Unterstützer der Flüchtlinge ausgebuht
Auf der Bürgerversammlung zum Thema Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Freital herrschte aufgeheizte Stimmung. Die Unterstützer der Flüchtlinge konnten sich kaum Gehör verschaffen, da sie von den Gegnern der Unterkunft permanent ausgebuht wurden. Konstruktive Diskussionen waren so nicht möglich.
Die Stimmung bei der Bürgerversammlung am Montag im sächsischen Freital war aufgeheizt. Die Stadt hatte in den vergangenen Wochen mit teils rassistischen Protesten vor einer Flüchtlingsunterkunft in einem ehemaligen Hotel Schlagzeilen gemacht. Bei der Versammlung am Montagabend wurden erneut pauschale Vorurteile und Hetze gegen Asylbewerber laut.
Am Montag kamen aus Sicherheits- und Platzgründen nicht alle Bürger, die wollten, in den Versammlungssaal, sodass es vor der Tür bereits zu ersten Tumulten kam. Drinnen wurden nach wenigen Minuten heftige Zwischenrufe von Seiten der Asylgegner laut. Innenminister Markus Ulbig, CDU, wurde unter anderem als "Lügner" beschimpft. Der Erste Bürgermeister von Freital, der parteilose Mirko Kretschmer-Schöppan, versuchte einerseits, sich gegen Rassismus abzugrenzen, auf der anderen Seite ging es ihm aber auch darum, die Spaltung in der Stadt zu überwinden.
Heftig in Ton und Lautstärke
Moderiert wurde die Veranstaltung von Justus Ulbricht von der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, die schon viele Gesprächsformate wie dieses organisiert hat. Ulbricht warb gleich zu Beginn dafür, andere Meinungen, selbst wenn sie einem nicht gefallen, erst einmal hinzunehmen und zu akzeptieren.
Das blieb allerdings problematisch, da sich einige nicht an die Gesprächsregeln hielten. Die Unterstützer der Flüchtlinge wurden so laut ausgebuht, dass ihre Fragen nicht mehr zu verstehen waren. Rund 85 Prozent der Wortmeldungen waren gegen die Flüchtlingsunterkunft – nicht nur in der Lautstärke, sondern auch im Ton heftig.
Eine Frau meldete sich zu Wort, die sich als Teil der schweigenden Mehrheit bezeichnete, die jetzt ihren "Hintern hochbekommen" müsse. Sie beklagte auch, dass sie Parteien, Kirchen, Gewerkschaften vermisse, um sie zu vertreten, aber auch um zu moderieren.
Starke Vorbehalte gegen Flüchtlinge
Ob die Ängste der Asylgegner nach diesem Abend wirklich genommen werden konnten, bleibt unklar. Sie beklagten unter anderem konkrete Probleme des Zusammenlebens wie Dreck oder Lärm beim Flüchtlingsheim. Es wurde aber auch deutlich, dass sie Kürzungen bei den Sozialleistungen für Deutsche befürchten, wie zum Beispiel, dass an der Schulsanierung gespart wird.
Deutlich zutage trat, dass sich diese Mehrheit nicht verantwortlich für die Flüchtlinge fühlt und Wirtschaftsflüchtlinge für illegitim hält. Es wurde von "Glücksrittern" gesprochen – was noch zu den moderateren Wortmeldungen zählte. Ansonsten ähnelte der Ton auf der Versammlung dem auf den vergangenen Demonstrationen vor der Unterkunft.
Innenminister Markus Ulbig erklärte die Hintergründe für die kurzfristige Schaffung der Erstaufnahme-Einrichtung in Freital. Er wies darauf hin, dass der jetzige Vertrag bis Januar 2016 läuft und möglicherweise noch verlängert wird.