmaßnahmen und Einsparungen, im Falle von Bibliotheken meist das Kulturamt, pflegen den Druck stets nach unten durchzugeben.
Die Besucherzahlen der Bibliotheken in Lübeck? Weder rückläufig noch stagnierend. Besucherzahlen sind stets ein gern genommenes Argument der vielfältigen Verwalter, um etwas abzuschließen. Besucherzahlen müssen mitgeteilt werden bzw. sie dienen zur Rechtfertigung. Bernd Hatscher, der Leiter der Stadtbibliotheken Lübeck:

"So ist es, das finde ich auch grundsätzlich richtig, dass wir uns rechtfertigen müssen, es ist die Frage, wie oft man das immer muss, aber selbstverständlich können wir diese Zahl vorlegen, und das tun wir sogar mit Stolz. Wir haben 300.000 Besucher im Jahr, das heißt jeden Tag, das heißt jeden Tag tausend Bürgerinnen und Bürger, die zu unserer Tür rein und auch wieder raus gegen."

Anders ausgedrückt: Alle 20 Sekunden kommt jemand herein und möchte sich möglicherweise beraten lassen, und alle vier Sekunden wird ein Buch oder ein anderes Medium ausgeliehen. Nicht das Niveau einer verstaubten Bücherstube, eher das eines betriebsamen, gut gehenden Kaufhauses.

Hatscher: "Es wäre fatal für uns, wenn wir noch weiter runter sollten, denn dann ist eine Einrichtung wie die Stadtbibliothek Lübeck, die fast 400 Jahre alt ist, in der Tat in akuter Gefahr."

Fast 400 Jahre alt, eine der ältesten und eine der ältesten öffentlich zugänglichen Bibliotheken der Bundesrepublik - enormer altwissenschaftlicher Bestand, baulich verbunden mit Kirche und Museumskirche St. Katharinen. Sie könnten sich spezialisieren: auf Heinrich und Thomas Mann und Günter Grass.

Hatscher: "Hahahaha, sicherlich, das könnten wir theoretisch tun, ist aber glatt vorbei an unserer Aufgabe. Denn Bibliothek vermittelt wenig Literatur, Roman, und ganz viel sachliche Inhalte."

Ortswechsel!

Von Lübeck in eine andere Hansestadt. In diesem Fall nicht nur Hanse-, sondern auch Landeshauptstadt. Die kleinste - und die charmanteste, ...

Landeshauptstadt ohne Universität und Hochschule

Heidrun Hamann: "Würde ich so sehen, also wenn wir uns vergleichen mit anderen Landeshauptstädten, wir sagen immer, wir sind die kleinste und die schönste und die einzige Landeshauptstadt ohne Universität oder Hochschule."

Stimmt alles.

Hamann: "Das stimmt."

... nicht einmal 75 Kilometer entfernt von Lübeck, süd-östlich - Schwerin demnach.

Hamann: "Ich bin zugezogen vor, ja, 34 Jahren, also ich hab´ einen Schweriner geheiratet. Aus Vorpommern, aus Vorpommern, aus einem kleinen Dorf aus Vorpommern."

Heidrun Hamann ist seit etwa 20 Jahren die Leiterin der Schweriner Stadtbibliothek.

Hamann: "Ja, ich werde in diesem Jahr 59, also das ist ganz eindeutig, die Zeit läuft."

Unweit des Pfaffenteichs. Der Altersdurchschnitt Schwerins ist 47.

Hamann: "Das hab´ ich kürzlich irgendwo gelesen, wir in der Bibliothek toppen das Ganze noch, wir haben einen Altersdurchschnitt von 51."

In ihrem Büro liegen große Plakate, Plakate, die außerdem in den Fenstern der Bibliothek zur Wissmarschen Straße hin sowie in der Stadt hängen: Bibliothek braucht Politik. Heidrun Hamann:

"Das ist für uns im Moment, für die Stadtbibliothek Schwerin, ein wichtiges Thema, wir sind in Schwerin in der besonderen Situation, dass wir eine Standortentscheidung brauchen für die Hauptbibliothek und wollen damit einfach aufmerksam machen, dass es neben Theater auch andere Kultureinrichtungen gibt bzw. auch die andere Kultur, die Politik braucht."

Die Standortfrage: Sind Sie schon mal umgezogen?, haben Sie Bücher? Sind Sie schon mal mit Büchern umgezogen? Bücher sind schwer.

Schweriner Schloss
Schweriner Schloss© DRadio
Einsturzgefahr

Im Mai 2012 kamen die Stadtbibliotheksbenutzer Schwerin in ihre Stadtbibliothek und fanden einen großen Teil dieser, beherbergt nicht im Hauptgebäude, sondern in einer ehemaligen Klavierfabrik, auch die wiegen, wissen Sie ja, wenn Sie Klavier spielen, die Stadtbibliotheksbenutzer Schwerin kamen also in ihre Stadtbibliothek und fanden das, was in der ehemaligen Klavierfabrik an Büchern untergebracht war: leer.

Die ehemalige Klavierfabrik drohe unter der Last der Bücher, so die Statiker der Baubehörde in einem Telefonat, zusammenzubrechen. Nach dem Telefonat ging alles sehr schnell, Umzugspläne scheiterten an fehlenden Finanzen und Nachnutzungskonzepten.
Soviel zur Standortfrage.

Hamann: "Wir sind dabei, in den politischen Gremien die Lösung zu finden, ist aber im Moment noch nichts spruchreif und wir sind hier noch mit den Ausschüssen, mit den Stadtvertretern im Gespräch."

Die Bücher, die in der Klavierfabrik auszuleihen waren, sind inzwischen in einer städtischen beruflichen Schule untergekommen. Die Titelwünsche werden per Kurier realisiert. Per Kurier ins Hauptgebäude. Heidrun Hamann:

"Das, was man unter Bibliothek versteht, dass man sich aufhält zwischen den Regalen, dass man inspiriert wird durch das, was angeboten wird außerhalb des eigenen Wunsches, das ist also ganz einfach nicht möglich, die Bibliothek lebt davon, dass man rein gehen kann, das ist ja auch die Errungenschaft der Neuzeit, diese sogenannte Freihandaufstellung, Magazinbibliotheken sind ein alter Zopf, die gibt´s nun nirgends mehr, wir haben´s jetzt wieder und insofern brauchen wir ´ne ganz schnelle Lösung."

Das ist das eine. Darüber hinaus: Vielleicht ist die Neuzeit ja vorbei und wir befinden uns in der Moderne. Das andere: Gab es in Schwerin etwa keinen Stellenabbau?

Hamann: "Doch, den Stellenabbau gab es auch in den letzten Jahren, er ging sukzessive, er war sozial verträglich, indem Mitarbeiterinnen ausgeschieden sind oder andere Tätigkeiten gesucht haben, sodass von 1992 an, da waren wir ungefähr 60 Personen, wir sind jetzt noch 19 Personen."

Neunzehn.

Hamann: "Ja."

Seit 20 Jahren sind durch die Stadtbibliothek Schwerin keine Einstellungen mehr vorgenommen worden. Und wie viele Filialen haben sie noch?

Hamann: "Ja, Filiale ist total in Ordnung, wir sagen auch Stadtteilbibliotheken, Zweitbibliothek, Zweigstelle, es sind alle Begriffe möglich, wir haben noch zwei, in zwei ähm, ja, Neubaugebieten."

Plattenbau ...

Hamann: "Ja."

Was im Westen halt sozialer Wohnungsbau hieß.

Hamann: "Ja, unterscheidet sich aus der Tradition der Entstehung her, aber die Entwicklung ist auch in ähnlicher Form abzusehen, ja."

Wie viele Stadtteilbibliotheken hatte Heidrun Hamann einst?

Hamann: "Ahm, oh, es waren ´ne ganze Menge mehr, also das Netz war sehr eng, vor allem auch mit zwei Bibliotheken der Kinderbibliothek in den Schulen, das ist jetzt so nicht mehr, also es waren insgesamt 15 Zweitbibliotheken, rund gerechnet. Und ´ne Fahrbibliothek gab´s auch noch mal."

Ihr Etat?

Hamann: "Ja, der Etat wird durch die Stadt zur Verfügung gestellt in einer Größenordnung von etwas über 100.000 Euro, das sind also etwas über ein Euro pro Einwohner, und wir haben die Möglichkeit, wenn entsprechende Kriterien erfüllt werden, also neuerdings, auch zusätzlich noch Landesmittel einzuwerben."

Dank anderer Sparangebote der Stadtbibliothek an die Stadt bzw. dank des Nachweises, was mit diesem Etat erreicht wurde, blieb er in den letzten Jahren konstant.

Dienstreisen und Fortbildung? Gestrichen! Auch Schwerin ist verschuldet

Dienstreisen? No way. Fortbildung? In der Fachstelle Rostock. Von 170 Bibliotheken in Mecklenburg-Vorpommern wurden in den vergangen zehn Jahren 80 geschlossen. Und es waren mal weit mehr als 200. Auch die Stadt Schwerin ist natürlich überschuldet:

"Ja, wir sind im Moment im Gespräch was die Haushaltsdiskussion für 2013 angeht, es ist ein Haushaltsdefizit für diese laufende Jahr von 23 Millionen zustande gekommen und wir sind jetzt dabei, in der Verwaltung Sparlisten vorzulegen und die gehen jetzt in die Politik, denn der Auftrag ist einfach da, etwa zehn Millionen zu sparen bzw. das Defizit zu minimieren, ansonsten würde das Innenministerium dem Haushalt nicht zustimmen."

Einsparungen in der Kultur in dieser Lage sind in der Bundesrepublik quasi reflexartig.

Hamann: "Ja, ja. Also für mich auch sehr unverständlich, dass diese Stadt sich definiert durch Kultur, durch Tourismus, durch Landschaft und sie ist lebenswert dadurch, was in Schwerin angeboten wird. Es gibt so gut wie keine Industrie, sicherlich ist da der Umkehrschluss, dass dadurch auch die Steuereinnahmen so recht gering sind, aber die starke Kultur kann natürlich auch dazu führen, dass die Besucher kommen und Schwerin auch nutzen, und insofern finde ich es persönlich schon für kurzsichtig, wenn im Kulturbereich gespart wird, denn jeder Euro, der in die Kultur gesteckt wird, kommt fünf Mal zurück."

Das Schweriner Theater? Ein Drei-Sparten-Haus mit festem Ensemble. Es stand kurz vor der Insolvenz. Die Personalausstattung im Städtevergleich? Unteres Limit. Warum hat Schwerin nur 95.000 Einwohner und damit den Großstadtnimbus verloren? Weil die Familien vor 15, 20 Jahren in´s Umland gezogen sind. Inklusive der Landtagsbeamten. Das soll sich durch eine Verbesserung der innerstädtischen Infrastruktur sowie durch die Freigabe von innerstädtischen Baugebieten ändern. Mehr Menschen hieße mehr Leser. Was ist eine Bibliothek?

Hamann: "Die Bibliothek heute ist nun mit Sicherheit nicht mehr zu vergleichen mit dem, was sie in der Tradition war. Die Bibliothek ist heute natürlich Lernort, Aufenthaltsort, zunehmend, ich denke, das ist ein ganz ganz wichtiger Gesichtspunkt, das ist also der Trend insgesamt im Medienverhalten und hier sind Bibliotheken für uns, sehr eindeutig für die Perspektive, zunehmend Kommunikationsorte.

Wir denken, dass ganz einfach die sozialen Netze, nicht jetzt in Richtung Facebook oder Twitter wichtig sind, sondern dass man einfach also auch den persönlichen Kontakt zunehmend mehr braucht, dass man ganz einfach auch nicht kommerzielle Orte braucht, das heißt die Räumlichkeiten werden sich wandeln, dass ganz anders darauf reagiert wird, dass man Sitzmöglichkeiten hat, dass man Wohlfühlgedanken rein bringen muss, dass man also Bibliothek nicht nur definiert über Buchregale, so wie man das eben halt bei Spitzweg noch in Erinnerung hat.

Sondern ganz einfach, man kommt rein und muss erst auf den zweiten Blick erkennen, dass man in einer Bibliothek ist und da sind wir in dem Prozess, dass Bibliotheken sich wirklich wandeln, was nicht heißt, dass in bestimmten Regionen, in bestimmten Größenordnungen von Städten oder auch in den Zweitbibliotheken die traditionelle Bibliothek ganz einfach da sein muss, das Buch ist ja nach wie vor das Medium, was die Bibliothek ausmacht, aber im Großen und Ganzen brauchen wir ganz einfach ´ne ganz andere Raumgestaltung."

Apropos Raum beziehungsweise Raumsuche, die durch die einsturzgefährdete ehemalige Klavierfabrik nötig wird. Da böte ein neues Haus tatsächlich eine Chance.

Hamann: "Ja, auf alle Fälle, das erwarten wir natürlich auch und das wird auch in unserem Konzept sein und wir bauen natürlich auch darauf, dass entsprechend die Fläche dann nachher zur Verfügung steht."

Schwerins SPD und Grüne halten eine Angliederung der Stadtbibliothek an die ungleich größere Landesbibliothek für sinnvoll. Die hat zwar ein anderes Aufgabenspektrum und liegt zudem in einer Gegend ohne Publikumsverkehr. Die Linkspartei will einen Neubau. Die nach wie vor neoliberale FDP meint, die Bibliothek solle sich auf Virtuelles fokussieren - Raum mäßig exorbitant erschwinglich. Was Neoliberalen halt so durch den Kopf geht. Bibliotheken - Fragen der Buchhaltung.

Hamann: "Mit Sicherheit ja."
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