Zsuzsa Bánk verschenkt: "Das Meer am 31. August" von Jürgen Hosemann
Berenberg Verlag, Berlin 2020
112 Seiten, 18 Euro
Zsuzsa Bánk empfiehlt "Das Meer am 31. August" von Jürgen Hosemann
02:10 Minuten
Die Schriftstellerin Zsuzsa Bank schenkt den Roman über einen Tag am Mittelmeer einer Freundin. Diese habe keine Zeit, sich für 24 Stunden an den Strand zu setzen und einfach nur zu schauen.
24 Stunden verbringt der Erzähler am Strand, im italienischen Grado, nicht weit von Venedig, Triest kann er in der Ferne sehen. Er steht, sitzt, geht auf und ab in der Nähe eines Wellenbrechers, unweit der Strandpromenade. Durch den heißen Sommertag und die laue Sommernacht des 31. Augusts begleiten wir ihn durch die Gesichter und Stimmungen des Tages, wir erleben, wie sie sich wandeln, verändern, wie sie vergehen, wir schauen auch auf dieses Meer, sehen auch diese Farben, die verrückte Ödnis und Buntheit dieses Adria-Badeortes, wir haben Hunger und Durst wie er, und wir fragen uns irgendwann, hat er eigentlich einen Hut auf? Muss er nicht in den Schatten? Will er wirklich die ganze Nacht, den ganzen Mittag dort bleiben?
Sinn fürs Schräge und Abseitige
Uns fällt die Poetik des Aristoteles ein, also die Einheit von Zeit, Ort und Handlung, ein strenger Rahmen, den Hosemann geschickt und spielerisch ausfüllt. Vor allem berichtet hier ein kluger Kopf in einer eleganten Sprache, mit Sinn fürs Schräge und Abseitige, das anderen an diesem Ort, zu dieser Stunde womöglich nicht auffällt. Hauptakteur ist aber nie er selbst, Hauptakteur bleibt immer das Meer, das sich mit den Gedanken des Erzählers mischt, dessen Blick aufs blasse Türkis der Adria unablässig neuen Stoff liefert und mit der Hitze und dem Licht dieses Sommertags ins Traumwandlerische schwebt.
Ich schenke "Das Meer am 31. August" meiner Freundin Andrea, die zwar viel Zeit auf einer Insel im Mittelmeer verbringt, aber keine Zeit hat, sich für 24 Stunden an den Strand zu setzen und einfach nur zu schauen.