Ben Lerner: Die Topeka Schule
Roman. Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Suhrkamp, Berlin 2020
395 Seiten 34 Euro
Nico Bleutge empfiehlt "Die Topeka Schule" von Ben Lerner
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Protagonist Adam Gordon ist "Wettkampf-Debattierer". Er weiß, wie man mit guter Rhetorik das Fehlen von Argumenten verschleiert. Autor Nico Bleutge schenkt das Buch seiner Freundin Anna, die ihm vor vielen Jahren empfohlen hat, Rhetorik zu studieren.
Ben Lerner erzählt uns von einem Teenager namens Adam Gordon. Wir sind in den USA der 90er-Jahre, in Topeka, der Hauptstadt von Kansas. Adam kommt aus einer typischen amerikanischen "Middle Class"-Familie, die Eltern sind beide Psychiater, haben früher an der Ostküste gewohnt. Er trägt Pferdeschwanz und hat die Haare seitlich rasiert, hört Eminem und hat ein Faible für Körperkultur.
Aber er stemmt nicht nur Gewichte im Fitness-Club, er schreibt auch Gedichte. Und vor allem nimmt er an Redewettkämpfen teil, die an amerikanischen Highschools gleichsam zur pädagogischen Grundausstattung gehören. Er ist ein "Wettkampf-Debattierer", auch noch ein verdammt guter. Dabei lernt er nicht zuletzt, wie Reden dazu dienen kann, das Fehlen von Argumenten zu verschleiern. Oder wie man, umgekehrt, so viele Argumente innerhalb kürzester Zeit herunterspult, dass sie das Gegenüber gar nicht mehr widerlegen kann.
Rhetorik als Modell für politische Situation in den USA
Das Spannende ist, dass Ben Lerner Adams Geschichte gerade nicht als Adams Geschichte erzählt, sondern unterschiedliche Stimmen und Erzählweisen zusammenbringt. Manchmal ist es, als würde man mit Tony Soprano auf der Therapeutencouch sitzen, manchmal, als befinde man sich mitten im Bildgewitter eines guten Gedichts.
Vor allem aber schafft es Lerner, die ausgehöhlte Rhetorik als Modell für die politische Situation in den USA zu zeigen. Er entlarvt, wie es einmal heißt, "den Strom von Unsinn, der direkt unter den vermeintlich guten, vernünftigen Regeln der Sprache verläuft".
Ich schenke das Buch meiner guten Freundin Anna. Sie hat mich vor vielen, vielen Jahren dazu gebracht, Rhetorik zu studieren. Und sie hat mir schon 2016 erklärt, warum die Regierung Trump nicht einfach ein Unfall war.