"Was man sät" von Marieke Lucas Rijneveld
Suhrkamp Verlag, Berlin 2019
317 Seiten, 22 Euro.
Katja Bohnet empfiehlt "Was man sät" von Marieke Lucas Rijneveld
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Tochter Lola ist so alt wie das Mädchen in dem Roman und liest in der Schule zu wenig Bücher von Frauen. Darum bekommt sie das Buch, das einfach und schonungslos vom Leben auf dem Bauernhof erzählt, aber auch vom Sterben.
Die Niederlande, es ist Winter. Ein Junge stirbt, bricht ein im Eis. Seine von Gott gestrafte, tief religiöse Familie bleibt zurück. Voller Trauer und Verwirrung. Am Anfang des Romans sind nur Gerüche: von Eutersalbe, Suppe, Wurst, Küche, Kühen, Stall. In diesem Spannungsfeld zwischen Begehren und Ekel, Bibel und Brutalität, Sexualität und Schuld, wächst Jas auf. "Jacke", die zehnjährige Ich-Erzählerin. Nach dem Tod ihres Bruders will sie das warme, rote Kleidungsstück nicht mehr ausziehen. Ist sie am Tod ihres Bruders schuld?
"Was man sät" ist ein unprätentiöses Buch. So einfach und schonungslos wie das Leben auf dem Bauernhof. Leben und Sterben geben sich ständig die Hand.Kot und Tod, Pimmel und Himmel, wie in dem Christbaumschmuck, den goldenen Engelchen, die "Jacke" so liebt.
Kampf mit dem Verschwinden
Ich mag es, wie genau die Autorin Marieke Lucas Rijneveld die Geschwister beobachtet. Jeder kämpft mit dem Verschwinden auf seine Art. Der Bruder quält Tiere, die Mädchen igeln sich ein, sie spielen Tode nach. Ich vergnüge mich an den Sprachbildern, dem kindlichen Humor.
Ich werde das Buch meiner Tochter Lola schenken. Sie ist nur wenig älter als die Hauptfigur. Ich schenke ihr gern Bücher, die von Mädchen oder Frauen erzählen. Bücher von interessanten Autorinnen. In der Schule werden ihr fast ausschließlich Werke von männlichen Autoren vorgesetzt. Ich bin gespannt, ob der Roman für sie als Teenager auch funktioniert.