Bühnenrekord für Agatha Christies "Mousetrap"

Von Jochen Spengler |
Bei der Premiere 1952 in London äußerte Agatha Christie die bescheidene Hoffnung, "Die Mausefalle" würde ein paar Monate laufen. Noch 60 Jahre später zieht es das Publikum in den Boulevardkrimi im Saint-Martins-Theatre. "The mousetrap" ist das in ununterbrochener Folge am längsten gespielte Theaterstück der Welt.
Wegen Mordes sucht die Polizei einen Mann mit dunklem Mantel, hellem Schal und Filzhut. Er hat sich unerkannt in eine Pension geflüchtet, die von der Außenwelt wegen heftigen Schneefalls abgeschnitten ist. Acht Personen in einem Raum.

"There are seven of you here tonight – one of you is the murderer – …"

Ein Boulevardkrimi im Nachkriegsengland – ein typisches Wer-Wars-Stück von Agatha Christie – aber eben nicht irgendeines, sondern "The Mousetrap" – "Die Mausefalle". Das am längsten kontinuierlich gepielte Theaterstück der Welt.

"Murder? Oh I like murder!"

Neun Monate nach Queen Elizabeths Thronbesteigung im Jahr 1952 wurde "Die Mausefalle" erstmals im Londoner Westend gespielt und feiert nun ebenfalls Diamantenes Jubiläum – 60 Jahre mit mehr als 25.000 Aufführungen. Erst seit drei Jahren ist Denise Silvey Produktionsleiterin - wie erklärt sie sich den Erfolg dieses Stückes?

"Nun, es erhält und erneuert sich ständig selbst. Da ist erstmal die gute Story, mit einem bisschen Comedy. Agatha Christie ist einfach riesig. Und dann ist es inzwischen auch ein Stück Geschichte, das man hier aufsucht, wie Madame Tussaud oder den Tower of London."

Die ersten Jahre wurde "Die Mausefalle" im New Ambassadors Theater nahe Picadilly Circus aufgeführt, vor vier Jahrzehnten zog man dann ins größere St. Martins gleich nebenan. Pianomusik, dicke Teppiche, rote Plüschbestuhlung, Mahagoni-Holz – eine der attraktivsten Bühnen in London. Tragisch, schimpfte ein Theaterkritiker letztes Jahr, dass sie so lang mit solch langweiligem Quatsch bespielt werde. Ein anderer schrieb, dass das Talent der Schauspieler die Qualität des Stückes bei Weitem übertreffe.

"Anyone is so trusting how do we know we can trust anyone?"

Nur wenige der inzwischen mehr als 400 Darsteller sind berühmt geworden: Richard Attenborough natürlich, der bei der Uraufführung spielte. Alle zehn Monate wechsele das achtköpfige Ensemble, erzählt Denise Silvey:

"Damit es frisch bleibt, tauschen wir nach 47 Wochen aus. Schauspieler können sehr schal werden und sollten dann was anderes machen. Man kann hier einen Lagerkoller kriegen – deswegen braucht man immer einen neuen Ansatz und deswegen wechselt auch der Regisseur ab und zu."
Selbst das Stück selbst wurde gelegentlich retuschiert – doch die modernistischen Experimente der 70er sind vorbei: Man sei jetzt wieder zur Originaldramaturgie von 1952 zurückgekehrt. Als Historiendrama aus den 50ern mit passenden Kostümen und Möbeln funktioniere es einfach besser.

Kein Wunder in einer Zeit, in der die Briten mit verklärtem Downton-Abbey-Blick auf die eigene Vergangenheit schauen und auf Distanz zu Europa gehen.

Tatsächlich kommt "Die Mausefalle" wunderbar britisch daher; nicht wirklich spannend oder atemraubend, aber amüsant, charmant und liebenswert altmodisch - wie ein Miss Marple-Film in Schwarz-Weiß.

"Really enjoying!", "It's great to be here!", "It's very good acting!", "Very quintessentially british!" Mögen die Kritiker noch so sehr die Nase rümpfen. Die weltweiten Fans sorgen dafür, dass die 550 Theaterplätze meist belegt sind. Und das Publikum liebt es, nach dem Mord am Ende des ersten Akts in der Pause den Mörder zu erraten:

"We think that the lady in the black skirt – I thought it was the husband but I don't know – possibly the policeman – probably ..."

Niemand ist das, was er zu sein scheint, und die Lösung überrascht wie immer bei Agatha Christie. Am Ende beschwören die Schauspieler das Publikum die Lösung niemandem zu verraten, sondern das Geheimnis zu wahren.

"Well someone here is the murderer - do you think you know who it is?"

Links bei dradio.de:

Agatha-Christie-Gedächtnis-Landschaft
Mit der Krimiautorin rund um Torquay, Devon


Literarische Plätze: Agatha Christie: Mord im Orientexpress
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