Fußballzentrum statt Pferderennbahn?
Sport-Goliath DFB gegen den Sport-David Galopprennsport - eine ungleiche Paarung, die ins Rennen um die Stimmen der Frankfurter Bürger geht. Eine Überraschung für die Politik, die mit so viel Widerstand gegen die Rennbahn-Schließung nicht gerechnet hatte.
"Großer. Hier haste Gras."
Rebekka Unrath füttert das Pferd mit dem Namen "Proud Citizen” – einen vierbeinigen Star im internationalen Galopprennsport.
"Dreijährig ist er auch in Mailand im Listenrennen gelaufen. Er ist einfach auch ein Top-Athlet von Frankfurt. Ein vierbeiniger Top-Athlet. Aber ein Top-Athlet von Frankfurt."
Doch die Erfolge dieses Top-Athleten im internationalen Galoppsport interessieren den Deutschen Fußballbund nicht. Wenn es nach dem DFB geht, muss "Proud Citizen" bald seinen Stall räumen und sich ein anderes Zuhause suchen. Der Fußballverband will auf der Frankfurter Galopp-Rennbahn ein neues, großes Leistungszentrum bauen. Die Stadt Frankfurt am Main, der die Pferdesportanlage gehört, unterstützt die Pläne des mächtigsten Deutschen Sportverbandes. Doch man hat wohl nicht mit Rebekka Unrath gerechnet. Die Frankfurter Lehrerin war selbst einmal eine Top-Rennreiterin, die sogar an einer Weltmeisterschafts-Rennserie teilnahm:
"Ich habe die Weltmeisterschaft mit einem hervorragenden dritten Rang abschließen können. Bin aber während dieser Serie beim 14. Lauf schwer gestürzt. Hatte daraufhin mehrmonatige Krankenhausaufenthalte und habe aber meine Führung, die sich zu diesem Zeitpunkt hatte, verteidigen können. Quasi aus dem Krankenbett raus. Und konnte dann die Weltmeisterschaft quasi mit einem dritten Rang abschließen."
Die Rennbahn ist so etwas wie die zweite Heimat der ehemaligen Spitzenathletin. Deshalb ist die jetzige Lehrerin jetzt Frontfrau des Widerstands gegen die DFB-Pläne und Mitbegründerin der Bürgerinitiative "Pro Rennbahn":
"Weil es nicht sein kann, dass so mir nichts dir nichts die Leute hier überrannt werden von diesem Plan, das hier das DFB-Leistungszentrum entstehen soll. Das ist wirklich eine Bombe. Ich habe gedacht, es wäre ein schlechter Scherz. Der Rennclub hat es aus der Presse erfahren. Die Trainer haben es aus der Presse erfahren. Da fand bisher kein einziges persönliches Gespräch seitens der Stadt statt."
Erster Bügerentscheid in der Stadtgeschichte
Die Quittung für dieses Verhalten bekamen die Stadt Frankfurt am Main und der DFB ziemlich schnell. Es wurden zügig genug Unterschriften gesammelt, um ein Plebiszit zu erzwingen. Im Juni wird es deshalb zum ersten Mal in der Stadtgeschichte einen Bürgerentscheid geben. Rebekka Unrath und ihre Mitstreiter von der BI "Pro Rennbahn" haben inzwischen die Unterstützung der gesamten deutschen Gestütszene gewonnen.
"Nicht nur mit der Gestütszene, der gesamte Galopp-Rennsport in Deutschland unterstützt die Bürgerinitiative um den Frankfurter Rennclub in großem und hohem Maße ."
Die Frankfurter Galopprennbahn hat eine lange Tradition. Das sieht man sofort, wenn man das Gelände betritt. Eingangstore und Kassenhäuschen teilweise aus dem 19. Jahrhundert. Anzeigetafeln, die ebenfalls längst Patina angesetzt haben. Und ein Blick über die Rennbahn auf die Skyline des Bankenviertels. Ein bisschen abseits das sogenannte Sarotti-Häuschen, auch fast ein Jahrhundert alt. Es sieht ein wenig aus wie ein Teerhäuschen in einem britischen Landschaftsgarten. Rebekka Unrath:
"Das war früher das Lazarett für die Rennreiter und Rennreiterinnen. Da wurden die ärztlich versorgt, wenn Not am Mann oder an der Frau war."
Frauen und Männer sind im Galopp-Rennsport seit langem gleichberechtigt. Auch das macht Rebekka Unrath deutlich. Der Konflikt mit dem DFB ist auch ein Konflikt engagierter Sportlerinnen mit einer immer noch stark von Männern dominierten Sportart. An Renntagen finden über 200 Frauen und Männer auf der Frankfurter Rennbahn Beschäftigung.
Wenn der DFB sich hier niederlässt, wird als die für die Frankfurter Bürger kaum mehr erreichbar sein, glaubt Rebekka Unrath. Die Stars der Fußballszene und ihrer Funktionäre schotten sich gerne ab.
"Es wird natürlich ein Sichtschutz errichtet werden. Im Sommer sind hier ganz viele Jugendliche, junge Pärchen, die sich einfach auf die Tribüne setzen und das Training beobachten der Rennpferde. Ich meine, ich kann keinen Philipp Lahm beim Training beobachten. Und wir haben hier internationale Rennpferde, die Deutschland und auch die Sportstadt Frankfurt international vertreten."
Der Sport-Goliath DFB gegen den Sport David Galopprennsport. Eine ungleiche Paarung, die nun im Juni in das Rennen um die Stimmen der Frankfurter Bürger geht. Die Politik hatte nicht damit gerechnet, dass sich so viel Widerstand gegen die Schließung der Rennbahn entwickelt. Es war viel Arbeit, die mehr als 13.000 gültigen Unterschriften für den Bürgerentscheid zusammenzubekommen, sagt Rebekka Unrath. Aber:
"Die Hürde ist geschafft. Im Rennsport sagt man immer so schön: Drinnen ist drinnen und draußen ist kalt."