„Erdkabel sind kein Allheimittel“
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Strom von Nord nach Süd soll künftig vor allem durch die Erde fließen. Das erste Erdkabel dafür wurde 2014
im münsterländischen Raesfeld verlegt. Der parteilose Bürgermeister dort sagt allerdings, die Kabel würden auch neue Probleme schaffen.
Strom aus norddeutschen Windparks soll die süddeutsche Industrie versorgen – das ist ein entscheidender Teil der Energiewende. Um den Strom zu transportieren, sind meist Erdkabel das Mittel der Wahl. Unterirdische Stromleitungen sind beliebter als Freileitungen, unter anderem weil man sie nicht sieht.
In Raesfeld im Münsterland ist bereits 2014 ein solches Erdkabel verlegt worden. Bürgermeister Andreas Grotendorst sagt nach dem Modellprojekt in seiner Heimat heute allerdings: "Erdkabel sind kein Allheilmittel".
Die Ökobilanz des Erdkabels
Die Bauarbeiten hätten damals die "Dimensionen einer Autobahn-Baustelle" gehabt, berichtet der parteilose Grotendorst: ein Baustreifen von 40 Meter Breite, Erdbewegung von weit über 20.000 Kubikmetern - 160 Mitarbeiter und 30 Bagger allein für das gerade einmal 3,4 Kilometer lange Teilstück in Raesfeld, berichtet der Bürgermeister.
Eine solche Baustelle verursache natürlich Emissionen. Angesichts der Ökobilanz solle man sich darum fragen, ob es in Sachen Klimaschutz vertretbar sei, eine komplette Nord-Süd-Leitung von 800 Kilometern Erdkabel durch Deutschland zu verlegen.
Durch die Wetter- und die Raesfelder Bodenverhältnisse seien die unterirdischen Stromkabel sehr teuer - sechsmal höher als bei einer Freileitung. Diese Mehrausgaben müssen dann über den Strompreis mitfinanziert werden, so Grotendorst.
Auswirkungen auf die Landwirtschaft
Der Raesfelder Bürgermeister weist auch darauf hin, dass die Auswirkungen auf die lokale Landwirtschaft erheblich und langfristig noch gar nicht geklärt seien. Die Äcker, unter denen das Kabel verlegt wurde, lagen vier Jahre brach, erst in diesem Frühjahr hätten die Bauern sie wieder bestellen können.
Und noch ein Manko für die Landwirtschaft nennt Grotendorst: Die große Baustelle mache erhebliche Ausgleichsmaßnahmen für den Arten- und den Naturschutz nötig – das verbrauche zusätzliche Flächen für die Landwirtschaft.