Bürde statt Würde
Nach antisemitischen Pöbeleien und antikommunistischen Anwürfen verzichtet der polnisch-britische Philosoph Zygmunt Bauman auf die Ehrendoktorwürde der Universität Breslau. Doch der Streit um die Ehrung geht weiter. Die Debatte berührt das polnische Selbstverständnis nach dem Ende des Kommunismus.
"Wir sind Polen! Auf Wiedersehen, Kommunist! Wen hat der Bürgermeister eingeladen?", rufen die Störer. "Ich werde diesen nationalistische Pöbel nicht in meiner Stadt tolerieren", reagiert der gastgebende Bürgermeister Dutkiewicz.
Anfang dieser Woche hatte die Hochschule die Absage Baumans per Brief erhalten, am Dienstag tagte ein Krisenrat, der beschloss: Der Philosoph bekommt die Ehrung, Proteste hin oder her, die Hochschule lässt sich nicht unter Druck setzen von derart brutal auftretenden Nationalisten. Anhänger der berüchtigten polnischen nationalistischen Bewegung NOP, die in Breslau besonders stark organisiert ist, sowie sogenannte Fußballfans von "Slaska Wroclaw" hatten Baumans Auftritt torpediert, als der im Juni zu einer Würdigung ansetzte anlässlich des 150. Jahrestages des Aufstands der Sozialdemokraten, geführt von Ferdinand Lasalle.
Der hochbetagte Soziologe reagierte damals sichtlich erschrocken auf die Proteste. Polen diskutiert seitdem, weshalb er zur Zielscheibe geworden ist. Weil er jüdische Wurzeln hat und bei den antisemitischen Säuberungsaktionen 1968 Polen verlassen hat? Oder, weil er zuvor überzeugter Kommunist war und der polnischen Staatssicherheit angehörte? Łukasz Warzecha, der auch für die polnische konservative Tageszeitung "Rzeczpospolita" schreibt, wirft Baumann vor, sich mit seiner eigenen Biografie nicht auseinandergesetzt zu haben.
"Zygmunt Bauman, genießt Ansehen bei der Linken, trotz seines peinlichen Lebenslaufs. Er hat damit nie abgerechnet, geschweige denn, sich dafür entschuldigt, dass er Teil des Herzstücks des stalinistischen Repressionsapparates war. Für mich ist das dasselbe, als wenn man einen ehemaligen SS-Mann einladen würde, der der offen redet darüber, dass er in der SS war, sich dafür aber nicht entschuldigt und er auch noch gefeiert wird."
Bauman sollte die Ehrendoktorwürde am 24. Oktober in einem Festakt verliehen werden, den hat die Hochschule nun abgesagt, da eine Feier, die derart negative Reaktionen auslösen könnte, ihren Sinn verliere. Hieß es in der Erklärung des Hochschulrates. Doch der Ehrendoktortitel wird Zygmunt Bauman zuerkannt. Auch nach der Entscheidung der Breslauer Hochschule ist der Streit nicht beigelegt, denn er berührt das polnische Selbstverständnis nach dem Ende des Kommunismus.
Wie geht man um mit der Vergangenheit, mit Irrtümern? Hat Baumann, der dem Kommunismus abschwor, sich jedoch nach wie vor als überzeugter Sozialdemokrat bezeichnet, Schuld auf sich geladen. Seine Gegner sind davon überzeugt. An Baumans Lebenslauf wird die Tragik des 20. Jahrhunderts sichtbar. Er floh mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in die Sowjetunion, kämpfte gegen die Wehrmacht, danach gegen den antikommunistischen Aufstand, der in Polen noch lange aktiv war und heute Teil des Erbes ist, auf das die Polen mit Stolz schauen.
An der Universität Warschau lehrte er in den 50er-Jahren Soziologie, bis 1968, als die kommunistische Regierung Juden von den Hochschulen und aus hohen Ämtern vertrieb. Da trat er aus der Kommunistischen Partei aus und emigrierte nach Israel. Heute lebt er in Großbritannien, wo er nach wie vor publiziert. Gewürdigt werden vor allem seine Arbeiten über Totalitarismus und Holocaust.
Anfang dieser Woche hatte die Hochschule die Absage Baumans per Brief erhalten, am Dienstag tagte ein Krisenrat, der beschloss: Der Philosoph bekommt die Ehrung, Proteste hin oder her, die Hochschule lässt sich nicht unter Druck setzen von derart brutal auftretenden Nationalisten. Anhänger der berüchtigten polnischen nationalistischen Bewegung NOP, die in Breslau besonders stark organisiert ist, sowie sogenannte Fußballfans von "Slaska Wroclaw" hatten Baumans Auftritt torpediert, als der im Juni zu einer Würdigung ansetzte anlässlich des 150. Jahrestages des Aufstands der Sozialdemokraten, geführt von Ferdinand Lasalle.
Der hochbetagte Soziologe reagierte damals sichtlich erschrocken auf die Proteste. Polen diskutiert seitdem, weshalb er zur Zielscheibe geworden ist. Weil er jüdische Wurzeln hat und bei den antisemitischen Säuberungsaktionen 1968 Polen verlassen hat? Oder, weil er zuvor überzeugter Kommunist war und der polnischen Staatssicherheit angehörte? Łukasz Warzecha, der auch für die polnische konservative Tageszeitung "Rzeczpospolita" schreibt, wirft Baumann vor, sich mit seiner eigenen Biografie nicht auseinandergesetzt zu haben.
"Zygmunt Bauman, genießt Ansehen bei der Linken, trotz seines peinlichen Lebenslaufs. Er hat damit nie abgerechnet, geschweige denn, sich dafür entschuldigt, dass er Teil des Herzstücks des stalinistischen Repressionsapparates war. Für mich ist das dasselbe, als wenn man einen ehemaligen SS-Mann einladen würde, der der offen redet darüber, dass er in der SS war, sich dafür aber nicht entschuldigt und er auch noch gefeiert wird."
Bauman sollte die Ehrendoktorwürde am 24. Oktober in einem Festakt verliehen werden, den hat die Hochschule nun abgesagt, da eine Feier, die derart negative Reaktionen auslösen könnte, ihren Sinn verliere. Hieß es in der Erklärung des Hochschulrates. Doch der Ehrendoktortitel wird Zygmunt Bauman zuerkannt. Auch nach der Entscheidung der Breslauer Hochschule ist der Streit nicht beigelegt, denn er berührt das polnische Selbstverständnis nach dem Ende des Kommunismus.
Wie geht man um mit der Vergangenheit, mit Irrtümern? Hat Baumann, der dem Kommunismus abschwor, sich jedoch nach wie vor als überzeugter Sozialdemokrat bezeichnet, Schuld auf sich geladen. Seine Gegner sind davon überzeugt. An Baumans Lebenslauf wird die Tragik des 20. Jahrhunderts sichtbar. Er floh mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in die Sowjetunion, kämpfte gegen die Wehrmacht, danach gegen den antikommunistischen Aufstand, der in Polen noch lange aktiv war und heute Teil des Erbes ist, auf das die Polen mit Stolz schauen.
An der Universität Warschau lehrte er in den 50er-Jahren Soziologie, bis 1968, als die kommunistische Regierung Juden von den Hochschulen und aus hohen Ämtern vertrieb. Da trat er aus der Kommunistischen Partei aus und emigrierte nach Israel. Heute lebt er in Großbritannien, wo er nach wie vor publiziert. Gewürdigt werden vor allem seine Arbeiten über Totalitarismus und Holocaust.