BUENOS AIRES SOUNDS (4)

Die Salonlöwin Victoria Ocampo

Der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges
Der argentinische Dichter und Schriftsteller Jorge Luis Borges war oft in Victorias Salon zu Gast. © picture alliance / dpa / Foto: UPI
Dirk Fuhrig |
Für den heutigen Originalton aus Buenos Aires ist unser Kollege Dirk Fuhrig den Rio de la Plata hinaufgefahren. Er besuchte den Landsitz "Villa Ocampo", jahrzehntelang Treffpunkt von Intellektuellen, geprägt von der kosmopolitischen Eigentümerin Victoria Ocampo.
In den nördlichen Vorstädten von Buenos Aires sind die Kieswege sorgfältig gepflegt … In und um San Isidro wohnten schon immer die Reichen und Schönen der argentinischen Hauptstadt …
Bei Victoria Ocampo vertraten sich die Geistesgrößen nicht nur Argentiniens die Füße auf den Wegen, die um den Springbrunnen in der Mitte des Gartens herumführen.
Heute führt Guadaloupe Robledo durch die verschlungenen Salons des Schlösschens.
Immer am Sonntagnachmittag saßen sie in Victorias Salon: Ernesto Sabato, Jorge Luis Borges; aus den USA kamen Graham Greene oder Charlie Chaplin vorbei. Aldous Huxley und Virginia Woolf waren da, Walter Gropius und Le Corbusier. Besonders zu den französischen Intellektuellen hatte die Kosmopolitin – sie war zum Studium an der Sorbonne und lebte in Paris –, ein enges Verhältnis.
Es wurde nicht nur diskutiert und getafelt. Sondern auch musiziert.
Auf dem schwarzen Steinway im Gartenzimmer haben Igor Strawinsky und Arthur Rubinstein gespielt. Maurice Ravel kam auch mal in die Künstlervilla am Rio de la Plata.
Grande Dame des argentinischen Literaturlebens
Auch die Zeitschrift SUR entstand in diesen fürstlichen Räumen. Ein verlegerischer Mythos, diese Zeitung, die sich als kulturelle Brücke zwischen Südamerika und Europa begriff. Victoria Ocampo war die Chefin, Borges zeitweise ihr Redakteur. Alle für Argentiniens Geistesleben relevanten Texte seit den 30er-Jahren erschienen in diesen Heften.
Victoria Ocampo veröffentlichte übrigens auch "Lolita" von Nabokov in einem der SUR-Hefte. In spanischer Übersetzung. Das Werk war ja in den USA sofort verboten worden. Und auch in der spanischsprachigen Welt ein Skandal.
Provokation scheute die Grande Dame des argentinischen Literaturlebens nie. Die Frau mit ihrer weißgerandeten Sonnenbrille als Markenzeichen kämpfte für die Gleichberechtigung und legt sich nicht nur deshalb mit vielen Politikern an. Gerade mit den Perons. Sie war so eine Art Anti-Evita …
Schon vor Victoria Ocampos Tod 1979 wurde das kulturelle Epizentrum Argentiniens von der UNESCO übernommen – um es vor dem Verfall und der Buenos-Aires-typischen Immobilienspekulation zu bewahren.
Heute treffen sich hier wieder manchmal Literaten zu Seminaren und Workshops. Oder man kommt vorbei, um den Mythos zu besichtigen – und den Blick von der Terrasse zu genießen.
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